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# taz.de -- Pädagogin über Schwimm-Integration: „Er dachte, dass er schwimm…
> Sie haben die Flucht über das Mittelmeer überlebt und ertrinken in
> Deutschland, 27 Menschen 2015. Astrid Touray vom Landessportbund trifft
> finstere Prognosen.
Bild: Das Schlimmste verhindern: Wäre doch nur für alle Flüchtlingskinder Pl…
taz: Frau Touray, am Freitag ist ein junger iranischer Flüchtling in einem
Bremer See ertrunken. Wie konnte so etwas passieren?
Astrid Touray: In vielen der Herkunftsländer herrscht ein ganz anderes
Verhältnis zu Schwimmfähigkeit und Badesicherheit: Du kommst zehn Meter
weit und denkst, du kannst schwimmen. Dass eine richtige Schwimmtechnik im
Wasser überlebensnotwendig ist, wissen die meisten Jugendlichen nicht.
Stattdessen überschätzen sie sich – der junge Iraner dachte wahrscheinlich
auch, dass er schwimmen kann. Seit 2014 versuchen wir vom Landessportbund
dieses Problem mit Schwimmkursen für Geflüchtete zu bekämpfen.
Seit wann gibt es diese Schwimmkurse?
Angefangen haben wir mit nur einem Kurs für unbegleitete Minderjährige. Das
war im Jahr 2014, in Kooperation mit dem Bremer Sport-Club. Die Nachfrage
ist aber so rasch gewachsen, dass wir schnell zusätzliche Angebote schaffen
mussten. Momentan bieten wir insgesamt neun Kurse für Jugendliche an, die
wöchentlich in Zusammenarbeit mit dem BSC e.V., der DLRG Bremen-Nord, der
DLRG Bremen-Stadt sowie den Einrichtungen für Geflüchtete stattfinden. Die
jüngeren Kinder können in den Grundschulen am Schulschwimmen teilnehmen.
Glauben Sie, dass Sie so Vorfälle wie den vom vergangenen Freitag
verhindern können?
Sichere Schwimmkenntnisse verhindern auf jeden Fall Badeunfälle. Unsere
Kapazitäten reichen aber nicht aus, um jedem jugendlichen Geflüchteten das
Schwimmen beizubringen. Wir haben nur eine Hand voll Trainer, die diese
Kurse ehrenamtlich anbieten und natürlich nicht den ganzen Tag Zeit haben.
Deren zeitliche Kapazitäten mit denen der Schwimmbäder abzustimmen, ist
schwierig. Teilweise rücken andere, reguläre Kurse zusammen, damit wir mit
unseren Flüchtlingsgruppen schwimmen können.
Sind Sie die einzigen Anbieter solcher Kurse?
Nein. Natürlich gibt es auch die regulären Schwimmlernangebote der
Sportvereine, aber dort wären Jugendliche mit Fluchterfahrung nicht gut
aufgehoben.
Warum nicht?
Man darf nicht vergessen, dass es nicht Hauptaufgabe der Bremer
Sportvereine ist, Kindern und Jugendlichen das Schwimmen beizubringen –
egal, ob Flüchtling oder nicht. Normalerweise sollen die Kinder ja in der
Grundschule am Schwimmunterricht teilnehmen. Die Schwimmkurse der Bremer
Bäder und Sportvereine sind Zusatzangebote, die sich vor allem an jüngere
Kinder richten. Außerdem kosten sie Geld, da die Übungsleiter und die
Hallenmiete bezahlt werden müssen. Das kann sich eine Flüchtlingsfamilie
nicht leisten. Häufig müssen wir auch Überzeugungsarbeit bei den
Geflüchteten leisten.
Inwiefern?
Den Eltern vieler jugendlicher Flüchtlinge ist nicht klar, wie wichtig es
ist, schwimmen zu lernen und auch vielen unbegleiteten Minderjährigen
nicht. Dieses Bewusstsein versuchen wir zu schaffen. Deshalb ist unsere
Kooperation mit den Wohnheimen so wichtig. Seit letztem Sommer haben wir
das Glück, mit einem syrischen Schwimmtrainer zusammenzuarbeiten, der
selbst geflüchtet ist.
Wie können wir verhindern, dass weitere Kinder ertrinken?
Allen geflüchteten Menschen das Schwimmen beizubringen, schaffen wir nicht.
Wir kriegen wöchentlich Anfragen von Jugendwohngruppen, Wohnheimen und
Privatpersonen, doch leider müssen wir die meisten auf die Warteliste
setzen. Außerdem sollten allen die Gefahren bewusst werden, die vom Wasser
ausgehen können. Dass die Baderegeln im letzten Jahr in 25 verschiedene
Sprachen übersetzt wurden, ist ein Anfang. Wir sollten aber auch nicht
vergessen, dass es sowohl deutschlandweit als auch in Bremen immer mehr
Menschen gibt, die nicht richtig schwimmen können. Ich mache mir wirklich
Sorgen.
1 Jun 2016
## AUTOREN
Antonia Stille
## TAGS
Schwimmunterricht
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Bremen
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Schwerpunkt Flucht
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Flüchtlinge
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