| # taz.de -- Klimagase in der Arktis: Alarmwerte auf Spitzbergen | |
| > Wissenschaftler messen Methanwerte auf Rekordhöhe. Fracking könnte ein | |
| > Grund sein. Welche Rolle tauende Permafrostböden spielen, ist unklar. | |
| Bild: Strahlender Sonnenschein und hohe Methanwerte: Spitzbergen in Norwegen. | |
| Stockholm taz | Norwegische Wissenschaftler haben auf Spitzbergen die | |
| höchsten Methanwerte gemessen, die jemals dort festgestellt wurden. „Das | |
| ist eine alarmierende Entwicklung“, sagt Cathrine Lund Myhre, Geochemikerin | |
| am staatlichen Norwegischen Institut für Luftforschung (NILU). Das Institut | |
| betreibt Messstationen auf dem norwegischen Festland und der Arktisinsel | |
| Spitzbergen, die den Kohlendioxid- und Methangehalt in der Luft messen. Die | |
| Werte für beide Klimagase sind kräftig gestiegen. „Bei CO2 haben wir das | |
| erwartet“, sagt Myhre. „Bei Methan in dieser Form nicht.“ | |
| Die von der Zeppelin-Forschungsstation in Ny-Ålesund auf Spitzbergen | |
| gemessenen Methanwerte und deren Steigerungsraten lägen deutlich über dem | |
| globalen Durchschnitt. Die weltweiten Jahresmittelwerte von rund 1815 ppb | |
| (parts per billion) seien auf Spitzbergen in den Jahren 2006 bis 2014 von | |
| 1.853 auf 1.910 ppb gestiegen. 2015 habe sich der Trend fortgesetzt. | |
| Zunächst sei man von einer kurzfristigen Tendenz ausgegangen, doch „die | |
| Kurve flacht nicht ab“, konstatiert Myhre. | |
| Eine ähnlich rätselhafte Zunahme von Methan haben vor Kurzem Forscher in | |
| der Atmosphäre über Nordamerika festgestellt. Auch dort ist die Quelle | |
| unklar. Vermutet wird jedoch, dass deutlich mehr Methan aus undichten | |
| Fracking-Bohrungen und Pipelines austritt als bislang geschätzt. Das würde | |
| die Klimabilanz des gefrackten Erdgases deutlich verschlechtern. | |
| Methan hat in der Atmosphäre ein 25-fach stärkeres Treibhauspotenzial als | |
| CO2. Die NILU-Wissenschaftler schätzen, dass rund 60 Prozent des weltweiten | |
| Methanausstoßes menschengemacht ist – Folge etwa von Massentierhaltung, | |
| Nassreisanbau, Verbrennung von Biomasse, Förderung fossiler Energien oder | |
| Fracking. Die Permafrostböden in Tundra und Taiga und am Grund der Ozeane | |
| polarnaher Regionen sind riesige Kohlenstoff- und Methanspeicher. Ein | |
| wärmeres und feuchteres Klima kann bewirken, dass sie verstärkt das | |
| gespeicherte Klimagas freisetzen. | |
| Dass man gerade in der Arktisregion weit über dem globalen Durchschnitt | |
| liegende Methanwerte misst, ist für Ellen Hambro, Direktorin der | |
| norwegischen Umweltbehörde Miljødirektoratet, ein zusätzlicher Grund zur | |
| Besorgnis: „Sollte diese Entwicklung nämlich mit der Freisetzung von Methan | |
| aus auftauendem Permafrost und aus dem arktischen Ozean zu tun haben, würde | |
| das die Klimaänderungen mit einem selbst verstärkendem Effekt befeuern.“ | |
| Die NILU-ForscherInnen vermuten zwar, die auf Spitzbergen beobachtete | |
| Erhöhung könnte gerade auch auf solche regionalen Entwicklungen | |
| zurückzuführen sein – beweisen lasse sich das nicht. „Wir wissen noch | |
| nicht, inwieweit es eher menschliche Aktivität oder Auswirkungen der | |
| Klimaänderung sind, die hinter diesem Prozess stehen“, betont Myhre, | |
| Leiterin des norwegischen Messprogramms für 25 verschiedene Klimagase. | |
| 3 Mar 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Reinhard Wolff | |
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