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# taz.de -- Anschläge von Brüssel und Paris: Die Hinweise verdichten sich
> Wurden die Anschläge in Paris und Brüssel von derselben Terrorzelle
> geplant? Vieles weist darauf hin. Indes debattieren Europas Politiker
> über Sicherheit.
Bild: Trauer in Brüssel
Brüssel ap/afp | Nach den Anschlägen von Brüssel zeichnet sich immer
deutlicher eine Verbindung zum Terrorangriff in Paris vor fünf Monaten ab.
Die Staatsanwaltschaft identifizierte am Mittwoch die Brüder Ibrahim und
Khalid El Bakraoui als zwei der drei Selbstmordattentäter, die am Dienstag
am Brüsseler Flughafen und in der U-Bahn 31 Menschen getötet und mehr als
200 verletzt hatten. Die Täter gehörten womöglich zur gleichen Terrorzelle
wie der vergangene Woche verhaftete mutmaßliche Paris-Attentäter Salah
Abdeslam.
Ibrahim El Bakraoui habe sich am Flughafen gemeinsam mit einem weiteren,
zunächst nicht identifizierten Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt,
sagte Staatsanwalt Frédéric Van Leeuw. Nach einem dritten Mann, der
gemeinsam mit den beiden auf Überwachungsvideos zu sehen ist, werde noch
gefahndet. Dessen Sprengsatz sei erst explodiert, als bereits das
Entschärfungskommando im Flughafen gewesen sei, sagte Van Leeuw. Der
Flüchtige habe die größte Sprengladung bei sich gehabt, es sei aber niemand
verletzt worden.
Neben ihm könnten noch mehrere weitere Personen mit Verbindungen zu den
Anschlägen auf der Flucht sein, sagte Paul Van Tigchelt von der belgischen
Abteilung für Terrorabwehr. Es blieb bei der höchsten Terrorwarnstufe. Im
ganzen Land wurde eine Schweigeminute für die Opfer abgehalten, die
Staatstrauer gilt noch bis Freitag.
## Eindeutige Verbindung zu Abdeslam
Der zweite Bruder, Khalid El Bakraoui, sprengte sich laut
Staatsanwaltschaft in der U-Bahnstation in die Luft. Über ihn gibt es dem
belgischen Fernsehsender RTBF zufolge eine eindeutige Verbindung zu
Abdeslam. Denn er habe unter falschem Namen nicht nur eine Wohnung im
Pariser Vorort Charleroi gemietet, in der die Attentate vorbereitet wurden.
Er sei auch der Mieter der Brüssler Wohnung, die von der Polizei vergangene
Woche durchsucht worden sei und die Ermittler auf die Spur von Abdeslam
gebracht habe, berichtete der Sender.
Ein belgischer Ermittler sagte, es sei eine „plausible Hypothese“, dass
Abdeslam nicht nur für die Anschläge in Paris mitverantwortlich war,
sondern dass er auch Teil der Zelle war, die nun in Brüssel zuschlug. Zu
beiden Anschlägen bekannte sich die Terrormiliz „Islamischer Staat“. Eine
für Mittwoch geplante Anhörung von Abdeslam in Brüssel wurde auf Donnerstag
verschoben.
Die zweite Verbindung nach Paris war der Sprengstoff, den Brüssler
Ermittler nach den Anschlägen in der Wohnung der Brüder fanden. Bei den 15
Kilogramm TATP handele es sich um dieselbe Art, die auch in Paris verwendet
worden sei, hieß es von der Staatsanwaltschaft.
Bei einer Razzia im Viertel Schaerbeek entdeckten die Ermittler auch einen
Laptop, auf dem das Testament von Ibrahim El Bakraoui abgespeichert war,
wie Staatsanwalt Van Leeuw sagte. Darin habe der Attentäter geschrieben,
dass er sich nicht mehr sicher fühle und fürchte, ins Gefängnis zu kommen.
Belgische Medienberichte, wonach der flüchtige Verdächtige vom Flughafen
Najim Laachraoui sein soll, bestätigten sich zunächst nicht. Der Mann, nach
dem bereits seit vergangener Woche gefahndet wird, wäre eine weitere
eindeutige Verbindung nach Paris. Denn Laachraoui soll die
Sprengstoffgürtel für die Attentäter angefertigt haben, die im November in
Paris 130 Menschen töteten. Laachraouis DNA wurde nach Angaben aus
Ermittlerkreisen auf allen Gürteln sowie in einer Brüsseler Wohnung
gefunden, wo sie offensichtlich hergestellt wurden.
## Sicherheitsdebatte in Europa
Unterdessen haben die Anschläge in Europa eine neue Sicherheitsdebatte
entfacht. EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos mahnte am Mittwoch mehr
Austausch von Geheimdienstinformationen an, um der Bedrohung durch
religiösen Extremismus zu begegnen. Jetzt müssten alle Mitgliedstaaten
zusammenarbeiten, sagte er. Sie müssten sich gegenseitig vertrauen und über
die Polizeibehörde Europol Erkenntnisse teilen.
Bundesinnenminister Thomas de Mazière hatte bereits am späten Dienstagabend
ebenfalls für einen einfacheren Informationsaustausch geworben. Angesichts
der Terrorgefahr müssten Datenschutzargumente überdacht werden, sagte er
dem Sender RTL.
Der französische Premierminister Manuel Valls appellierte an die Partner in
der EU, massiv in Sicherheitsvorkehrungen und Terrorabwehrmaßnahmen zu
investieren. Es werde mehr Geld für Personal und Technologie gebraucht, um
drohende Gefahren abzuwehren.
Valls mahnte auch das Europäische Parlament, möglichst rasch die
umstrittene Speicherung und Auswertung europäischer Fluggastdaten zu
genehmigen. „Das Europäische Parlament hat zu lange gewartet, um diesen
Text zu billigen. Es muss ihn prüfen und im April annehmen, es ist Zeit“,
sagte Valls.
Doch will Valls die Fußballeuropameisterschaft in Frankreich nicht in Frage
stellen. „Die großen, beliebten Ereignisse sind unersetzlich, um zu zeigen,
dass wir ein freies Volk sind, dass wir uns nicht fürchten“, sagte er. Auch
die Tour de France werde stattfinden.
Das Fußball-Freundschaftsspiel zwischen Belgien und Portugal, das
ursprünglich am kommenden Dienstag in Brüssel stattfinden sollte, wird
jetzt jedoch in Portugal ausgetragen. Das gab der portugiesische
Fußballverband (FPF) am Mittwoch bekannt. Vorausgegangen war die Absage des
Spiels durch den belgischen Fußballverband in Folge der Anschläge von
Brüssel.
23 Mar 2016
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