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# taz.de -- Sascha Karolin Aulepp über Frauenquote: „Das wurde mal Zeit“
> Sascha Karolin Aulepp soll Landesvorsitzende der SPD werden. Ein Gespräch
> über Frauenquote, Schulden und die Depression der Sozialdemokratie.
Bild: Will an der Spitze der SPD „klare Kante“ zeigen: Sascha Karolin Aulep…
taz: Jetzt wählt die Bremer SPD nach Langem wieder mal eine Frau an die
Spitze: Sie. Hat die SPD jetzt also kein Problem mehr mit der Frauenquote,
Frau Aulepp?
Sascha Karolin Aulepp: Die letzte Landesvorsitzende, das ist 25 Jahre her.
Das wurde mal Zeit! Das ist auch ein Signal: Frauen können in solchen
Positionen sein und sollten das auch. Weil auch Gesichter und Bilder ganz
viel beeinflussen an Vorstellungen und Meinungen. Und was die Quote
betrifft, wir haben eine quotierte Liste für die Bürgerschaftswahl gehabt.
Allerdings ist die Zusammensetzung der Fraktion dank des Wahlrechts ganz
anders. Wir wollen Frauen und Männer gleichermaßen, gleichberechtigt in der
Fraktion und in der Politik haben, aber da ist offenbar noch ein Umdenken
notwendig.
Haben Sie als künftige Vorsitzende auch besondere Frauenthemen auf der
Agenda?
Wichtig ist, gegen Ungleichbehandlung anzugehen. Das betrifft auch die
Ungleichbehandlung von Frauen und Männern. Angefangen bei der Bezahlung und
der Frage: In welchen Führungspositionen sind Frauen? Wie sind Bildungs-,
Ausbildungs-, Arbeits- und Aufstiegschancen? Das sind alles Themen, die
wichtig sind. In der Partei ist es eben auch wichtig, dass eine
Diskussionskultur besteht, in der alle zu Wort kommen und eben auch
miteinander diskutieren. Ich habe es oft erlebt, in politischen Diskursen
seit meiner Schülerinnenzeit, dass Frauen eher frustriert wegbleiben. Und
nicht sagen: Ich will mich aber durchsetzen und dabeibleiben.
Muss man nach den Ereignissen von Köln also dankbar sein, weil das Thema
auf der Tagesordnung ist?
Ich widerspreche jedem, der sagt, dass das Ereignisse sind, denen in
irgendeiner Weise etwas Positives abgewonnen werden kann. Denn: Geschädigte
sexualisierter Gewalt geworden zu sein, ist immer ein schreckliches
Erlebnis. Da ist überhaupt nichts Gutes dran.
Wie kann man es schaffen, dass das Thema auch auf der Tagesordnung bleibt
und nicht aus der falschen Ecke instrumentalisiert wird?
Da müssen rechtliche und tatsächliche Schutzlücken geschlossen werden. Das
heißt: Solche Vorwürfe müssen ernst genommen werden. Die Polizei muss
einschreiten und deutlich machen, dass das so nicht geht.
In Bremen hat die SPD zuletzt stark verloren. Wie wollen Sie die Leute
zurückholen?
Ich glaube, es ist wichtig, dass die SPD wieder stärker wahrgenommen wird
als Partei, die Probleme thematisiert und etwa Gesprächsangebote macht. Das
können kleinere Veranstaltungen in den Stadtteilen vor Ort sein: Wir
informieren uns über das, was euch wichtig ist und nicht umgekehrt. Das
kann aber eben auch auf Diskussionsveranstaltungen sein. Die Politik muss
wieder bei den Menschen vor Ort ankommen.
Die Bundes-SPD ist momentan ja in einer Art Depression: Von der großen
Koalition profitiert sie nicht, und von rechts fischt die AfD Stimmen der
sozialdemokratischen Kernwählerschaft.
Ich glaube, es ist wichtig, klarzumachen, was sozialdemokratische
Positionen sind. Das ist die Mindestlohnfrage gewesen, die ja auch
mitentscheidend für viele Genossinnen und Genossen war, zu sagen: Wenn wir
das durchsetzen können, dann sind wir auch Juniorpartner in der großen
Koalition. Und gegenüber der AfD müssen wir klare Kante zeigen und sagen:
Wir machen für alle Politik, unabhängig davon wie lange sie schon in
Deutschland leben.
