# taz.de -- Neuer Antrieb für Wasserstinker: Jetzt kommen die Schiffe unter St… | |
> In Skandinavien sind weltweit erstmalig ein Kutter und eine Fähre mit | |
> Elektromotor unterwegs. Aufgeladen wird im Hafen. | |
Bild: Sieht unspektakulär aus, ist es aber nicht: Elektrokutter „Karoline“ | |
Stockholm taz | Mehrfach konnte Bent Gabrielsen schon hohen Besuch auf | |
seinem neuen Fischkutter begrüßen. Im Herbst letzten Jahres war es | |
Norwegens damalige Fischereiministerin Elisabeth Aspaker, die nach einer | |
Probefahrt mit Gabrielsens knallgrüner „Karoline“ vom „Tesla der Meere�… | |
einem „geglückten Pilotprojekt“ schwärmte. | |
Vor einigen Wochen gaben sich dann auch noch Aspakers Nachfolger Per | |
Sandberg und Klimaminister Vidar Helgesen die Ehre und zeigten sich ähnlich | |
angetan. Die von dem 44-jährigen Fischer nach seiner ältesten Tochter | |
benannte „Karoline“ ist das weltweit erste batteriegetriebene | |
Fischfangboot. | |
Seine praktische Bewährungsprobe beim Fischen hat der elf Meter lange | |
Kutter jetzt im Frühling erfolgreich absolviert. Gabrielsen geht mit ihm | |
normalerweise in der Eggakanten auf Fang, einem besonders fischreichen | |
Gebiet in der Barentssee unweit seiner Heimatinsel Karlsøya. Ein im Heck | |
untergebrachtes Batteriepakat aus 30 Lithium-Polymer-Batteriemodulen | |
liefert den Saft für einen 195-kW-Elektromotor. Am heimatlichen Kai in | |
sechs bis acht Stunden vollgeladen, reicht das für einen Betrieb von rund | |
acht Stunden. | |
Eine Ladung koste weniger als 10 Euro, sagt Gabrielsen, sodass er rund zwei | |
Drittel der Treibstoffkosten eines dieselgetriebenen Boots einspare. Ganz | |
ohne Diesel geht es freilich auch bei der „Karoline“ noch nicht. Für die | |
Fahrt hinaus zu den Fanggründen benutzt er diesen konventionellen Antrieb, | |
der gleichzeitig als Reserve für die Batterien dient. Das eigentliche | |
Fischen läuft dann aber elektrisch – und das sei „herrlich lautlos und | |
nahezu vibrationsfrei“ und damit auch für die Mannschaft wesentlich | |
angenehmer, schwärmt Gabrielsen. | |
Mit Booten wie der „Karoline“ werde es möglich sein, den CO2-Ausstoß der | |
Fischfangflotten entscheidend zu reduzieren, meint Erik Ianssen, Chef der | |
Selfa-Arctic-Werft in Trondheim, die den Kutter entwickelt und gebaut hat. | |
Zu erreichen sei dieses Ziel aber vermutlich nur, wenn man den Fischern | |
auch finanzielle Anreize gebe, in solche Neubauten zu investieren. Immerhin | |
seien die Hybridboote noch fast 20 Prozent teurer als konventionelle. | |
Ianssen hofft auf ein ähnliches staatliches Subventionsmodell, mit dem Oslo | |
erreicht hat, dass nun ein Drittel aller Elektroautos in Europa in Norwegen | |
zugelassen werden. | |
## Einsparpotenzial von jährlich 60.000 Tonnen CO2 | |
Frank Bakke Jensen, fischereipolitischer Sprecher der konservativen | |
Regierungspartei Høyre, hat für solche Forderungen durchaus ein offenes | |
Ohr. Um einen ähnlichen Effekt wie bei den Elektroautos zu erreichen, | |
könnte man vielleicht zumindest an Steuererleichterungen denken. Gabrielsen | |
selbst hätte lieber eine Erhöhung der Fischfangquote für Elektrokutter. Was | |
Fischereiminister Per Sandberg für schwierig hält: Da müsse man ja anderen | |
Fischern etwas wegnehmen. Er kann sich eher staatliche Hilfen beim Ausbau | |
eines Netzes von Ladestationen in den Häfen vorstellen. | |
Für rund ein Fünftel des norwegischen CO2-Ausstoßes stehe die Fischerei, | |
rechnet Sigurd Enge von der norwegischen Umweltschutzorganisation Bellona | |
vor: Laut einem Forschungsbericht gebe es bei der Küstenfischerei ein | |
Einsparpotenzial von jährlich 60.000 Tonnen CO2. Sigurd Enge hofft deshalb, | |
bald viele weitere elektrische Fischfangboote vor der norwegischen Küste | |
sehen zu können: „Wenn sich ein Elektrokutter in diesen rauen | |
nordnorwegischen Gewässern bewährt, wird die noch vorhandene Skepsis über | |
diesen Antrieb schnell verschwinden.“ | |
Umweltlobbyist Enge, jahrzehntelang selbst Kapitän mit reicher Erfahrung in | |
der Arktis, glaubt, den Beginn einer „blau-grünen Umweltrevolution auf den | |
Meeren“ zu sehen und lobt Norwegens Vorreiterrolle auf dem Sektor der | |
Elektromobilität: „Wir schaffen das erst bei den Autos, jetzt im maritimen | |
Sektor.“ | |
Außer dem ersten Elektrokutter ist in Norwegen seit über einem Jahr auch | |
die weltweit erste batteriebetriebene Fähre im täglichen Einsatz. Die 2014 | |
zum „Schiff des Jahres“ ernannte80 Meter lange „Ampere“ hat eine Kapazi… | |
von 120 Pkws und 360 Passagieren. Sie versieht in Südnorwegen auf der Route | |
Lavik–Oppedal ihren Dienst. Bei jedem Anlegestopp werden die Batterien 10 | |
Minuten lang für die dann folgende 20-minütige Überfahrt und den Antrieb | |
von zwei 450-kW-Elektromotoren aufgeladen. Und Dutzende weitere | |
innernorwegische Fährverbindungen gelten als batterietauglich. | |
8 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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