# taz.de -- Obdachlose in Berlin: Die Kältehilfe hat geholfen | |
> Diakonie und Caritas ziehen eine positive Bilanz der Winterhilfe und | |
> loben zudem den Senat. Nun ist ein neues Heim für Familien geplant. | |
Bild: Ein Mitarbeiter bereitet im Nachtcafé „Zum Guten Hirten“ eine Notunt… | |
Noch nie gab es so viele Schlafplätze in der Kältehilfe wie in diesem | |
Winter. 760 Schlafplätze pro Nacht haben die in der Kältehilfe | |
zusammengeschlossenen Träger im Durchschnitt anbieten können, 226 mehr als | |
im vorigen Jahr. Die Kehrseite dieser guten Nachricht, die Caritas und | |
Diakonie zum Abschluss der Saison am Donnerstag verkündeten, ist jedoch, | |
dass „trotz eines milden Winters der Bedarf an Kältehilfeplätzen weiter | |
zunimmt“, wie Caritasdirektorin Ulrike Kostka sagte. Noch nie habe es so | |
eine hohe Belegung gegeben, noch nie seien so viele Angebote nötig gewesen. | |
„Immer mehr Menschen in Berlin sind obdachlos“, so Kostka. Man gehe | |
inzwischen von mindestens 3.000 Menschen auf der Straße aus. | |
Seit 1989 bieten Berliner Wohlfahrtsverbände und Kirchengemeinden in den | |
Wintermonaten von Anfang November bis Ende März Übernachtungsangebote für | |
Wohnungslose an. In dieser Saison gab es 35 Anbieter, die 22 | |
Notübernachtungen und 13 Nachtcafés betrieben. Dazu fuhren zwei Wärmebusse | |
und ein Arzt-Mobil durch die Stadt. Von der Senatsverwaltung für Gesundheit | |
und Soziales bekommen die Träger den seit Jahren unveränderten Satz von 15 | |
Euro pro Platz. Dies sei viel zu wenig, erklärte Diakonie-Direktorin | |
Barbara Eschen. „Damit können die Kosten bei weitem nicht gedeckt werden.“ | |
Nötig seien bis zu 25 Euro, um die Träger zu entlasten, die die Differenz | |
mühsam über Spenden finanzieren müssten. | |
## Keine Konkurrenz | |
Zu Beginn der Saison hatten Caritas und Diakonie Befürchtungen geäußert, es | |
könne wegen der vielen Flüchtlinge in der Stadt zu einer | |
Konkurrenzsituation um die raren Schlafplätze kommen. Dies sei | |
erfreulicherweise nicht geschehen, lobte Kostka die Sozialverwaltung, vor | |
allem, weil die zugesagte Telefon-Hotline zur Koordinierungsstelle für | |
Flüchtlingshilfe tatsächlich reibungslos funktioniert habe. Erfüllt habe | |
die Politik in diesem Winter auch eine langjährige Forderung der | |
Kältehilfe, so die Caritas-Chefin: eine eigene Unterbringungsmöglichkeit | |
für obdachlose Familien mit Kindern. Diese bestand aus vier Zimmern mit je | |
sechs Betten in einem Flüchtlingsheim in Charlottenburg. | |
Und noch eine gute Nachricht konnten Caritas und Diakonie verkünden: Es | |
gibt ab diesem Jahr eine zusätzliche Million Euro, mit denen zwei neue | |
ganzjährige Notunterkünfte für Frauen, eine gemischtgeschlechtliche | |
Unterkunft und eine für Familien mit Kindern aufgebaut und betrieben werden | |
sollen. Außerdem soll mit dem Geld das Projekt Frostschutzengel, das sich | |
vorwiegend um osteuropäische Wohnungslose kümmert, dauerhaft finanziert | |
werden. | |
Die Sprecherin von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) bestätigte der taz, die | |
Mittel kämen zusätzlich aus dem Landeshaushalt. Wo genau die | |
Familienunterkunft entstehen wird, sei noch unklar, fest stehe aber, dass | |
sie rund 30 Plätze groß sein solle. Das Konzept für die Einrichtung hat die | |
Diakonie laut Eschen bereits erarbeitet. Wichtig sei vor allem, dass in dem | |
Haus eine Clearingstelle die Ursachen der Obdachlosigkeit klärt „und die | |
Familien schnell weitervermittelt“. | |
Insgesamt stellte Eschen fest, dass der angespannte Wohnungsmarkt „und die | |
teilweise rigide Räumungspolitik“ vieler Vermieter dazu führten, dass | |
Menschen schneller wohnungslos würden. „Wohnungspolitik bleibt das Thema | |
Nummer 1.“ | |
31 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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