# taz.de -- UN-Drogenkonferenz in New York: Wer ist hier radikal? | |
> Die Sondersitzung der UN-Generalversammlung zur Drogenpolitik bringt kein | |
> wesentliches Umdenken. Die Bremserländer können sich durchsetzen. | |
Bild: Pro-Cannabis-Aktivistin am Mittwoch bei einer Demo vor Kanadas Parlament | |
Berlin taz | Drei Tage lang haben Delegierte aller 193 Mitgliedstaaten der | |
Vereinten Nationen über Neuansätze der Drogenpolitik diskutiert, aber | |
herausgekommen ist dabei fast nichts. Die Sondersitzung der | |
Generalversammlung war auf Initiative dreier lateinamerikanischer Länder | |
schon jetzt zustande gekommen: Mexiko, Guatemala und Kolumbien verlangten | |
eine Vorverlegung der ursprünglich erst für 2019 vorgesehenen Sitzung. | |
Der Grund liegt auf der Hand: Die derzeitige, vom sogenannten Krieg gegen | |
die Drogen geprägte Drogenpolitik hat für diese Länder besonders | |
verheerende Folgen gezeitigt. Tausende Menschen sind ums Leben gekommen, | |
die Macht der Kartelle untergräbt Rechtsstaat und Demokratie. | |
Aber auch in den Konsumentenländern sind sich Experten längst einig, dass | |
eine Kriminalisierung des Drogenkonsums nicht nur sinnlos ist, sondern | |
Schaden anrichtet. | |
So richteten sich denn große Erwartungen an die New Yorker Konferenz. Doch | |
schon die Art der Vorbereitung zeigte, dass das nichts werden würde. Statt | |
von der Generalversammlung selbst wurde das Abschlussdokument am Sitz und | |
unter Federführung der UN-Drogenbehörden in Wien vorbereitet – hinter | |
verschlossenen Türen. | |
## Vetorecht für Bremserstaaten | |
Die unzähligen Eingaben von Nichtregierungsorganisationen und Ländern, die | |
auf einem Umdenken bestehen, fanden keinen Eingang in das Ende März | |
vorgelegte Papier. Das Konsensprinzip, das sich die UN – anders als bei | |
sonstigen Entscheidungen der Generalversammlung – in Drogenfragen auferlegt | |
hat, gab den Bremserstaaten ein Vetorecht. Etwa jenen wie China, Iran oder | |
Indonesien, die für Drogendelikte die Todesstrafe verhängen. | |
Im Abschlussbericht werden weder die verheerenden Folgen eines über 50 | |
Jahre verfehlten bisherigen Ansatzes benannt, noch die wichtigsten Ansätze | |
einer entkriminalisierenden Drogenpolitik, wie etwa Schadensreduzierung | |
(harm reduction), zum Beispiel durch kontrollierte Abgabe, Bereitstellung | |
von Spritzbesteck oder Druckräumen. | |
Und so zeigten sich die prominenten Mitglieder der 2011 ins Leben gerufenen | |
unabhängigen Global Commission on Drug Policy bei einer abschließenden | |
Pressekonferenz überaus enttäuscht. Die Kanadierin Louise Arbour etwa, die | |
frühere UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, verwies darauf, dass es | |
mitnichten radikal sei, auf einen kontrollierten und regulierten | |
Drogenmarkt zu drängen – radikal sei vielmehr, angesichts all der | |
Erfahrungen auf einem Totalverbot zu bestehen. | |
Die Regierung ihres Heimatlands immerhin sorgte bei der Konferenz erneut | |
für positive Schlagzeilen: Gesundheitsministerin Jane Philpott erklärte am | |
Mittwoch vor dem Plenum, im kommenden Frühjahr werde Kanada Gesetze zur | |
Legalisierung und Regulierung von Cannabis vorlegen – als zweites Land nach | |
Uruguay. | |
21 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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