# taz.de -- Volker Beck als Bundestagsmitglied: Should he stay or should he go? | |
> Volker Beck soll mit Drogen erwischt worden sein. Er hat seine Ämter | |
> niedergelegt. Sein Bundestagsmandat hat er behalten. Richtig so? | |
Bild: Volker Beck soll 0,6 Gramm Crystal Meth bei sich gehabt haben. | |
Richtig so. Möglicherweise wird bei den Grünen an seinem Fall diskutiert, | |
ob die moralisch stets allzu hohen Ansprüche an das persönliche Leben nicht | |
revidiert gehören. Volker Beck – wenn alles so stimmt, wie sein Rücktritt | |
von seinen Ämtern nahelegt – sollte unbedingt Abgeordneter bleiben. Und, | |
mehr noch: von seinem Landesverband für die nächste Legislatur wieder | |
nominiert werden. Denn er ist einer der versiertesten und – aus der | |
Perspektive von Bürgerrechtsinteressierten – hartnäckigsten Politiker im | |
Bundestag. | |
Er hat, was als Lob gemeint ist, die Aktenlagen bis zum letzten | |
paragrafären Spiegelstrich so gut drauf, wie es sonst nur Wolfgang Schäuble | |
nachgesagt wird. Und er ist (und bleibt) wichtig, weil er aus der | |
Schwulenfrage kein Identitätsstroh drosch, sondern Politik machte. Die | |
Eingetragene Lebenspartnerschaft geht auf sein Konto, sein Kampf für die | |
„Ehe für alle“ könnte ohne ihn nur mit halber Kraft bestritten werden. | |
Dieser Politiker wäre für seine Partei ein Beispiel, wie mit einem | |
Gestrauchelten umzugehen wäre, ohne diesen der öffentlichen Meute und der | |
Schadenfreude auszuliefern. Okay, manche Gefühle Volker Beck gegenüber sind | |
nur zu verständlich. Ging dieser Parlamentarierer (und Dauertwitterer) | |
einem nicht schon auf die Nerven? Dieses Dasein als Zuchtmeister einer | |
besseren Moral – als Mann, der politisch ihm Missliebige gern mit dem Zuruf | |
„Hausaufgaben nicht gemacht“ versah. Kein Fehltritt anderer war ihm gering | |
genug, um vom Fehltretenden nicht alle Konsequenzen abzufordern. | |
Trotzdem: Dass er nun aus Höherem fällt, sozusagen in die Niederungen der | |
Drogenprivatkleinkriminalität, darf nicht heißen, auf ihn als Politiker zu | |
verzichten. Die Grünen – und Bürgerrechtler*innen – brauchen seine | |
Expertise, sein Stehvermögen gegen religiöse Zumutungen und | |
rechtspopulistische Scheingewissheiten. Er mag als streberhafter | |
Schlaumeier kritisiert werden. Aber seine Partei – und er selbst mit als | |
Erstes – dürfen nun lernen, dass pädagogischer Belehrwahnsinn auf einen | |
selbst am stärksten zurückfällt. Beck, so viel Sinn für das echte Leben | |
darf sein, muss Abgeordneter bleiben. Jan Feddersen | |
Nicht richtig so. Volker Beck hat wohl Drogen dabeigehabt. Das ist nur so | |
mittelgut für das Image eines Politikers. Auch für das Image eines | |
Politikers, der sich für eine liberale Drogenpolitik einsetzt. Deshalb | |
zieht Beck Konsequenzen: Er stellt seine Ämter als innen- und | |
religionspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion und als | |
Vorsitzender der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe zur Verfügung. | |
Es ist das Eingeständnis, dass das, was er getan hat, sich nicht mit den | |
Ämtern vereinbaren lässt. Es ist sein Gang nach Canossa. So will er | |
zumindest, dass es aufgefasst wird. Dabei ist es höchstens ein Gang von | |
Berlin nach Salzburg oder Innsbruck. Beck bleibt auf halber Strecke stehen. | |
Denn den wichtigsten Posten, sein Mandat im Bundestag, gibt er nicht auf. | |
Die Hand, die ihn füttert, wird nicht abgeschlagen. | |
Es ist eine billige und altbekannte Verteidigungsstrategie: Ich geb ein | |
bisschen was auf, spiel ein bisschen reuiger Sünder, aber nicht so sehr, | |
dass es mir wehtut. Durchschaubar – und trotzdem spielt sogar der | |
politische Gegner dabei mit: Kanzleramtschef Peter Altmaier twitterte: | |
„Respekt für Volker Beck für die schnelle und klare Reaktion.“ Nur | |
„schnell“ und „klar“ ist an der Reaktion Becks gar nichts. „Schnell�… | |
„klar“ wäre es gewesen, entweder alles aufzugeben oder alle Ämter zu | |
behalten. Nach dem Motto: Ich bin niemandem Reue schuldig. Das wäre ehrlich | |
gewesen. Das wäre verständlich gewesen. | |
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Natürlich darf ein Abgeordneter, der | |
Drogen konsumiert oder kauft oder einst konsumiert hat, sein Mandat | |
behalten können. Wer Suchtprobleme hat, braucht Hilfe – keine Strafe. Er | |
oder sie soll auch gern zweite oder dritte Chancen bekommen. | |
Es ist vollkommen unangebracht, moralisch über Volker Beck zu urteilen. | |
Wenn der baden-württembergische Ministerpräsident und Parteifreund von | |
Beck, Winfried Kretschmann, nun von einem „schweren Fehlverhalten“ spricht, | |
ist das lächerlich. | |
Aber ebenso lächerlich ist es, wie Beck der Öffentlichkeit ein bisschen | |
Reue vorspielt. Noch schlimmer für Beck: Es ist unglaubwürdig. Jürn Kruse | |
3 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
Jürn Kruse | |
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