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# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Benin: Frankreich verliert Wahl
> Der schwerreiche Geschäftsmann Patrice Talon setzt sich gegen den
> Favoriten Lionel Zinsou durch. Dem wird seine Herkunft zum Verhängnis.
Bild: Marktfrauen in Cotonou unterstützen Talon, den Mann des Geldes
COTONOU taz | Die ersten Feiernden waren schon zwei Stunden nach Schließung
der Wahllokale in Benins Wirtschaftsmetropole Cotonou unterwegs – zu Fuß
oder auf den Mopeds, aber immer ziemlich laut. „Talon hat gewonnen, Talon
hat gewonnen“, brüllten sie in die Dunkelheit hinein.
Offiziell war das Ergebnis der Stichwahl um das Präsidentenamt zwar in der
Nacht zum Montag längst noch nicht. Die Wahlkommission hatte
vorsichtshalber verkündet, dass dem Verfassungsgericht eine Woche für das
amtliche Endergebnis bleibt, vorher sollte es nicht einmal eine
Hochrechnung geben.
Doch den Sieger der ersten Wahlrunde, Lionel Zinsou, störte das wenig. Er
rief seinen Herausforderer Patrice Talon bereits am späten Abend an, um
diesem zu seiner Wahl zu gratulieren und gleichzeitig seine eigene
Niederlage einzugestehen.
Mittlerweile heißt es, dass Zinsou lediglich rund 35 Prozent der Stimmen
geholt haben soll. Dabei hatte der bisherige Premierminister und Banker im
ersten Wahlgang vor zwei Wochen mit 28 Prozent noch vorn gelegen. Talon,
der schwerreiche Geschäftsmann, landete nur auf Platz zwei.
Zwischenzeitlich hatte es sogar Spekulationen gegeben, dass Sebastién
Ajavon, der seine Millionen unter anderem mit dem Verkauf von
Tiefkühlhähnchen verdient hat, in die Stichwahl einziehen könnte. Doch
nachdem das Duell Zinsou gegen Talon offiziell wurde, kündigten 24 der 33
Kandidaten aus dem ersten Wahlgang an, sich hinter Talon zu stellen.
## In Frankreich geboren – das geht nicht
Die Schadenfreude der Talon-Anhänger ist nun unüberhörbar. „Jetzt muss er
wohl die Heimreise antreten“, lästern sie über Zinsou und machen eines
seiner großen Mankos in diesen Wahlkampf deutlich.
Der Frankobeniner, 1954 in Paris geboren von einer französischen Mutter,
war erst im vergangenen Jahr von Benins damaligem Präsidenten Boni Yayi in
die Heimat seines Vaters geholt worden, um Yayis Erbe anzutreten. In Benin
wird Zinsou deshalb mehr als Franzose angesehen, der der einstigen
Kolonialmacht durch die Hintertür zu mehr Einfluss hätte verhelfen können.
Kinder fingen plötzlich an, Europäern auf der Straße „Zinsou“
hinterherzurufen. Eigentlich schreien sie normalerweise „Yovo“, so heißt
„Weißer“ auf Fon, der am meisten gesprochenen Sprache des Landes.
Zinsou ist allerdings auch deshalb für viele nicht wählbar gewesen, weil er
das alte System von Yayi fortführen sollte. Vor zehn Jahren war der
scheidende Präsident noch Hoffnungsträger, heute steht er für einen
kaputtgewirtschafteten Staat. Die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch, die
schwer in Zahlen zu fassende Korruption ist Alltag. Das Wort „gaspillage“
(Verschwendung) fällt immer wieder, wenn über staatliche Einrichtungen
gesprochen wird.
Niemand traute Zinsou zu, sich gegen Yayi zu stellen und für einen
politischen Bruch zu sorgen.
## Patrice Talon, vom Finanzier zum Giftmischer
Die Hoffnungen ruhen nun jedoch auf jemandem, der viel stärker als Zinsou
mit dem System verbandelt ist. Der Baumwollhändler Talon, dessen Vermögen
auf 400 Millionen Euro geschätzt wird, finanzierte beide Wahlkämpfe von
Boni Yayi. Als dieser ihn aufforderte, die Parlamentarier mithilfe einer
Zahlung im hohen fünfstelligen Bereich zu einer Verfassungsänderung und
einer dritten Amtszeit für ihn zu bewegen, lehnte Talon das ab.
Der Noch-Präsident warf ihm anschließend vor, ein Komplott zu seiner
Vergiftung geplant zu haben.
Talon rettete sich nach Frankreich und konnte erst nach drei Jahren
zurückkehren. Jetzt beerbt er seinen ehemaligen Spendenempfänger und
Intimfeind. Einen schöneren Rachefeldzug dürfte es für den Baumwollbaron
wohl nicht geben.
21 Mar 2016
## AUTOREN
Katrin Gänsler
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