Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Das war die Woche in Berlin I: Eben nicht nur innertürkisch
> Die Neuköllner Şehitlik-Moschee will nun drei Abgeordnete des
> Bundestages doch nicht beim Fastenbrechen dabei haben. Hintergrund: die
> Armenien-Resolution.
Bild: Gläubige beim Mittagsgebet in der Sehitlik-Moschee
Die Armenien-Resolution des Bundestags wirkt nach. Auch in
Berlin. Das zeigte am Donnerstag die Absage eines Fastenbrechens,
das in der Neuköllner Şehitlik-Moschee stattfinden sollte. Dazu waren
Bundestagspräsident Norbert Lammert und die beiden
türkischstämmigen Abgeordneten Özcan Mutlu und Azize Tank
geladen. Nachdem türkische NationlistInnen gegen die drei
hetzten, weil sie für den Beschluss gestimmt (Lammert und Tank) oder
sich enthalten (Mutlu) hatten, sagte die Moschee das Essen ab. Mit der
Resolution erkennt der Bundestag die Ermordung von ArmenierInnen im
Osmanischen Reich als Völkermord an.
„Innertürkische Angelegenheiten“, spekulierte der Grüne Mutlu
über die Gründe der Absage. Dabei trifft das Attribut
„innertürkisch“ nicht ganz den Kern dieser Angelegenheit in einer
Stadt mit mehr als 200.000 türkischstämmigen BewohnerInnen.
Vielmehr zeigt der Vorgang, dass es hier um die hiesige Gesellschaft
geht. Und darum, wie Konflikten in dieser Gesellschaft begegnet wird – von
und mit Menschen, die mit einem sogenannten Migrationshintergrund
in Deutschland leben.
Das gilt es zu betonen, weil der Fall einerseits zeigt, was
Integration in Deutschland bedeutet hat: eher eine tendenzielle
Isolation der „zu Integrierenden“ und eine aufrechterhaltene
Loyalität zum Herkunftsland. Die politische Identität wurde dabei
vielfach vom Herkunftsland beeinflusst, alte Konflikte wurden
mitgenommen und weiterhin gelebt.
Andererseits illustriert er, welche Wucht diese Konflikte – hier der
Streitpunkt Genozid an den ArmenierInnen – auch in Deutschland haben: Ein
Essen mit symbolischer Bedeutung und Politprominenz wird abgesagt. Nicht
einmal der religiöse Auftrag, sich im Ramadan zu versöhnen, zeigt
mediatorische Wirkung.
Kann man angesichts dessen von Stellvertreterkriegen innerhalb der
migrantischen Community in Deutschland sprechen? Nein. Diese Konflikte –
sei es die Armenien-Resolution oder die sogenannte Kurdenfrage – sind
Konflikte in der hiesigen Gesellschaft. Und diese Gesellschaft muss sie als
Teil ihrer selbst verstehen, sich ihnen stellen und sie aushalten.
Wenn das nicht geschieht, dann droht weitere Abschottung, aber auch
allgemeine gesellschaftliche Polarisierung in Deutschland. Am
Donnerstag sprach auch der türkische Präsident Erdoğan über die
politische Bedeutung von „drei Millionen Türken“, die in
Deutschland leben. Mit dem Hashtag #WirgründeneinePartei werben
seine Anhänger bereits für eine eigene Partei in Deutschland.
11 Jun 2016
## AUTOREN
Volkan Agar
## TAGS
Schwerpunkt Türkei
Recep Tayyip Erdoğan
Moschee
Duisburg
Aydan Özoguz
Ramadan
Recep Tayyip Erdoğan
Ramadan
Muslime
## ARTIKEL ZUM THEMA
Zoff in Duisburg um Armenien-Resolution: Integrationsrat leugnet Völkermord
In Duisburg ist die Stimmung mies: Der Integrationsrat greift in einem
Beschluss die Armenien-Resolution des Bundestags an. Der OB findet das
inakzeptabel.
Streit um Armenien-Resolution: Keine Versöhnung im Ramadan
Ausladungen zum Fastenbrechen und Druck aus der Türkei: Der Streit um die
Armenien-Resolution des Bundestags schwelt weiter.
Flüchten und fasten: Der etwas andere Ramadan
Viele Geflüchtete in Berlin sind Muslime. Für sie und die Betreiber von
Notunterkünften stellt der Fastenmonat eine Herausforderung dar.
Erdoğan attackiert Grünen-Chef erneut: Özdemir als „charakterlos“ bezeic…
Der türkische Staatschef pöbelt gegen Cem Özdemir. EU-Parlamentschef Schulz
und Bundestagspräsident Lammert reagieren scharf auf Erdoǧans Angriffe.
Abgesagtes Fastenbrechen: Von wegen Zeit der Versöhnung
Wegen der verabschiedeten Armenien-Resolution sagt die Şehitlik-Moschee ein
Fastenbrechen ab. Ausgeladen wurde auch Bundestagspräsident Lammert.
Dialog mit Muslimen in Berlin: Kein Frieden zur Fastenzeit
Das Berliner Islamforum tagt nach langer Pause – und gleich gibt es neuen
Ärger. Wieder ist der Verfassungsschutz der Anlass.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.