# taz.de -- Skateboard-Meister über Olympia: „So funktioniert Kapitalismus“ | |
> Der fünffache deutsche Meister Alex Mizurov erklärt, warum die Zahl der | |
> Skater abnimmt und dennoch die Aufnahme ins olympische Programm möglich | |
> wurde. | |
Bild: „Vielen fehlt die Geduld, mehr erreichen zu wollen“ (Symbolbild) | |
Das Internationale Olympische Komitee hat beschlossen, bei den Olympischen | |
Spielen 2020 in Tokio Skateboard ins Wettkampfprogramm aufzunehmen. Auch | |
dabei: Baseball und Softball, Karate, Sportklettern und Surfen. Über die | |
Aufnahme der fünf neuen Sportarten soll die IOC-Session Anfang August in | |
Rio abstimmen. | |
taz: Herr Mizurov, Sie gelten, wie manche behaupten, in Deutschland als der | |
FC Bayern des Skateboarding, sind also etabliert. Mit der Aufnahme ins | |
olympische Programm haben Sie jetzt endlich wieder eine Herausforderung. | |
Alex Mizurov: (lacht) Ich weiß zwar nicht, wo Sie den Vergleich herhaben. | |
Das schreibt das Magazin funsport.de. | |
Aber die Bayern haben die nationale Fußball-Meisterschaft nun schon viermal | |
in Serie gewonnen, stimmt’s? | |
Stimmt. | |
Dann kann ich mich mit den Bayern definitiv nicht vergleichen. Ich stehe | |
erst bei drei Titeln am Stück. Den vierten muss ich mir in diesem Jahr erst | |
noch verdienen. | |
Und anschließend peilen Sie an, bei der olympischen Premiere der | |
Skateboarder 2020 in Tokio dabei zu sein? | |
Da wäre ich dann 32 Jahre alt. Ob das noch hinhaut? Ehrlich gesagt, habe | |
ich mir darüber auch noch nicht allzu viele Gedanken gemacht. Die | |
Entscheidung, dass die Sportart nun olympisch wird, habe ich erst | |
vorgestern mitbekommen. | |
Wie würde denn ein olympischer Skateboard-Wettbewerb aussehen? | |
Genaues weiß ich nicht. Prinzipiell gibt es zwei Disziplinen: Einmal | |
„Vert“, das steht für Vertical und meint das Halfpipe-Fahren. Und | |
Streetboarden, das mache ich. Bei Olympia würde man wohl beiden Disziplinen | |
Raum geben. Die Halfpipe sieht spektakulärer aus, Streetboarden ist dafür | |
viel variabler. | |
Auf was kommt es an? | |
Flexibilität ist sehr wichtig. Zeige ich immer den gleichen Trick oder baue | |
ich auch mal was Überraschendes ein? Die Fahrt sollte flüssig sein und | |
einen gewissen Style haben. Minuspunkte gibt es, wenn man einen Trick nicht | |
steht, das ist ein sogenannter „fail“. | |
Skateboarden ist nicht mehr so „in“ wie noch vor 20 Jahren. Wird Olympia | |
der Sportart zu einer neuen Welle der Popularität verhelfen? | |
Es stimmt leider, dass die Zahl der Skater abgenommen hat. Der Sport ist | |
zwar wirklich geil, aber eben nicht so leicht zu beherrschen. Die | |
Fortschritte stellen sich – anders als etwa beim Fußball – nicht so schnell | |
ein. Viele Kids fangen also an zu skaten, erreichen ein Grundlevel – und | |
das war’s. Vielen fehlt die Geduld, mehr erreichen zu wollen. „Sieht cool | |
aus“ reicht etlichen Skatern schon. Dabei kann jeder mehr als einen | |
schlichten „Ollie“ lernen (der einfache Sprung ist der | |
Skateboard-Basistrick; Anm. d. Red.). Ich hoffe, durch Olympia wird der | |
Sport ordentlich gepusht! | |
Warum war die Disziplin bei Olympia bislang noch nicht vertreten? | |
Gute Frage. Den olympischen Gedanken verkörpert das Skaten auf jeden Fall | |
sehr. Man respektiert nicht nur seine Konkurrenten, sondern freut sich auch | |
mit ihnen, wenn außergewöhnliche Tricks gelingen. Wahrscheinlich war’s | |
bislang einfach nicht genug Mainstream. | |
Allerdings gibt es auch kritische Stimmen aus der älteren Generation, die | |
befürchten, Olympia führe zu einer Kommerzialisierung. | |
Dieser Prozess ist doch längst da! Die Werbung hat das Skaten längst für | |
ihre Zwecke vereinnahmt. Und die großen Fahrer der Szene haben alle | |
Sponsoren wie Red Bull, Adidas, Nike und so weiter. Ich könnte Ihnen noch | |
zehn andere aufzählen. Die „alte Generation“, die Ende der 80er und in den | |
90ern die Anlagen befahren hat, hängt noch sehr an dieser totalen | |
individuellen Freiheit. Nur haben sich die Zeiten geändert. Heute brauchst | |
du eben Sponsoren, um an regulierten Contests teilnehmen zu können. Dass | |
Olympia dieses Geschäft eher befördern wird, liegt auf der Hand. Dem Sport | |
an sich tut es aber gut. | |
Passt das Skater-Image des coolen, lässigen Helden, der im Schlabberlook | |
abhängt, überhaupt zu Olympia? | |
Das entscheiden letztlich die Zuschauer, die sich das anschauen wollen oder | |
eben nicht. | |
Profitieren womöglich die alten Skatermarken wie Titus von dieser | |
Beförderung des Sports zu den Olympischen Sommerspielen? | |
Titus geht es immer noch gut, die haben in Deutschland rund 40 Läden. Dass | |
die Onlinekonkurrenz natürlich alles erschwert, ist überall so. Die | |
Skatermarken verdienen allein mit dem Verkauf von Brettern so gut wie | |
nichts. Wichtig – gerade was die größte Marktgruppe der 10- bis 25-Jährigen | |
betrifft – sind Klamotten und Schuhe. Die Big Player wie Adidas oder Nike | |
können in diesem Bereich deutlich mehr bewegen. So funktioniert nun mal der | |
Kapitalismus. | |
3 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
David Joram | |
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