Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Belgien nach den Anschlägen: Der Esprit von Brüssel
> Europas Hauptstadt lässt sich nicht unterkriegen. Statt nationalistischem
> Pathos prägen Humor und Hohn die Reaktionen auf die Anschläge.
Bild: Alles ewas weniger hochtrabend als in Paris: Brüssel am Mittwoch
BRÜSSEL taz | Kerzen. Stofftiere. Blumen, viele Blumen. Über tausend
Menschen stehen auf dem Börsenplatz in Brüssel und drücken ihre Gefühle
durch Mitbringsel aus, die sie auf den Boden legen – Touristen, aber auch
viele Belgier.
Auf dem Boden, am Dienstagabend ausnahmsweise nicht regennass, ist ein
Kaleidoskop von Bildern und Parolen zu bewundern, in Kreide gemalt und in
den Stunden zuvor scheinbar spontan entstanden. „Je suis Bruxelles – Ik ben
Brussel“ steht da, „Partage ton amour!“, „BXLove“ oder auch „Bruxel…
belle“, der bekannte Songtitel des Niederländers Dick Annegarn aus den
1970er Jahren im Stil des berühmtesten belgischen Musikers Jacques Brel –
übrigens ein Lied, das von Enttäuschung mit Paris handelt.
Europas Hauptstadt lässt sich nicht unterkriegen. In Karikaturen löscht
Brüssels Wahrzeichen, der „Manneken Pis“, einen Sprengsatz mit seinem
Urinstrahl. Eine einfachere Variante zeigt die Springbrunnenfigur des
pissenden Männchens mit der Legende „still pissing“, in einer anderen
wendet er sich während seines Geschäfts an einen Terroristen und sagt:
„Hier, ein Geschenk aus Belgien“.
Der leicht surrealistische Bezug der Brüsseler zum Leben und zum Alltag
prägt die Reaktionen auf die Terroranschläge vom 22. März. Es sieht auf den
ersten Blick aus wie in Paris in den Tagen nach dem Attentat auf Charlie
Hebdo im Januar 2015. Man sammelt sich auf einem zentralen Platz. Man will
sich zeigen. Man will Öffentlichkeit herstellen. Man will nicht zuhause
hocken, gelähmt von der Angst.
In Paris war das vorherrschende Gefühl das der Unbeugsamkeit, des
Widerstands: „Paris wird immer Paris bleiben“. Hier in Brüssel gibt es das
auch, aber man präsentiert es ironischer, weniger hochtrabend. Auch im Leid
lacht man, und zwar auch über sich selbst. Eine in Brüssel lebende
Französin bringt es auf den Punkt: „Wir pissen ihnen (den Terroristen) in
den Arsch. Im Zick-Zack.“
## Terror im Land Magrittes
„Ich bin gekommen, um zu sagen: Scheiße! Das lassen wir uns nicht bieten!“,
sagt auf dem Platz eine blonde Frau mittleren Alters. Ein junges Mädchen
ruft: „Wir nehmen das nicht einfach hin! Wir verteidigen unsere Stadt – wir
feiern weiter!“
Brüssel hängt an dem, was man hier guindaille nennt, eine etwas anarchische
und völlig harmlose Dauerfete. Es geschehen erstaunliche Dinge. Ein
marokkanischer Taxifahrer fährt den ganzen Tag kostenlos Anschlagsopfer.
Der Terror ist ins Land von René Magritte gekommen und das soll er merken.
Der Esprit von Brüssel, gutmütiger und humoriger als der Pariser, lässt
sich nicht wegbomben. Auf den Punkt bringt es die in rosa gemalte Parole
„même pas peur“ (Keine Angst!). Am meisten verbreitet, sogar im Fernsehen,
ist die Hand aus Fritten, deren mittlere den Stinkefinger zeigt.
Sicher, die panischen Schreie der in der explodierten U-Bahn von Maelbeek
eingekeilten Verletzten hat jeder noch im Ohr, jetzt kommt die Zeit der
Trauer und der Tränen. Aber vorher noch kommt der Widerstand, durch
Schulterschluss und Hohn.
23 Mar 2016
## AUTOREN
François Misser
## TAGS
Schwerpunkt Islamistischer Terror
Brüssel
Belgien
Terrorismus
USA
Schwerpunkt Islamistischer Terror
Brüssel
Belgien
Schwerpunkt Islamistischer Terror
Schwerpunkt Islamistischer Terror
## ARTIKEL ZUM THEMA
US-Reaktionen auf Terror in Brüssel: Trumps Angstmacherei
Nach den Anschlägen sieht sich Donald Trump in seiner Idee der
geschlossenen Grenzen bestätigt. Hillary Clinton widerspricht seiner
Ideologie.
TV-Nachrichtendramaturgie und Brüssel: Tote, Rauch und Synthieklänge
Einige Sendungen unterlegen die Bilder zu den Brüsseler Anschlägen mit
Soundtracks. Das sendet die falsche Botschaft an Täter und Opfer.
Anschläge von Brüssel und Paris: Die Hinweise verdichten sich
Wurden die Anschläge in Paris und Brüssel von derselben Terrorzelle
geplant? Vieles weist darauf hin. Indes debattieren Europas Politiker über
Sicherheit.
Pressestimmen zu Brüsseler Anschlägen: „Einigkeit macht stark“
Von bestürzt bis kämpferisch schwanken die Kommentare der internationalen
Medien zu den Brüsseler Anschlägen weltweit. Ein Überblick ...
Kommentar Terror und Schuldzuweisung: Brüssels fataler Fehler
Die Attentate zeugen von Sicherheitsproblemen. Doch die beschränken sich
nicht auf Molenbeek in Brüssel – morgen kann es auch Deutschland treffen.
Belgische Medien berichten: Bruderpaar verübte Anschläge
Als wahrscheinliche Urheber des Terrors von Brüssel werden zwei Brüder
identifiziert. Eine erste Festnahme wurde nicht bestätigt. Europa trauert.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.