Es gibt ja durchaus Abstiegsängste in der klassischen sozialdemokratischen
Wählerschaft. Sigmar Gabriels Vorstoß etwa, dass die „eigenen Leute“ nicht
benachteiligt werden dürfen, zeigt ja, dass es in der SPD durchaus Ängste
gibt.
Wir müssen uns darum kümmern, Menschen in Arbeit zu bringen und
gleichzeitig auch darum, dass Integration gelingt bei den Menschen, die
hier Schutz suchen. Das ist ein Neben- und Miteinander und kein
Gegeneinander.
Sie sind Jugendrichterin und haben dabei erlebt, wie junge Menschen in
Kriminalität abgleiten. Was kann man dafür tun, dass das nicht passiert?
Es ist wichtig, allen jungen Menschen Angebote zu machen und ihnen
wertschätzend zu begegnen. Also in der Kindertagesbetreuung Angebote zu
machen, auf Familien zuzugehen. Und in der Schule muss man den Jugendlichen
sagen: Du kannst das schaffen, und wenn du das schaffst mit dem
Schulabschluss, dann erarbeitest du dir auch eine vernünftige Perspektive.
Damit das „Es hat sowieso keinen Sinn“ nicht aufkommt.
Nun kostet Engagement jeder Art auch Geld. Jüngst haben Sie gesagt, die
schwarze Null sei nicht alles. Bremen ist Haushaltsnotlageland. Wie setzen
Sie da Schwerpunkte?
Es ist richtig, mit öffentlichem Geld verantwortlich umzugehen. Das tun wir
in Bremen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Startchancen vernünftige sind,
und in Kindertagesbetreuung und Bildung investieren. Und das muss auch
weitergehen in Richtung Ausbildung und Arbeitsplätzen.
Auch um den Preis höherer Schulden?
Natürlich müssen wir im Hinblick auf die kommenden Jahre gucken, was
machbar ist. Und es gibt Schlimmeres als höhere Schulden.
Sie haben gesagt, es sei unverantwortlich, künftigen Generationen eine
kaputtgesparte Infrastruktur zu hinterlassen.
Deswegen ist es immer wieder wichtig zu sagen, die öffentlichen Haushalte
müssen gut ausgestattet werden. Die Grünen haben nach der letzten
Bundestagswahl festgestellt, dass ihre Wähler überdurchschnittlich
verdienen und beschlossen, alle Steuerreformpläne aus ihren Wahlprogrammen
zu streichen. Wir müssen die starken Schultern aber wieder stärker
belasten.
Sie sind ja eine erklärte Parteilinke, Bürgermeister Sieling auch, aber Ihr
Fraktionsvorsitzender versteht sich gut mit Herrn Röwekamp.
Björn Tschöpe versteht sich auch mit den anderen Fraktionsvorsitzenden gut.
Die SPD macht Politik für diejenigen, denen es nicht so gut geht. Wir
müssen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt etwas tun. Und diejenigen,
die mehr leisten können, müssen auch mehr leisten. Wenn das linke Politik
ist, dann ist das meine Politik.
Hinter vorgehaltener Hand munkelt man, dass ein Wechsel des
Koalitionspartners hin zur CDU bevorstehen könnte. Sind die Grünen noch Ihr
Wunschpartner?
Koalitionen sind ja nie Wunsch-, sondern Zweckbündnisse. Und wir haben nach
den Wahlen im Mai Gespräche geführt und sind mit den Grünen zu einer
Koalitionsvereinbarung gekommen. Die Frage stellt sich also nicht. Wir
haben eine Mehrheit, und wir haben Inhalte, die wir umsetzen wollen.
Das ging ja jetzt bei Ihnen alles ganz schön schnell: Kaum ein Jahr in der
Bürgerschaft und schon werden sie Landesvorsitzende.
Ich habe Politik schon immer mit dem Anspruch gemacht, die Gesellschaft zu
verändern und das Leben der Menschen zu verbessern und gerechter zu machen.
Das passt dann auch wieder zu meinem Beruf.
26 Apr 2016
## AUTOREN
Karolina Meyer-Schilf
## TAGS
Frauenquote
Bildungspolitik
Verschuldung
Grüne Bremen
Frauenquote
Frauenquote
Schwerpunkt Landtagswahl in Baden-Württemberg
Roman
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