# taz.de -- Landesparteitag der Grünen: „Ich habe Respekt vor diesem Wahlkam… | |
> Für die Abgeordnetenhauswahl setzen die Grünen auf ein Viererteam an der | |
> Spitze und haben doch eine Nummer eins: Ramona Pop – im Interview. | |
Bild: Erste unter Gleichen: Ramona Pop, links im Bild, soll Spitzenkandidatin d… | |
taz: Frau Pop, wünschen Sie sich zurzeit manchmal nach Baden-Württemberg? | |
Ramona Pop: Wir freuen uns natürlich, wenn Winfried Kretschmann am Sonntag | |
die Sensation schafft, wieder Ministerpräsident zu werden. Aber Berlin ist | |
meine Heimat. | |
Glaubt man den Umfragen, läuft es in Stuttgart auf Grün-Schwarz hinaus. Das | |
müsste für Sie doch ein Traum sein. | |
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Umfragen bis zum Schluss Umfragen | |
bleiben. Zurzeit fehlen Grün-Rot nur noch ein bis anderthalb Prozentpunkte. | |
In der letzten Woche vor der Wahl kann noch einiges passieren. | |
Jetzt haben Sie nicht beantwortet, ob Grün-Schwarz für Sie ein Traum ist … | |
Ach, ich habe andere Träume, politische Konstellationen gehören nicht dazu. | |
Sie gelten ja wie Kretschmann als Ultra-Reala. Das ist in Berlin mitunter | |
ein hartes Brot. Gibt Ihnen Kretschmanns Erfolg Rückenwind? | |
Ein Erfolg in Baden-Württemberg gibt Rückenwind für alle Grünen. Es zeigt, | |
dass ein Grüner als Ministerpräsident kein Zufall der Geschichte ist, | |
sondern dass grüne Politik eine Mehrheit findet. | |
Am Wochenende beschließen die Mitglieder der Grünen die Liste zur | |
Abgeordnetenhauswahl im September. In Baden-Württemberg liegt der Fokus auf | |
Kretschmann, anders in Berlin: Hier soll ein Viererteam in den Wahlkampf | |
ziehen, mit Ihnen als Spitzenkandidatin auf Platz 1. Eine falsche | |
Entscheidung, auf das Team zu setzen? | |
Wenn wir uns die Umfragen anschauen, sind wir erst mal zufrieden – wir | |
lagen zuletzt stabil bei 18 oder 19 Prozent. Wir setzen auf Teamgeist und | |
haben ein klares Ziel: die Grünen in die nächste Regierung zu führen. Das | |
war in der Geschichte der Partei nicht immer so. Und wir wollen ein starkes | |
Ergebnis, das Regieren möglich macht. Beim letzten Mal reichten die zwei | |
Stimmen rot-grüner Mehrheit Klaus Wowereit nicht aus. Er hatte offenbar | |
Angst, wie 2006 unter Rot-Rot nicht im ersten Wahlgang gewählt zu werden. | |
Trotzdem zeigt Baden-Württemberg, dass ein Wahlkampf über Personen | |
funktioniert. Das widerspricht Ihrer Strategie. | |
Auch wir wählen am Wochenende kein Blatt Papier auf die Listenplätze, | |
sondern Personen, die Erfahrungen und Kompetenzen mitbringen. Und natürlich | |
werden wir Themen mit Personen präsentieren. | |
Es ist vielleicht möglich, eine oder maximal zwei Personen einer größeren | |
Gruppe bekannt zu machen. Aber vier? | |
Machen Sie sich da mal keine Sorgen. Wir wissen, dass die grüne | |
Wählerschaft nicht allein auf Personen anspringt, sondern auch auf Themen. | |
Übrigens ist es auch von Vorteil, mit mehreren Personen in der Stadt | |
unterwegs sein zu können. Das ist bei anderen Parteien nicht anders. In der | |
SPD bildet sich mit Michael Müller, Jan Stöß und Raed Saleh wieder eine | |
Troika heraus. | |
Sie wollen den Künast-Fehler nicht wiederholen … | |
Die Entscheidung, für das Rote Rathaus direkt anzutreten, war 2011 | |
sicherlich richtig. Es hat uns auch – trotz des Gefühls der Niederlage – | |
mit 17,6 Prozent das beste Ergebnis eingetragen, das wir Berliner Grünen | |
jemals hatten. | |
Wenn Sie schon als Viererteam antreten, wozu braucht es dann trotzdem eine | |
