| # taz.de -- Folgen des Atom-GAU in Fukushima: Kampf um die Eiswand | |
| > Eis gegen Radioaktivität: Die Lösung von Betreiber Tepco für das | |
| > Wasserproblem in Fukushima überzeugt die japanische Aufsichtsbehörde | |
| > nicht. | |
| Bild: Bauarbeiten in Fukushima-Daichi | |
| TOKIO taz | Die sogenannte Eiswand rings um das AKW Fukushima geht | |
| vorläufig nur teilweise in Betrieb. Das hat die japanische Atomaufsicht NRA | |
| nach zähen Verhandlungen mit dem Betreiber Tokyo Electric Power (Tepco) | |
| entschieden. Damit droht das Prestigeprojekt im Kampf gegen das radioaktive | |
| Wasser im AKW Fukushima als teurer Flop zu enden. | |
| Das wäre ein schwerer Rückschlag für den Plan des konservativen | |
| Premierministers Shinzo Abe, die zerstörte Atomanlage bis zu den | |
| Olympischen Spielen 2020 in Tokio unter Kontrolle zu bringen. | |
| Die Eiswand verspricht eine verführerisch einfache Lösung für das riesige | |
| Wasserproblem in Fukushima: Eine Bodenfrostung um die vier Reaktoren herum | |
| soll dem Grundwasser den Weg in die Untergeschosse der Kraftwerke | |
| versperren und es um die Gebäude herum ins Meer lenken. Bislang dringen | |
| mehrere hundert Tonnen Grundwasser täglich über beschädigte Leitungen, | |
| Mauern und Röhren in die Reaktorkeller ein. Sie vermischen sich mit | |
| radioaktiv kontaminierten Wasser, das bei der Kühlung des geschmolzenen | |
| Brennstoffs aus den Reaktoren läuft. | |
| Damit diese strahlende Brühe nicht ins Meer sickert, wird sie abgepumpt, | |
| gefiltert und auf dem AKW-Gelände gelagert. Inzwischen stehen dort über | |
| 1.000 Speichertanks mit 750.000 Tonnen Wasser. Zuletzt musste ein | |
| Vogelschutzgebiet abgeholzt werden, um Platz für neue Tanks zu schaffen. | |
| ## Gigantische Stromkosten für die Kühlung | |
| Die Eiswand würde nach Einschätzung von Tepco das einfließende Grundwasser | |
| auf zehn Tonnen täglich verringern und dadurch viel weniger neue | |
| Speichertanks erfordern. Dafür wurden auf einer Länge von 1,5 Kilometern im | |
| Abstand von einem Meter knapp 1.600 Rohre jeweils bis in 30 Meter Tiefe in | |
| den Boden getrieben. Ein riesiges Aggregat hinter Reaktor 1 pumpt | |
| Tiefkühlflüssigkeit durch die Rohre. | |
| Nach etwa zwei Monaten ist der Boden rings um die Rohre so hart gefroren, | |
| dass kein Wasser mehr durchkommt. Wegen mehrerer Abflusskanäle voll mit | |
| hochradioaktivem Wasser, die quer zu der geplanten Mauer verliefen, | |
| verzögerten sich die Bauarbeiten um Monate. Die Regierung hat bisher 270 | |
| Millionen Euro für das Projekt bereitgestellt. Dazu würden künftig | |
| gigantische Stromkosten für die Kühlung kommen. | |
| Anders als Tepco und das finanzierende Industrieministerium Meti beurteilte | |
| die japanische Atomaufsicht NRA die Erfolgsaussichten von Anfang an | |
| skeptisch. „Tepco macht sich Illusionen über die Lösung des | |
| Wasserproblems“, sagte NRA-Chef Shunichi Tanaka schon im Frühjahr 2015. Die | |
| Experten der Atomaufsicht befürchten als Folge der Isolierung einen | |
| fallenden Grundwasserspiegel innerhalb der Eiswand. Dadurch würde das | |
| strahlende Wasser in den Reaktorkellern nach unten gezogen und in der Tiefe | |
| versickern. | |
| ## Auftauen dauert zwei Monate | |
| Tatsächlich kam es bei mehreren Tests an einigen Stellen zu einem | |
| unerwartet großen Fall des Grundwasserspiegels. Tepco konnte Richtung und | |
| Geschwindigkeit des Wassers nicht feststellen. Das bestätigte die | |
| Atomaufsicht in ihrer vorsichtigen Haltung. | |
| Als Kompromiss hat sich Tepco am Montag mit den Aufsehern darauf geeinigt, | |
| zunächst nur die Eiswand auf der Meerseite in Betrieb zu nehmen. Zusammen | |
| mit einer Betonmauer macht dies einen unbemerkten Abfluss von radioaktivem | |
| Wasser in den Pazifik unwahrscheinlicher. Die angestrebte Funktion der | |
| Eismauer wird damit jedoch nicht erreicht. | |
| Daher will Tepco bald die restlichen Abschnitte der Mauer schrittweise in | |
| Betrieb nehmen und dabei genug Informationen über den Wasserfluss sammeln. | |
| Dem will die NRA bisher nicht zustimmen, weil man bei Problemen nicht | |
| schnell reagieren könne: Das Auftauen der Mauer dauert zwei Monate. | |
| 16 Feb 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Martin Fritz | |
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