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# taz.de -- Wechsel bei der Fifa: Chefaufseher Scala tritt ab
> Der Fußball-Weltverband steht wegen Korruption in der Kritik. Domenico
> Scala sollte die Strukturen reformieren. Doch jetzt hat er seine Arbeit
> vorzeitig beendet.
Bild: Macht nicht mehr mit: Domenico Scala
Mexiko-Stadt dpa | Gianni Infantinos Personal-Coup mit einer
Generalsekretärin aus Afrika ist schnell verpufft. Der neue FIFA-Präsident
muss durch den Rücktritt von Chefaufseher Domenico Scala eine empfindliche
Schlappe einstecken. Keine 24 Stunden nachdem der Schweizer die Senegalesin
Fatma Samoura zur neuen Top-Managerin ernannt und die FIFA-Krise mit einem
forschen Schlussappell beim Kongress in Mexiko-Stadt für beendet erklärt
hatte, steht der Fußball-Weltverband nicht nur ohne seinen integren
Reformarchitekten da. Mit drastischen Worten zweifelte Scala sogar am
ganzen FIFA-Erneuerungsprozess und stellte Infantino indirekt als
Reformbehinderer bloß.
„Ob die verabschiedeten Reformpunkte nun tatsächlich mit Fleisch und Blut
gefüllt werden, bleibt derzeit offen“, schrieb Scala in seiner
Rücktrittserklärung am Samstag. In der Kaffeepause des Kongresses hatte er
am Vortag das Centro Banamex verlassen, denn er wusste was unter
Tagesordnungspunkt 12 folgen sollte: Eine Aushöhlung des großen
Reformprojekts. Die Vollversammlung beschloss, dass das FIFA-Council für
ein Jahr ermächtigt wird, Mitglieder der Kontrollinstanzen zu benennen oder
zu entlassen.
Die FIFA wies die Vorwürfe von Scala zurück, will ihn aber auch nicht zum
Bleiben überreden. „Die FIFA bedauert, dass Herr Scala den Zweck der vom
FIFA-Kongress getroffene Entscheidungen falsch interpretiert hat“, hieß es
in einer Pressemitteilung am Samstag. Die Entscheidung, das Council zu
ermächtigen, Mitglieder für die Kontrollinstanzen zu ernennen oder
abzurufen, sei gerade erfolgt, damit die Gremien ihren „Teil zum laufenden
Reformprozess“ erfüllen können. Die Ausführungen Scalas seien unbegründet.
Die FIFA sei fokussiert auf den Reformprozess. Als Beleg wurde die
Ernennung von Samoura genannt.
Scala sieht das anders: „Die Gremien werden damit faktisch ihrer
Unabhängigkeit beraubt und drohen zu Erfüllungsgehilfen derjenigen zu
werden, die sie eigentlich überwachen sollten“, schrieb er und legte sein
Amt als Vorsitzender der Audit- und Compliance-Kommission nieder. Eine
Ohrfeige für Infantino, der zuvor noch den Reformprozess auf bunten
Schautafeln vor den FIFA-Delegierten als praktisch vollendet erklärt hatte.
Die FIFA hatte in Mexiko die personelle Neu-Aufstellung ihrer
Kontrollgremien nach den vielen Korruptionsskandalen beschließen wollen. Da
aber mehrere Kandidaten den Integritätscheck nicht bestanden haben, wurde
das Council ermächtigt, diese Entscheidungen nachzuholen. Der Kongress mit
den Delegierten aus 211 Ländern, der dazu eigentlich befugt ist, kommt erst
im Mai 2017 wieder zusammen.
„Mit diesem Entscheid wird es dem Council künftig möglich sein,
Untersuchungen gegen einzelne Mitglieder jederzeit zu verhindern, indem die
zuständigen Komiteemitglieder abgesetzt oder mit der Drohung der Absetzung
gefügsam gehalten werden“, schrieb Scala.
## Den Konflikt kleinreden
Im Council sitzen noch viele Mitglieder des skandalumwitterten
Exekutivkomitees. Gegen das deutsche Mitglied Wolfgang Niersbach ist zum
Beispiel derzeit eine Untersuchung der Ethikkommission wegen der Affäre um
die WM 2006 anhängig. Auch die Mitglieder dieser Kontrollinstanz können
jetzt faktisch vom Council abberufen werden.
Infantino hatte zuvor noch versucht, den sich anbahnenden Konflikt
kleinzureden. „Wir müssen in der Lage sein, flexibel zu reagieren. Man muss
die handelnden Personen, die eine neue FIFA formen, an ihrer Arbeit messen.
Warten wir ab, schauen wir, und dann kann man ein Urteil fällen“,
rechtfertigte Infantino den Beschluss.
Die Ironie: Jetzt muss das Council tatsächlich aktiv werden und einen neuen
Vorsitzenden für die Audit- und Compliance-Kommission finden. Das Gremium
hat eine wichtige Rolle, auch für Infantino, sind einige Vertreter doch an
der Festsetzung der Höhe des Präsidentengehalt beteiligt. Scalas
Stellvertreterin ist die südafrikanische Wirtschaftsexpertin Sindisiwe
Mabaso Koyana. Sie steht allerdings Scala nahe, ein Rücktritt ist nicht
auszuschließen.
## Fatma Samoura wird Generalsekretärin
Eine andere Frau aus Afrika hatte vor dem Scala-Rücktritt alle
Aufmerksamkeit auf sich gezogen, obwohl sie in Mexiko noch gar nicht dabei
war. Fatma Samoura wurde von Infantino auserkoren, den vakanten Posten als
Generalsekretärin zu übernehmen. Die 54 Jahre alte Diplomatin Samoura passt
perfekt in Infantinos Suchprofil für den Top-Posten einer den Wandel
predigenden FIFA, obwohl, oder gerade weil, sie keinerlei
Fußball-Fachwissen mitbringt.
„Sie ist die kompetenteste Person, um die Administration der FIFA zu
führen. Ihr Lebenslauf spricht für sich selbst“, sagte Infantino, der
beteuerte, Samoura ohne Hilfe von Headhuntern auserkoren zu haben.
Samoura ist als langjährige UN-Diplomatin über jeden moralischen Zweifel
erhaben. Sie half, humanitäre Krisen in vielen Ländern zu bewältigen. Im
Kernressort Fußball ist aber Infantino der Taktgeber. Samoura soll als
Managerin den Weltverband führen. Infantino muss von der Top-Angestellten
keine Widerstände fürchten. Und Scala ist als internes Regulativ nun auch
Geschichte.
14 May 2016
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Deutscher Fußballbund (DFB)
Uefa
Fußball
Theo Zwanziger
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