# taz.de -- Kostenpflichtige Parkplätze: Blechen lohnt sich! | |
> In immer mehr Vierteln müssen Autofahrer jetzt Parkgebühren bezahlen. | |
> Bezahlparkplätze sind dabei nur Symptom für die wachsende Stadt: Es wird | |
> eng auf unseren Straßen. | |
Bild: Wer kein Geld für Strafzettel hat, steigt eher in die Bahn. | |
Ein groteskes Bild: Würde man alle in Berlin zugelassenen Autos und | |
Lastwagen Tür an Tür, Stoßstange an Stoßstange parken, dann bräuchte man | |
dafür eine Fläche so groß wie 1.740 Fußballfelder. Das hat die | |
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ausgerechnet. Eine solche gigantische | |
Blechwüste wäre beängstigend – und ist doch gar nicht so weit weg von der | |
Wirklichkeit. Denn diese Fläche belegen die parkenden Autos ja tatsächlich, | |
nur eben auf viele Straßen verteilt. | |
In Zeiten einer wachsenden Stadt wird das zum Problem. Mit den Menschen | |
kommen neue Autos, in den Innenstadtbezirken findet man nur noch schwer | |
einen Parkplatz. Im Schritttempo schleichen die Wagen dann um die Ecken, | |
immer auf der Suche nach der nächsten Lücke. | |
Es wundert also nicht, dass Parkraumbewirtschaftung an Bedeutung gewinnt. | |
In vielen Vierteln müssen Autofahrer schon jetzt zwischen einem und drei | |
Euro pro Stunde für das Abstellen ihres Pkw bezahlen. Weitere Zonen sind im | |
Gespräch: So will Friedrichshain-Kreuzberg in der Bergmannstraße und in der | |
Oberbaum-City bald Parkscheinautomaten aufstellen lassen. Gut möglich, dass | |
es in ein paar Jahren in der ganzen Innenstadt keine kostenfreien | |
öffentlichen Parkplätze mehr gibt. | |
Die Schimpftiraden von Autofahrern lassen angesichts solcher Szenarien | |
nicht auf sich warten. Auch in der taz-Redaktion echauffierte sich ein | |
Kollege, das sei doch Abzocke. Der Staat haue sich damit nur die Taschen | |
voll. | |
Dabei regulieren die Bezirke eigentlich nur den Verkehr. Wenn das Parken | |
des Pkw zu teuer wird, nutzen mehr Menschen Bus und Bahn. Die unsichtbare | |
Hand des Staates sorgt dafür, dass zahlreiche Autos gar nicht erst im Kiez | |
aufkreuzen. Weil man deshalb nun schneller eine Parklücke findet, | |
verschwindet auch der nervige Suchverkehr. Und wenn die Verwaltung auf | |
diese Weise zudem Geld einnimmt, das sie zum Beispiel in die Sanierung von | |
Schulen stecken kann – warum nicht? Auch mit unbeliebten Knöllchen kann man | |
gute Politik machen. | |
Die kostenpflichtigen Parkplätze sind dabei nur das Symptom einer größeren | |
Veränderung: Es wird eng in Berlin. „Wir können das Wachstum der Stadt | |
nicht mit dem Auto bewältigen“, sagte Stadtentwicklungssenator Andreas | |
Geisel (SPD) kürzlich auf einer Veranstaltung. Der Ausbau des öffentlichen | |
Nahverkehrs und des Radverkehrs würden in den nächsten Jahren enorm an | |
Bedeutung gewinnen, prophezeite er. | |
Für Autofahrer wird es in der Innenstadt also ungemütlich. Angesichts der | |
Wohnungsknappheit dürfte manch ein Parkplatz auch einem Neubau weichen. | |
Wenn der für 2017 angestrebte Fahrrad-Volksentscheid Erfolg hat, muss der | |
Senat zudem innerhalb weniger Jahre 200.000 Abstellmöglichkeiten für | |
Fahrräder schaffen. Das ginge ebenfalls auf Kosten der Pkws. Und wer weiß: | |
Vielleicht werden mit der wachsenden Stadt noch ganz andere Ideen | |
salonfähig: zu Radspuren umfunktionierte Parkflächen; Carsharing auch von | |
Privatwagen; ein kostenloser öffentlicher Nahverkehr für alle; gänzlich | |
autofreie Stadtviertel – der Fantasie sind auf der Straße keine Grenzen | |
gesetzt. | |
Aber zurück zur Realität. Der Senat hat ausgerechnet, dass nur jeder Dritte | |
hierzulande ein Auto besitzt. Damit hat Berlin die niedrigste | |
Motorisierungsrate aller deutschen Großstädte. Immerhin: Die | |
Ausgangsbedingungen für einen Umbau der Stadt zur Bus-Bahn-Rad-Metropole | |
könnten schlechter sein. | |
Welche Bezirke Parkgebühren planen und wie viel man wo zahlen muss lesen | |
Sie in der taz.am wochenende. | |
17 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
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