# taz.de -- Kommentar Votum in Brasilien: Korrupte gegen Korrupte | |
> Die Parlamentarier in Brasília haben abgestimmt: Sie wollen Präsidentin | |
> Dilma Rousseff stürzen. Wegen Korruption. Das ist absurd. | |
Bild: Freuen sie sich zu früh? Die Korruption wäre mit dem Sturz Rousseffs je… | |
Mehr als zwei Drittel der brasilianischen Abgeordneten [1][haben dafür | |
gestimmt], gegen Präsidentin Dilma Rousseff ein Amtsenthebungsverfahren | |
einzuleiten. Dieses mehr als klare Votum dürfte das Schicksal der ersten | |
Frau in diesem Amt besiegelt haben. Doch die Entscheidung ist alles andere | |
als ein Meilenstein im Kampf gegen Korruption. | |
Die Verfassung sieht ein solches Verfahren nur vor, wenn dem | |
Staatsoberhaupt ein Verbrechen nachgewiesen werden kann. In der turbulenten | |
Debatte erinnerte sich nun aber kaum noch einer daran, dass Rousseffs | |
einziges nachweisbares Vergehen Haushaltstrickserei war – und die ist in | |
Brasilien bisher noch nie als Verbrechen eingestuft worden. | |
Gegen die Präsidentin wird im Rahmen des [2][Petrobras-Korruptionsskandals] | |
trotz wilder Medienspekulationen und zweifelhaften Vorgehens der Justiz | |
nicht einmal ermittelt. | |
Das ganze Verfahren ist deshalb eine Farce. Rousseff wird nicht wegen ihrer | |
Tricks an den Pranger gestellt, sondern weil die Oppositionsparteien und | |
übergelaufene ehemalige Koalitionspartner selbst an die Macht wollen. | |
Die Oppositionspolitiker vertreten noch nicht einmal Inhalte oder | |
Alternativen. Sie werfen der Regierung nur alle erdenklichen Fehler vor. | |
Dabei nehmen sie fahrlässig in Kauf, dass die Stimmungsmache längst in Hass | |
umgeschlagen ist. | |
## Schmiergeldlisten und Geheimkonten | |
Noch absurder wird die Debatte um den Kampfbegriff Korruption aber dadurch, | |
dass sich im Gegensatz zur Präsidentin zahllose Politiker aller Couleur auf | |
Schmiergeldlisten von bereits überführten Unternehmen finden lassen. Über | |
55 Prozent aller Abgeordneten, die gerade über Rousseff richten, stehen | |
selbst vor Gericht oder wurden bereits verurteilt – meist wegen Korruption. | |
Und Parlamentspräsident Eduardo Cunha, der die peinliche Schiedssitzung | |
gegen Rousseff genüsslich leitete, unterhielt in der Schweiz laut dortiger | |
Staatsanwaltschaft illegale Geheimkonten mit mehreren Millionen Euro. Er | |
muss sich vor dem Ethikrat des Parlaments verantworten und ist der erste | |
ranghohe Amtsträger überhaupt, gegen den der Oberste Gerichtshof wegen des | |
Petrobras-Skandals Anklage erhoben hat. | |
Rousseff darf und muss kritisiert werden, aber nicht von solchen Leuten. | |
18 Apr 2016 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Behn | |
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367 von 513 Stimmen für ein Amtsenthebungsverfahren. |