# taz.de -- Präsidentschaftsduell in Österreich: Kontrolliert profiliert | |
> Die Kandidaten hielten sich beim Fernsehduell zurück. FPÖ-Kandidat Hofer | |
> verstrickte sich in Widersprüche über seinen Israel-Besuch. | |
Bild: Alexander van der Bellen und Norbert Hofer (extrem rechts) beim Duell | |
Wien taz | Nicht jedes Duell ist ein Showdown. Aber der ORF verstand es, | |
der letzten Fernsehdebatte vor der entscheidenden Bundespräsidentenwahl am | |
Sonntag Brisanz zu verleihen. Ein Fünftel der Wählerinnen und Wähler wolle | |
die Entscheidung von dieser Begegnung abhängig machen, verkündete | |
Moderatorin Ingrid Thurnher. Speziell all jene, die in ihrem Leben nie für | |
eine andere Partei als die SPÖ oder ÖVP gestimmt haben, suchen das aus | |
ihrer Sicht geringere Übel. Denn die Kandidaten der Regierungsparteien sind | |
in der ersten Runde am 24. April mit blamablen Ergebnissen ausgeschieden. | |
Zwischen dem extrem rechts positionierten Norbert Hofer von der FPÖ und dem | |
gemütlichen ehemaligen Grünen-Chef Alexander Van der Bellen gibt es wenige | |
Gemeinsamkeiten. Hofer will vor allem für österreichische Staatsbürger da | |
sein, Van der Bellen sieht alle im Lande lebenden Menschen als Ziel seiner | |
Zuwendung. Hofer will eine schwache EU. Seine Partei sitzt in einer | |
Fraktion mit Marine Le Pens Front National, der die Zerstörung der Union im | |
Programm hat. Van der Bellen hätte gerne eine stärkere Union mit | |
Mehrheitsentscheidungen. | |
Auch in den Fragen der Gleichstellung von Homosexuellen und dem Umgang mit | |
Flüchtlingen vertreten die beiden konträre Positionen. Nach dem | |
Image-Schaden, den ihnen eine unmoderierte Debatte vergangenen Sonntag im | |
Privatsender ATV eingebracht hatte, verzichtete Hofer auf Provokationen und | |
der Grüne verlor die Kontrolle nicht. | |
Richtig ärgerlich wurde Hofer, als die Moderatorin ihn mit Ungereimtheiten | |
bei Berichten über seine Israel-Reise im Sommer 2014 konfrontierte. Für die | |
FPÖ, die vom offiziellen Israel als Partei mit antisemitischem Hintergrund | |
gemieden wird, ist es besonders wichtig, diese Akzeptanz zu erreichen oder | |
vorzutäuschen. Gerne werden Begegnungen fantasievoll ausgeschmückt oder | |
aufgewertet. | |
## Ungereimtheiten aus Israel | |
Ein inoffizielles Gespräch mit der Vizepräsidentin der Knesset wurde in | |
Hofers Darstellung zu einem offiziellen Termin. Auch schilderte er, wie auf | |
dem Tempelberg in Jerusalem eine mit Granaten und MG bewaffnete Terroristin | |
zehn Meter neben ihm erschossen worden sei. Recherchen des ORF konnten für | |
diesen Zwischenfall keine Belege finden. Tatsächlich schoss die Polizei auf | |
eine unbewaffnete Jüdin, die sich unweit der Klagemauer nicht ausweisen | |
wollte. Hofers Delegation wurde wegen des Abtransports der Verletzten | |
aufgehalten. | |
Seine wichtigste Botschaft, dass er der Vertreter der einfachen Menschen, | |
der Grüne aber ein Mann des Establishments sei, versuchte er immer wieder | |
geschickt zu platzieren. Ob die 20 Prozent Unentschlossenen nach der | |
Debatte schlauer sind, wird sich erst am Sonntag an der Wahlbeteiligung | |
ablesen lassen. | |
20 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
## TAGS | |
Alexander Van der Bellen | |
Norbert Hofer | |
Österreich | |
Bundespräsident Österreich | |
Wahl Österreich | |
Lesestück Meinung und Analyse | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
FPÖ | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Bundespräsidentenwahl in Österreich: Endzeitstimmung statt Sommerfreude | |
Vor allem Linksalternative sind ob eines möglichen Siegs des | |
Rechtsnationalen Norbert Hofer verunsichert. Dessen Lager zeigt sich voller | |
Hass. | |
Bundespräsidentenwahl in Österreich: Öko mit Heimatliebe | |
Der Grüne Alexander Van der Bellen öffnete seine Partei für bürgerliche | |
Wähler. Der ehemalige Sozi ist keiner, der polarisiert – bislang mit | |
Erfolg. | |
Schlacht um Wien, Schlacht um Europa: Die Lust am Zerstören | |
In Österreich will ein Ausländerfeind zum Bundespräsidenten gewählt werden. | |
Die Neue Rechte in ganz Europa fühlt sich im Aufwind. | |
Wiener Vorzeigeviertel wählt Rechts: Beklemmend sauber | |
Die Satellitenstadt Seestadt Aspern ist ein Prestigeprojekt der rot-grünen | |
Wiener Stadtregierung. Trotzdem wählen viele die rechte FPÖ. | |
Kommentar Österreichs Präsidentenwahl: Wenn die Fetzen fliegen | |
Die Präsidentschaftskandidaten Hofer und Van der Bellen trafen im TV-Duell | |
aufeinander. Am Ende gewann jedoch nur einer: der Fernsehsender. |