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# taz.de -- Schallschutz: Wenn Musik von Lärm umringt wird
> Weil sich AnwohnerInnen über die Lautstärke beschwert haben, musste die
> Astra-Stube vorübergehend schließen.
Bild: Die kleine Astra-Stube sieht ganz friedlich aus: Aber den AnwohnerInnen i…
Fährt ein Güterzug über die Sternbrücke, wackelt in der darunter liegenden
Astra-Stube alles. Gespräche frieren für einen Moment ein, weil man vor
Lärm das eigene Wort kaum versteht. ICE sind nicht ganz so schlimm, die
gehen beinahe im allgemeinen Lautstärkepegel unter. Die S-Bahn fährt im
Minutentakt über die alte Eisenbahnbrücke, während unten Lastwagen über die
Stresemannstraße donnern, Busse an der Kreuzung zur Max-Brauer-Allee halten
und ächzend und quietschend wieder anfahren, dazwischen brausen Autos und
Motorräder vorbei – Großstadtverkehr eben an einer der meistbefahrenen
Kreuzungen Hamburgs.
Ausgerechnet die Astra-Stube, der kleine Musikclub unter der Brücke, kriegt
jetzt Probleme mit der Schallbegrenzung. AnwohnerInnen haben sich mehrmals
über die Lautstärke beschwert, die von den Live-Konzerten in ihre Wohnungen
schallt. Am Montagabend stand während eines Stoner-Rock-Konzerts die
Polizei auf der Matte, alarmiert von einer Nachbarin aus der Wohlersallee –
gut 40 Meter von der Astra-Stube entfernt auf der anderen Straßenseite.
Obwohl es noch vor 23 Uhr war, und der Club laut Konzession bis 24 Uhr
Live-Musik machen darf, brachen die VeranstalterInnen das Konzert ab. Tags
darauf sagten sie via Facebook alles bis zum Wochenende ab. Als Grund gaben
sie an, Schallisolierungsarbeiten vornehmen zu wollen.
## Erheblicher Kostenfaktor
Für den Verein Astrastube e.V., der den Club unkommerziell betreibt,
bedeutet das einen erheblichen Kostenfaktor – zumal sie den Laden nach
ihrer Übernahme im Dezember gerade renoviert haben. „Aber da ging es eher
um Verschönerung“, sagt Lion Isele vom Verein. Jetzt müssen sie die Tür
verstärken, Resonanzkörper mit Dämmwolle füllen, ein Fenster mit Holz
verrammeln und schallschluckende Stoffe anbringen.
Ob diese Maßnahmen überhaupt einen Unterschied machen, bei all dem Lärm an
der Kreuzung? „Keine Ahnung“, sagt der 26-jährige Isele schulterzuckend.
„Aber wir müssen die Beschwerden ernst nehmen – wir wollen keinen Streit
mit niemandem.“ Um Geld zu sparen, macht das zehnköpfige
BetreiberInnenkollektiv fast den ganzen Umbau selbst. Und das nach ihrer
eigentlichen Arbeitszeit, denn zum Geldverdienen arbeiten sie woanders.
Dass es schwierig ist, den Laden überhaupt kostendeckend zu betreiben,
wussten die Party-IdealistInnen von Anfang an. Profit kann man mit der
Astra-Stube nicht machen, sie ist eher so ein Liebhaber-Ding.
Da schmerze es schon, wenn sich Leute beschwerten und die Polizei
schickten, obwohl man sich immer brav an alle Auflagen gehalten habe, sagt
Isele. Ein wenig lächerlich sei es auch, sich inmitten des Verkehrslärms
über den Musikclub zu beschweren. Aber was bleibe ihnen anderes übrig, als
die Beschwerde ernst zu nehmen? Auch wenn es nicht konkret angedroht worden
sei: Die Schließung des Clubs, also die Kündigung der Räume durch die
Deutsche Bahn, sei ein Szenario, dass es unter allen Umständen zu
verhindern gelte.
Dabei sind die Tage der Astra-Stube ohnehin gezählt. Spätestens 2020,
vielleicht schon 2017, will die Deutsche Bahn die alte Eisenbahnbrücke
sanieren und die darunterliegenden Räume zubetonieren – das ist dann das
Ende für alle Clubs, die die Räumlichkeiten mieten und bespielen. Bis dahin
wollen die BetreiberInnen die Astra-Stube in einem möglichst entspannten
Verhältnis mit ihrer Nachbarschaft betreiben. Wenn alle
Schallschutzmaßnahmen umgesetzt sind, will der Verein deshalb die
AnwohnerInnen zum Austausch einladen. Isele sagt: „Wir werden eine peacige
Lösung für alle finden.“
15 Apr 2016
## AUTOREN
Katharina Schipkowski
## TAGS
Gentrifizierung
Lärm
Deutsche Bahn
Hamburg
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