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# taz.de -- Einblick (626): Postkoloniale Kunst in Berlin: Erinnerung neu beset…
> Squat Monument transformiert Archivmaterialien der deutschen
> Kolonialgeschichte.
Bild: Squat Monument, „Carl Peters on Marienhöhe“, 2015
„Mutti, Mutti, wenn wir beide nicht mehr sind, dann steht da immer noch der
Kilimanjaro, als ein ewiges Wahrzeichen für ein deutsches Afrika“, jammert
Carl Peters stellvertretend für die Kolonialnostalgie der Nazis im nach ihm
benannten UFA-Spielfilm 1941. Im Filmessay von [1][S][2][quat Monument]
erscheint die „Carlemann“-Figur in ihrer Narration des weißen
Einzelkämpfers als pathetischer Baustein eines kolonialen Diskurses, der
sich bis heute in Repräsentationsmuster einschreibt.
So auch in die Erinnerungsinstitution Museum – sei es in Form der
hartnäckigen Musealisierung des „Anderen“ wie im Ethnologischen Museum oder
ausgelassener Stadtgeschichten in den Bezirkseinrichtungen.
Mit einer künstlerischen Intervention im [3][Tempelhof Museum] sortieren
Nathalie Mba Bikoro & Anaïs Héraud-Louisadat die Archive um und besetzen
das Material neu. Eine Karte zeigt die Tempelhofer Marienhöhe, die einst
samt Kilimanjaro-Attrappe (im Schnitt dramatisch mit der Siegessäule
überblendet) für die Peters-Dreharbeiten diente.
Squat Monument antworten mit eigenen filmischen Strategien der
Fragmentierung, Kolonialbilder treffen auf ihre heutigen Pendants. Wenn
sich in einem rasant geschnittenen Pop-Video die Kamera als Drohne
entpuppt, ist klar: auch die Erinnerung der Gegenwart muss neu erzählt
werden.
taz: Welche Ausstellung in Berlin hat euch zuletzt an- oder auch aufgeregt?
Und warum?
Nathalie Mba Bikoro & Anaïs Héraud-Louisadat: Eine neue Ausstellung über
die Wünsdorfer Moschee in Zossen. In einem kleinen Haus ist hier eine
Kollektion von Dokumenten und Fotos über die Geschichte des kolonialen
„Halbmondlagers“ in Wünsdorf zu sehen, in dem ab 1915 eine große Zahl
afrikanischer, arabischer und indischer Kriegsgefangener interniert war.
Auch sehr inspirierend: „The incantation of the Disquieting Muse“ bei SAVVY
Contemporary. Es geht um Hexerei im weltweiten Spannungsfeld zwischen
Tradition und Moderne als Form von Technologie, Medizin und als
alternatives Kommunikationssystem für vertriebene Bevölkerungen.
Welches Konzert oder welchen Klub könnt ihr empfehlen?
Die Bar in der Kameruner Straße im Wedding, die ihren Namen von „Lüderitz“
zu „Fredericks“ geändert hat. Adolf Lüderitz war ein deutscher
Kolonialverbrecher, Cornelius Fredericks ein afrikanischer Freiheitskämpfer
im heutigen Namibia. Und den Balkon des „NorthEurope/WestGermany“, auf dem
die Musik der Band, die gerade gespielt hat, in den Köpfen der Gäste
nachhallt.
Welches Buch begleitet euch zurzeit durch den Alltag?
Die Entdeckung der Gedichte und der Lebensgeschichte des Poeten Roque
Dalton aus El Salvador. Sein Buch „Taberna y otros lugares“ hat uns bei
unserer Recherche inspiriert als eine Form, poetisches und politisches
Engagement zusammenzubringen.
Was ist euer nächstes Projekt?
Anfang September werden wir bei District eine Ausstellung eröffnen: Eine
recherchebasierte Installation, an der wir während der Zeit der Ausstellung
weiterarbeiten. Dazu werden wir Veranstaltungen organisieren.
Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht euch am meisten
Freude?
Ein sechs Meter breiter Kilimanjaro, den wir gemeinsam gemalt haben. Er
stellt eine Replika einer Filmkulisse dar, die in dem Kolonialfilm „Carl
Peters“ von 1941 zu sehen ist. Seit letztem Jahr bringen wir ihn an
verschiedene Orte in Berlin, um eine Auseinandersetzung mit der Sprache
kolonialer Erinnerung anzuregen.
Text und Interview erscheinen im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und
Brandenburg immer Donnerstags in der Print ausgabe der taz
15 Jun 2016
## LINKS
[1] http://www.squatmonument.com/
[2] http://www.squatmonument.com/
[3] http://www.museentempelhof-schoeneberg.de/m_tempelhof/aktuell_fr.html
## AUTOREN
Noemi Molitor
## TAGS
Kunst Berlin
Einblick
Postkolonialismus
Museum
Stadtgeschichte
Einblick
Literatur
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