Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Berlinale-Wettbewerbsfilm „Genius“: Richtig trostlos
> Der mit dem Rotstift die Sätze killt: „Genius“ von Michael Grandage hat
> einen Lektor als Helden. So geht aufgeblasenes Bildungskino.
Bild: Der Lektor und sein Dichter: Colin Firth und Jude Law in „Genius“.
Es gibt wahrscheinlich viele Gründe dafür, dass es im Kino mehr Helden mit
dem Beruf des Auftragskillers gibt als mit dem des Lektors. Ein ziemlich
überzeugender besteht darin, dass das Rotstiftanlegen einfach nicht so viel
hermacht. Selbst wenn es Oscar-Preisträger Colin Firth persönlich ist, der
hier schwungvoll ganze Sätze aus einem Manuskript streicht – eine richtig
aufregende Szene wird daraus nicht, geschweige denn ein spannender Film.
Was kann schon schiefgehen, wenn man einen Film macht, der von wichtigen
und klugen Männern handelt, mag sich der britische Theaterregisseur Michael
Grandage gefragt haben. In seinem ersten Kinofilm geht es um die
Zusammenarbeit des Schriftstellers Thomas Wolfe (Jude Law) mit seinem
Lektor Maxwell Perkins (Firth). Man sieht „Genius“ (auch der Titel zeugt ja
schon von einem gewissen von Selbstbewusstsein) tatsächlich vom ersten Bild
an an, dass er sich auf der sicheren Seite vermutet, nämlich dort, wo große
Geistesgeschichte als Männerfreundschaft geschrieben wird.
Leider verstärkt das nur das Ressentiment, das man ebenso vom ersten Moment
an gegen diesen Film empfindet. Einerseits nämlich wird gönnerhaft all den
Ungebildeten kurz erklärt, wer dieser von Firth gespielte Perkins ist,
indem die Kamera die Bücherwand in seinem Büro abfährt, wo Fitzgeralds
Bücher neben denen von Hemingway stehen. Und andererseits müssen die
Gebildeten Szenen glauben wie der, dass Wolfe zusammen mit Perkins seine
Manuskriptseiten im Stehen und Gehen auf New Yorks Straßen und Bahnhöfen
redigierte.
Obwohl Letzteres, eine Art „Walk and Talk“-Lösung, um die Textarbeit etwas
aktionsreicher erschienen zu lassen, noch zu den originellen Seiten dieses
ansonsten durch und durch einfallslosen Films zählt.
Geschenkt, dass die Frauenrollen klischeehafter nicht sein könnten (Laura
Linney als nachsichtige Gattin, Nicole Kidman als neurotische Geliebte).
Wenn uns Grandage nur wenigstens erspart hätte, Dominic West als Hemingway,
Schnauzbart und Fischfang inklusive, auftreten zu lassen. Da kann auch der
Hinweis nicht trösten, dass „Genius“ nur wegen der Stars auf dem roten
Teppich in den Wettbewerb der Berlinale geladen wurde.
17 Feb 2016
## AUTOREN
Barbara Schweizerhof
## TAGS
Berliner Szenen
Schauspieler
Schwerpunkt Berlinale
## ARTIKEL ZUM THEMA
Berliner Szenen: Wertiges Kamelhaar
Shoppen in Charlottenburg: Es zieht mich körperlich hin zu allem, auf oder
unter dem man schlafen könnte. Den Rest brauche ich nicht.
Berlinale-Staralbum: Johnny Ortiz: Der Entschlossene
Der 19-jährige Johnny Ortiz ist höflich, unaufgeregt und enthusiastisch.
Doch wenn es um Donald Trump geht, kann er auch deftig.
Berlinale, Tag 6: Was bisher geschah: Gegen das Mittelmaß
Regisseur Thomas Vinterberg wurde mit „Dogma 95“ bekannt – auf dem Podium
spricht er von Revolte, Genitalien und seinem Film „Kollektivet“.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.