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# taz.de -- PatientInnenrechte in der Psychiatrie: Psychiatriedrama wird Kinost…
> Eleanor Riese und Colette Hughes kämpften in den 1980ern für die Rechte
> von PsychiatriepatientInnen. Ihre Geschichte wird jetzt verfilmt.
Bild: Auch in der Psychiatrie muss das Selbstbestimmungsrecht der Patienten bea…
Es ist schon ein ungewöhnliches Thema, das zurzeit von der elsani Film in
Köln und San Francisco mit einem internationalen Staraufgebot verfilmt
wird: Der Kinofilm „55 Steps“ erzählt den Kampf der Psychiatriepatientin
Eleanor Riese gegen die Pharmaindustrie und für das Mitspracherecht bei der
Medikation von Patienten in psychiatrischer Behandlung. Auch die Beziehung
zu ihrer Anwältin Colette Hughes, die sich zu einer tiefen Freundschaft
entwickelte, ist Thema der internationalen Koproduktion.
Die Geschichte: Als Spätfolge einer kindlichen Gehirnhautentzündung
erkrankte die Amerikanerin im Alter von 25 Jahren an Schizophrenie. Über
Jahre nutzte sie das Neuroleptikum Thioridazin. Anfang der 80er Jahre
wurden die schädlichen Nebenwirkungen immer stärker, sodass die Medikation
umgestellt werden musste. Die Präparate, die sie dann einnahm, führten
ebenfalls zu starken Nebenwirkungen oder blieben wirkungslos.
Im Jahr 1985 ließ sie sich schließlich freiwillig mit akuten Symptomen in
ein Krankenhaus in San Francisco einliefern. Nachdem ihr dort verschiedene
Substanzen verabreicht worden waren, die sie wegen der Nebenwirkungen nicht
vertrug und deren Einnahme sie schließlich verweigerte, wurde sie im
Krankenhaus zwangsweise behandelt und unter Betreuung gestellt. Parallel
wurden ihr gegen ihren Willen und unter Gewaltanwendung intravenös
Medikamente verabreicht.
Dagegen klagte die Amerikanerin letztlich und erreichte ein Urteil, das für
Psychiatriepatienten in den Vereinigten Staaten einen Meilenstein
darstellt: Der State Court in Kalifornien entschied 1987, dass auch
zwangseingelieferte Patienten das Recht haben, über die Anwendung von
Antipsychotika informiert zu werden und mitzubestimmen. Eine unfreiwillige
Behandlung konnte von da an nur noch mit einer richterlichen Entscheidung
durchgesetzt werden.
Neben der Rechtslage, die sich auch in Deutschland in den letzten
Jahrzehnten zum Wohle der Patienten geändert hat, ist der Umgang ohne Zwang
sowieso immer geboten, um eine erfolgreiche Therapie durchzuführen. „Eine
neuroleptische Behandlung von psychotischen Kranken gegen deren Willen
sollte auf jeden Fall vermieden werden“, bestätigt der Psychiater Christian
Eggers, „denn das würde die Chance einer späteren Compliance verbauen und
das Vertrauensverhältnis zum Behandler empfindlich belasten!“
Für den Wissenschaftler ist klar: Der Arzt muss sich schon die Mühe machen,
mit dem Patienten zu einem Informed Consent zu kommen: „Vor allem ist es
wichtig, sich in die Gefühlslage und in die individuelle persönliche
Wahrnehmungswelt des Patienten einzufühlen und dessen Perspektive
einzunehmen! Also beispielsweise empathisch auf die entsprechenden Ängste
einzugehen und nicht etwa zu sagen ‚Schauen Sie doch, das ist doch Unsinn,
es kann doch gar nicht sein …‘.“
## Filmstudio in Köln
Zurzeit wird die Geschichte der renitenten Patientin und ihrer streitbaren
Anwältin mit den Weltstars Hillary Swank und Helena Bonham Carter unter der
Regie des zweimaligen Goldene-Palme-Preisträgers Bille August in den Kölner
MMC Studios und in NRW verfilmt. Der Koproduzent Bastie Griese von der MMC
Movies jedenfalls freut sich darüber, Menschen in den Mittelpunkt einer
Geschichte zu stellen, die nicht den üblichen Heldenklischees entsprechen:
„Gerade im anspruchsvollen Filmbereich ist man auf der Suche nach Figuren
und Geschichten, die nicht dem Mainstream entsprechen und durch die
Besonderheit ihrer Charaktere und Taten hervorstechen.“
Überzeugt hat Produzentin Elsani letztlich das „herausragende Drehbuch über
das berührende Schicksal der beiden Frauen Eleanor und Colette.“
Griese und Elsani arbeiteten bereits bei dem deutsch-niederländischem
Ensemblefilm „Ob ihr wollt oder nicht“ zusammen, einem tragikomischen
Krebsdrama, das von der Kritik begeistert aufgenommen wurde. „Das Publikum
ist offen dafür, sich auch mit schwierigen Themen auseinanderzusetzen“,
sind sich die Produzenten sicher, „der Film wird sicher weltweit ein großes
Publikum ansprechen.“ „55 Steps“ wird spätestens nächstes Jahr in die K…
kommen.
5 Jun 2016
## AUTOREN
Wlfried Urbe
## TAGS
Psychiatrie
Patientenrechte
Psychiatrie
Zwangsbehandlung
psychische Gesundheit
Psychiatrie
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