# taz.de -- Verkorkste Großprojekte: Erst denken, dann bauen | |
> Grünes Fazit aus den Untersuchungsausschüssen zu BER und Staatsoper: Es | |
> muss klarere Zuständigkeiten geben – und vor allem mehr Information. | |
Bild: Die Staatsoper Unter den Linden, im Jahr 2013 frisch saniert wiedereröff… | |
BER, Staatsoper und Co: Wie kriegt man solche Großprojekte in Zukunft | |
gestemmt? Klaus Grewe hat dazu eine klare Meinung. Der Projektentwickler, | |
der für das Londoner Olympiagelände verantwortlich war und in der | |
Reformkommission „Bau von Großprojekten“ des Bundes sitzt, findet, alles | |
müsse laufen „wie in der ‚Sendung mit der Maus‘: Wer macht was wann und | |
wie?“ Eine akribische und umfassende Vorplanung sei unabdingbar – auch wenn | |
das zweistellige Millionenbeträge kosten könne. Und auch, wenn das Ergebnis | |
der Abbruch des Projekts sei, weil es wirtschaftlich nicht zu stemmen wäre. | |
Die Grünen-Abgeordneten Andreas Otto und Oliver Schruoffeneger hatten Grewe | |
als Kronzeugen eingeladen, als sie am Freitag ihre Erkenntnisse aus den | |
Untersuchungsausschüssen zum BER (Grünen-Obmann: Otto) und Staatsoper | |
(Grünen-Obmann: Schruoffeneger) vorstellten. Beide Ausschüsse stehen vor | |
dem Abschluss der Untersuchungen; in beiden Fällen wollen die Grünen ein | |
Minderheitsvotum zum Bericht abgeben, weil die von den Koalitionsfraktionen | |
dominierten Gremien gerne allzu klare Worte vermieden. | |
Was Otto aus dem Ausschuss mitnimmt, ist unter anderem die Erkenntnis, dass | |
ein Unternehmen wie die Flughafengesellschaft einen Flughafen betreiben, | |
aber eben nicht bauen sollte: „Das können die nicht.“ Bei künftigen | |
Großprojekten wie der ICC-Sanierung oder dem Bau der neuen Zentral- und | |
Landesbibliothek sollte deshalb eine gesonderte Baugesellschaft gegründet | |
werden, die sich auf das Vorhaben konzentriert. Otto unterstrich – wie | |
schon oft zuvor im Ausschuss –, dass der Staat als Bauherr weitaus besser | |
qualifiziert auftreten müsse, um sich nicht über den Tisch ziehen zu | |
lassen: „Immer wieder sagten Zeugen im Ausschuss, sie hätten der | |
Geschäftsführung eben glauben müssen, was angeblich auf der Baustelle | |
passierte.“ | |
## Nur zwei Stunden Zeit | |
Dass Innensenator Frank Henkel (CDU) sich für seine Teilnahme an | |
Aufsichtsratssitzungen gerade einmal zwei Stunden vorbereitete und nur | |
einen Mitarbeiter hatte, der ihm dabei zuarbeitete, geht für Otto gar | |
nicht: „Wir haben es hier mit einem Milliardenprojekt zu tun!“ | |
Unbedingt zu vermeiden sind laut Otto Umplanungen während der Bauphase, die | |
alles komplizierter und am Ende auch viel teurer machten. Der frühere | |
Flughafenchef Rainer Schwarz habe sich da sehr negativ hervorgetan: „Wenn | |
der einen Schnapshändler gefunden hat, der unbedingt noch einen Laden im | |
Terminal brauchte, mussten eben drei Check-in-Counter dran glauben.“ | |
Sein Kollege Schruoffeneger legte den Finger in die Wunde der organisierten | |
Verantwortungslosigkeit. Am Fall der Staatsoper habe er beobachten können, | |
wie klare Arbeitsaufträge von Senatoren oder Staatssekretären systematisch | |
vermieden worden seien – die Untergebenen hätten deren schwammige | |
Äußerungen aber notgedrungen als Anweisungen interpretiert. Und am Ende | |
will es keiner gewesen sein. Regelmäßige Risikoeinschätzungen, so der der | |
Grünen-Obmann, müssten immer auch direkt an den obersten Verantwortlichen | |
durchgereicht werden. | |
Zum BER hatte Großplaner Grewe übrigens keine rettende Idee, aber auch eine | |
klare Meinung: „Da muss man jetzt durch.“ | |
22 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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