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# taz.de -- Kolumne Über Ball und die Welt: Hände weg vom Sport!
> Die Fifa und das IOC sind in der Lage, Nationalstaaten Bedingungen zu
> diktieren. Und ihr politökonomisches Argument ist eine Farce.
Bild: Fifa-Suspendierung aufgehoben. Indonesiens Fans dürfen ihre Schals wiede…
Was haben eigentlich, fußballerisch betrachtet, Indonesien und Kuwait
gemein? Einerseits hat doch die Fifa auf ihrem Kongress in Mexiko die
Suspendierung Indonesiens vom internationalen Fußball aufgehoben, die von
Kuwait allerdings bestätigt. Doch genau das ist die Gemeinsamkeit: In
beiden Ländern hat der Staat von der Fifa eine empfindliche Niederlage
beigebracht bekommen. (Benin übrigens auch, und wenn man länger
zurückschaut, sind es sehr viele Nationalstaaten, die sich der Macht des
Weltfußballverbandes beugen mussten. Die Liste ist länger als diese
Kolumne.)
Vor einem Jahr hatte die Fifa sowohl Kuwait als auch Tunesien gesperrt –
mit der in diesen Fällen immer gleichen Begründung, dass Sport und Politik
zu trennen seien. In den Worten des neuen Fifa-Präsidenten Gianni Infantino
formuliert: „Wir müssen die Verbände vor staatlichen Eingriffen schützen,
das ist eine unserer wichtigsten Aufgaben.“
In Indonesien hatte die Regierung vor einem Jahr etwas gegen anhaltende
Korruption im nationalen Ligafußball unternehmen wollen und eine
Kontrollbehörde gegründet. Es gab konkrete Hinweise, wonach mindestens 20
Spiele der nationalen Liga manipuliert worden waren. Ein klassischer Fall:
Der Staat greift ein, weil in der Gesellschaft etwas deutlich schiefläuft.
Aaaaaber: Nicht mit der Fifa! Das ist doch unzulässige Einmischung in das
von ihr als exterritorial angesehene Feld des Fußballs. An der
Qualifikation zur WM 2018 und zur Asienmeisterschaft 2019 durfte Indonesien
nicht teilnehmen. Nun aber hat die indonesische Regierung klein beigegeben
und die führende Rolle der Fifa anerkannt. Betrug und Manipulationen, hat
man in Jakarta endlich eingesehen, dürfen nicht von Politik oder Justiz
geahndet werden, sondern das ist Sache des Weltfußballverbands. Nachdem es
diese Lektion in sehr modernem Staatsrecht begriffen hat, darf Indonesien
wieder mitkicken.
## Wertvoller als Apple und Microsoft
Im Falle von Kuwait hatte die Fifa dem Parlament den Befehl erteilt, ein
Sportgesetz so zu ändern, dass der Fußballverband gefälligst über jedem
Recht steht. Kuwaits Gesetzgeber kam dieser Order nicht nach – und die
Nationalelf wurde verbannt. Einen ähnlichen Streit um das Sportgesetz trägt
Kuwait derzeit auch mit dem Internationalen Olympischen Komitee aus. Fifa
wie IOC sind eben Monopolisten auf ihrem Terrain: „Fifa WorldCup ™“
beziehungsweise Olympische Spiele sind Marken, die wertvoller sein dürften
als Apple und Microsoft zusammen.
Es versetzt die Fifa und das IOC in die Lage, Nationalstaaten Bedingungen
zu diktieren. Wenn ein Land eine WM oder Olympia haben möchte, dann drücken
sie mit einer Macht, an die weder der UN-Sicherheitsrat noch die Nato
heranreichen, für sich Steuerbefreiungen und für ihre Sponsoren
uneingeschränkte Verwertungsbedingungen durch. Der Nutzen, den
Weltmeisterschaften und Olympische Spiele für Regime jeder Art besitzen,
ist derart groß ist, dass alle zu jedem Kotau bereit sind.
Allzu lange kann es sich auch keine Regierung dieser Erde erlauben, mit dem
Vorwurf zu leben, schuld zu sein, dass die Fußballauswahl zu Hause bleiben
muss. Diesen Vorwurf einer Regierung – wie demokratisch oder undemokratisch
sie auch immer legitimiert sein mag – anzuhängen, gelingt der Fifa immer
wieder. Und zwar nicht etwa, weil sie besonders gut manipulieren könnte,
und schon gar nicht, weil sie eine moralische Autorität darstellte. Nein,
das Argument, mit der die Fifa politökonomisch ihre unglaubliche Macht
absichert, lautet: Sport habe nichts und dürfe nichts mit Politik zu tun
haben. Auf die Idee muss man erst mal kommen!
20 May 2016
## AUTOREN
Martin Krauss
## TAGS
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Fußball
Fifa
IOC
Nordkorea
Skateboard
Fifa
Fifa-Präsident
Gianni Infantino
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