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# taz.de -- Abriss oder Sanierung: Eine Chance für den „Schandfleck“
> Einstimmig sprechen sich Experten bei einer Anhörung für eine Neuauflage
> des Ausschreibungsverfahrens um die „City Hof-Hochhäuser“ aus.
Bild: Die Hochhausgruppe „City Hof“, von Nordosten aus gesehen.
HAMBURG taz | Die Tage von Hamburgs am heftigsten umstrittenen Denkmal
schienen schon gezählt: Die Stadt will die vier „City-Hof“-Hochhäuser am
Hauptbahnhof an einen Investor verkaufen, der sie abreißen will und auf dem
Areal neu bauen möchte. Nun haben sich in dieser Woche Experten gegen die
Vergabe gestellt und der Bürgerschaft empfohlen, den Verkauf zu stoppen und
neu auszuschreiben.
Abriss und Neubau oder Erhalt und Sanierung des 7.000 Quadratmeter großen
Geländes am Klosterwall – das waren die zwei Möglichkeiten, unter welchen
die Finanzbehörde 2014 das Wettbewerbsverfahren für den unter Denkmalschutz
stehenden City-Hof eröffnet hatte. Von sechs Angeboten, die einen Erhalt
vorsahen, und acht Neubauplänen schafften es drei in die zweite Runde. Dort
wurde das Angebot von Matrix Hochtief und dem Architekten Volkwin Marg, das
einen Erhalt vorsah, aus dem Verfahren ausgeschlossen – mit fadenscheinigen
Argumenten, wie Marg seitdem sagt. Das Neubau-Angebot des Bauunternehmens
Aug. Prien in Höhe von 32,5 Millionen Euro gewann im Oktober 2015 die
Ausschreibung.
Formal hätte nur noch die Kommission für Bodenordnung dem Verkauf zustimmen
müssen. Doch weil die Kritik am Verfahren nicht verstummte, entschied der
Senat auf Betreiben der Grünen-Fraktion, am 31. März die Bürgerschaft
entscheiden zu lassen. Die berief eine Anhörung von sechs Experten im
Stadtentwicklungsausschuss ein, jeweils vorgeschlagen von einer
Bürgerschaftsfraktion. Ergebnis: Alle sechs sprachen sich für eine neue
Ausschreibung aus.
Für die größte Überraschung dürfte dabei der von der SPD nominierte
Kunsthistoriker Hermann Hipp gesorgt haben, der als Befürworter eines
Abrisses galt. Zwar bezeichnet er die City-Hochhäuser als „städtebaulichen
Störfaktor“ und gehört damit zu jenen, die den Komplex nicht für
schutzwürdig halten, doch in der Anhörung wandte er sich nun gegen einen
Abriss. „Und gegen die Privatisierung“, wie Marco Alexander Hosemann von
der Initiative City-Hof hinzufügt.
Architekturstudent Hosemann hat 2014 die „Initiative City-Hof“ für den
Erhalt des Ensembles gegründet. Die Expertenanhörung habe ihm und seiner
Initiative „starke Hoffnung“ gemacht, sagt er.
Mit ihrem Einsatz für das Bauwerk aus den 1950er-Jahren ist die Initiative
nicht allein: Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hatte im Sommer
vergangenen Jahres in einem offenen Brief an Bürgermeister Olaf Scholz
angemahnt, „dass die öffentliche Hand ihrer Vorbildrolle bei der Pflege und
Bauunterhaltung von Nachkriegsbauten vielerorts nicht gerecht werde“.
Darüber hinaus wäre es nicht nur ein „Zeugnis kulturellen
Unverständnisses“, sondern auch ein „Widerspruch zum Bekenntnis der
Welterbekonvention, das kulturelle Erbe zu erhalten“, wenn in unmittelbarer
Nähe zum neuen Unesco-Welterbekomplex aus Kontorhausviertel und Chilehaus
die ebenfalls denkmalgeschützten City-Hochhäuser abgerissen würden.
Genau auf diesen Widerspruch hat auch Berthold Burkhardt als Sprecher des
Internationalen Rats für Denkmalpflege (Icomos) verwiesen. Icomos beteiligt
sich als Berater und Gutachter an der Arbeit des Welterbe-Komitees und an
der Erfüllung der Unesco-Konvention zum Weltkulturerbe. Burkhardt äußerte
sich empört darüber, dass „nicht einmal ein Jahr nach Aufnahme in die
Welterbe-Liste Hamburg nun mit dem Abriss eines Denkmals in der Pufferzone
für Schlagzeilen sorgt“. Es sei nicht ausgeschlossen, dass ein Abriss den
Welterbestatus ernsthaft gefährde, sagte der von den Grünen für die
Anhörung benannte Experte.
## „Die Bürgerschaft muss den Senat stoppen“
Politiker der Opposition lassen bereits ihre Haltung wissen: „Der Senat ist
gut beraten, die Bedenken der Experten ernst zu nehmen und durch die
Wiederaufnahme des Vergabeverfahrens seinem eigenen Denkmalschutzgesetz
endlich Rechnung zu tragen“, sagt Jens Meyer, stadtentwicklungspolitischer
Sprecher der FDP-Fraktion. Er bezeichnet den geplanten Abriss als
„eklatanten Fehler“. Heike Sudmann von der Linksfraktion fordert: „Die
Bürgerschaft kann und muss den Senat stoppen.“
Auch Hosemann von der Initiative City-Hof würde es als „großen Fehler“
empfinden, wenn sich die Bürgerschaft über die Empfehlungen der Experten
hinwegsetzte. Stattdessen sollten die City-Hochhäuser eine zweite Chance
bekommen, indem das Ausschreibungsverfahren neu aufgelegt wird. Dabei
dürften die Pläne nicht unter den Tisch gekehrt werden, nach denen der
City-Hof erhalten oder um- und weitergebaut werden könnte. Ob in privater
oder in städtischer Hand.
4 Mar 2016
## AUTOREN
Darijana Hahn
## TAGS
Stadtplanung
Denkmalschutz
Sanierung
City-Hof
Hamburg
City-Hof
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