Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Frauen-Demonstration in der Türkei: „Lauf, Tayyip, die Frauen ko…
> Der Frauenmarsch in Istanbul war verboten worden. Mehrere Tausend kamen
> trotzdem. Und kritisierten vor allem Erdogans Positionen.
Bild: Erdogans Frauenbild? Finden die Demonstrantinnen in Istanbul am Dienstaga…
Istanbul taz | Wasserwerfer, Gummigeschosse und jede Menge Tränengas – das
ist es, was DemonstrantInnen normalerweise in der Türkei erwartet. [1][So
war es am Sonntag], als mehrere Hundert Frauen in Istanbul den
Internationalen Frauentag begehen wollten. Und damit rechnen auch die
Frauen, die sich am Dienstagabend vor dem französischen Kulturinsitut am
Taksim-Platz zum traditionellen Nachtmarsch versammeln. Der von der
Regierung eingesetzte Gouverneur hatte den Marsch verboten, aus
Sicherheitsgründen, wie es offiziell hieß.
Mehrere Tausend Frauen – und einige Männer – beeindruckt das nicht. Sie
kommen trotzdem. Und dann geschieht das Überraschende: Die Polizei lässt
sie gewähren. „Vor uns Frauen hat sogar Tayyip schiss“, sagt eine
Teilnehmerin. Tayyip ist der eigentliche Vorname des Präsidenten Recep
Tayyip Erdogan. Seiner Politik gelten auch viele der Banner und Parolen.
„Die Transsexuellen, Lesben und bisexuellen Frauen sind hier! Wo bist du
Tayyip?“ Oder auch: „Der öffentliche Platz gehört uns. Wir schweigen
nicht.“ Andere prangern die weit verbreitete Gewalt gegen Frauen im Land an
aber auch den Krieg, der in den kurdischen Gebieten im Südosten des Landes
bereits Hunderte von Toten gefordert hat.
Daneben gibt es auch viel Heiteres. „Mindestens drei Orgasmen pro Woche“
fordert eine junge Demonstratin auf einem handgeschriebenen Plakat. Eine
andere hat eine Zeichnung dabei: „Sei kein Engel, sei eine Hexe und erhebe
dich.“
Wie Erdogan sich die Rolle der Frauen vorstellt, hatte er Stunden zuvor an
einem Empfang in seinem Palast deutlich gemacht. Eine Frau sei vor allem
eine Mutter, sagte der Präsident. Dabei verstieg er sich zu der Aussage,
Geburtenkontrolle sei ein Versuch, die türkische Nation „auszutrocknen“.
Einmal mehr machte er klar, was er unter Frauenrechten versteht: Kinder,
Küche, Kopftuch.
In dieser Hinsicht hat seine Regierung zahlreiche Verbesserungen für Frauen
geschaffen. Doch was grundlegende Rechte von Frauen betrifft, fällt die
Türkei immer mehr zurück. Laut einer aktuellen Studie von „Umut“
(„Hoffnung“) wurden im vergangenen Jahr mehr als 400 Frauen ermordet, fast
45 Prozent aller Frauen wurden Opfer von sexueller Gewalt und in einer
Umfrage von „Gezici“ sagten 41 Prozent aus, sie seien in der Ehe
vergewaltigt worden.
Auch deswegen ziehen die Frauen am Dienstagabend laut lärmend mit
Trillerpfeifen durch die Istiklal-Straße, der zentralen Einkaufsmeile von
Istanbul. „Lauf, Tayyip, lauf, die Frauen kommen“, skandieren sie immer
wieder. Gelegentlich lächelt da sogar einer der Polizisten, die an mehreren
Straßenecken positioniert sind.
9 Mar 2016
## LINKS
[1] /Weltfrauentag-in-der-Tuerkei/!5284241
## AUTOREN
Inga Rogg
## TAGS
Schwerpunkt Türkei
Frauen
Frauenrechte
Recep Tayyip Erdoğan
Geburtenrate
Schwerpunkt Türkei
EU-Beitritt
Faschismus
Schwerpunkt Türkei
Schwerpunkt Türkei
## ARTIKEL ZUM THEMA
Autoritäre Staaten brauchen viele Babys: Vermehrt euch!
Über Häschen-Videos und islamische Aufklärung. Die polnische PiS-Regierung
und Erdoğans AKP machen Sexpolitik.
First Lady der Türkei: Die Frau des neuen Sultans
Emine Erdoğan hat den Harem wiederentdeckt. Der ist natürlich kein
Sündenpfuhl. Sondern ein Ort, an dem die gute Türkin alles übers Nähen
lernt.
Kommentar Verhandlungen EU-Türkei: Die wahren Probleme des Deals
Bei den Verhandlungen um die Flüchtlingskrise drängt die Türkei wieder auf
den EU-Beitritt. Das ist weder unverschämt noch unmoralisch.
Neue Biografie über Mussolini: Niemals ein Löwe
Faschismus – davon hört man jetzt wieder öfter. Eine neue Biografie über
den Diktator geht den Ursprüngen der mörderischen Ideologie nach.
Debatte um EU-Beitritt der Türkei: Ein sehr privilegierter Partner
Plötzlich ist wieder von der Aussicht auf einen EU-Beitritt der Türkei die
Rede. Doch das ist reine Augenwischerei. Denn den will in Wirklichkeit
niemand.
Weltfrauentag in der Türkei: Gummigeschosse gegen Frauen-Demo
In Istanbul gab es erste Proteste zum Weltfrauentag. Hunderte Frauen
versammelten sich – bis es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der
Polizei kam.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.