Spitzenkandidatin? Das ist ein Widerspruch. | |
Wir führen die Partei als Team in den Wahlkampf. Es wird aber auf jeden | |
Listenplatz nur eine Person gewählt. Und wir haben vereinbart, wie wir | |
kandidieren wollen – miteinander, nicht gegeneinander. | |
Es könnte genauso einer der anderen auf Platz 1 stehen? | |
Keine Sorge, wir haben keine Streichhölzer gezogen. Wir haben uns bewusst | |
so entschieden. | |
Sie sind die Wichtigste und deshalb auf dem ersten Platz? | |
Dass ich auf Platz 1 kandidiere, haben wir gemeinsam beschlossen. Ich will | |
meine ganze Kraft und Erfahrung aus vielen Jahren Parlament und als | |
Fraktionsvorsitzende einbringen. Mir ist es wichtig, dass wir gemeinsam den | |
Wahlkampf gestalten. Unser Ziel ist die Ablösung der Großen Koalition und | |
eine grüne Regierungsbeteiligung. Da sind wir uns so einig wie noch nie. | |
Der Platz 1 ist dennoch was Neues für Sie. Diese Position ist mit | |
Erwartungen verknüpft. Wie fühlt sich das an? | |
Ich vertrete grüne Politik mit Herzblut und scheue keine | |
Auseinandersetzungen. Natürlich habe ich auch Respekt vor diesem Wahlkampf. | |
Wer glaubt, das würde ein Spaziergang, liegt falsch. Das gilt auch, wenn es | |
in Richtung Regierungsverantwortung geht. Ich bin überzeugt, dass uns das | |
gemeinsam gelingt. | |
Am Wochenende hat auch die AfD Parteitag. Gut möglich, dass sie ins | |
Parlament einzieht. Was heißt das dann für die Grünen? | |
Erste Untersuchungen zeigen, dass es keine nennenswerten Wählerwanderungen | |
gibt von den Grünen zur AfD, erst recht keine Schnittmengen. Die Grünen | |
sind die Gegenerzählung zur AfD. Nicht nur in der Flüchtlingspolitik, | |
sondern etwa auch bei Fragen von Gleichstellung, in der Umwelt- oder | |
Sozialpolitik. Die Entwicklung der AfD ist besorgniserregend für das | |
gesamte politische Klima. Wir wären gut beraten, wenn wir uns als | |
demokratische Parteien gemeinsam verständigen, wie wir mit einer | |
hetzerischen und unsozialen AfD umgehen. Ich muss sagen, dass ich bislang | |
bei der CDU klare Töne der Abgrenzung vermisse. | |
So unschön man die AfD-Positionen finden mag – eine gemeinsame Ächtung wäre | |
doch selbst undemokratisch. | |
Ich habe nicht von Ächtung gesprochen. Aber wir müssen auf allen | |
Politikfeldern in die Auseinandersetzung gehen. Die Formen des Umgangs ein | |
Stück weit zu verabreden finde ich vernünftig. | |
Sie wollen eine Sonderbehandlung der AfD … | |
Wie der Umgang genau aussehen wird, muss man sehen. Klar ist: Man würde der | |
AfD in die Hände spielen, wenn sie sich als Opfer stilisieren könnte. | |
Wenn die AfD ins Abgeordnetenhaus einzieht, reicht es wahrscheinlich nicht | |
für ein Zweierbündnis, weder von SPD und Grünen noch von SPD und | |
Linkspartei. Was halten Sie von einer rot-rot-grünen Dreierkonstellation? | |
Wir wissen alle, dass Dreierkonstellationen kompliziert sind. Es liegt im | |
Interesse der Linkspartei, die letzte ihr verbliebene Machtperspektive ins | |
Gespräch zu bringen. Ich halte es nicht für ausgemacht, dass es in Berlin | |
nicht für ein Zweierbündnis reicht. Das wird am 18. September entschieden. | |
Wieso mag Michael Müller die Linkspartei eigentlich lieber als die Grünen? | |
Die SPD hält sich gerne mehrere Optionen offen, deshalb braucht es ein | |
starkes grünes Ergebnis. Ich kann für uns sagen, dass der Draht zur SPD | |
deutlich besser geworden ist und ich mich mit Michael Müller sehr gut | |
verstehe. | |
10 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
Stefan Alberti | |
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