# taz.de -- Begegnungszone Bergmannstraße: Niemand mag Geschlängel | |
> Im Bürgerdialog zur Begegnungszone Bergmannstraße gibt es Kritik an den | |
> ersten Entwürfen – aber auch konstruktive Mitarbeit. | |
Bild: Schön bunt ist es auf der Bergmannstraße – bei den Umbauplänen sehen… | |
Viele der am Online-Dialog Beteiligten machen keinen Hehl daraus, dass sie | |
das Projekt idiotisch finden: „Wer will das? Wer braucht das? Hat Berlin zu | |
viel Geld?“, fragt eine. „Ich empfehle jedem Befürworter einen Umzug nach | |
Oberhausen, Wolfsburg oder Eisenhüttenstadt.“ Es geht um die Umgestaltung | |
der Kreuzberger Bergmannstraße zur sogenannten Begegnungszone. Vor einer | |
Woche hat die zweite Phase der Bürgerbeteiligung begonnen, und es gibt | |
spürbaren [1][Widerstand gegen das Projekt]. | |
[2][Drei Vorschläge] für den gesamten Straßenabschnitt und drei Lösungen | |
für die komplizierte Kreuzungssituation an der Ecke Zossener/Friesenstraße | |
hat das Planungsbüro LK Argus vorgelegt, sie können im Netz bewertet und | |
kommentiert werden. Bei allen überwiegt zahlenmäßig die Ablehnung, bei | |
manchen mehr, bei manchen weniger. Am besten kommt noch ein Entwurf weg, | |
bei dem die geradlinige Fahrbahn erhalten wird, aber alle Parkplätze | |
zugunsten von Fahrrad-Abstellanlagen, Sitzbänken und Halteflächen für den | |
Lieferverkehr wegfallen. Ganz und gar unbeliebt ist dagegen eine | |
„Fahrbahnverschwenkung“, wie man sie auch in der bereits fertiggestellten | |
ersten Begegnungszone in der Schöneberger Maaßenstraße besichtigen kann: | |
ein von Pollern begrenztes Geschlängel. | |
Aber auch positive Stimmen gibt es: „Mehr Platz zum Laufen und Radfahren, | |
zusätzliche Fahrradständer und Zebrastreifen, was will man mehr?!“, fragt | |
einer. Auch bei der geschlossenen Bürgerwerkstatt, die am Dienstag | |
vergangener Woche stattfand, sei „sehr konstruktiv“ gearbeitet worden, sagt | |
Jan Korte, Projektmanager der Agentur „zebralog“, die den Dialog | |
organisiert. „Natürlich gab es da auch kritische Kommentare“, so Korte zur | |
taz. Das zum Teil in den Medien gezeichnete Bild generellen Widerstands sei | |
aber falsch: „Den Entwürfen, über die jetzt diskutiert wird, liegen ja die | |
Anforderungen zugrunde, die in der ersten Phase des Bürgerdialogs | |
formuliert wurden. Da hatten die Bürger bereits sehr klargemacht, dass sie | |
Handlungsbedarf sehen.“ | |
Korte als Moderator des Prozesses sieht sich „auch als Anwalt der Bürger, | |
die in den Medien eher nicht zu Wort kommen. Es kann nicht einfach der | |
entscheiden, der die lauteste Stimme hat.“ Andererseits hält gerade ein | |
Teil der Gewerbetreibenden herzlich wenig von den Plänen. Die Kunst wird | |
darin bestehen, hier einen Ausgleich zu finden. | |
## Entschleunigung wollen alle | |
Am kommenden Donnerstag wird ein erster Dialog zwischen Bezirksamt und | |
Senat auf der einen Seite sowie Wirten und Ladeninhabern auf der anderen | |
stattfinden. Letztere – oder zumindest eine größere Gruppe – haben bereits | |
ein Minimum an gemeinsamen Forderungen erarbeitet, auf die sich alle | |
einigen konnten. „Ja“ sagen sie zu entschleunigenden Maßnahmen wie | |
Zebrastreifen und bauliche Querungshilfen für Fußgänger, zu mehr Grün und | |
auch zu einer Parkraumbewirtschaftung. Eine Fahrbahnverengung, wie sie | |
derzeit allen Entwürfen zugrunde liegt, wollen sie mehrheitlich nicht, | |
genauso wenig wie die Abschaffung aller Parkplätze auf der Straße. | |
Stefan Neitzel, Geschäftsführer der „fahrradstation“, freut sich über | |
diesen Kompromiss, auch wenn er ihm eigentlich noch nicht weit genug geht. | |
Er hat einen eigenen Vorschlag ausgearbeitet: zwei von einer Ruhezone | |
getrennte Fahrbahnen, eine für muskelbetriebene und eine für motorisierte | |
Fahrzeuge. Dass Autos einen gewissen Raum in der Bergmannstraße brauchen, | |
weiß der passionierte Radfahrer: „Die Anwohner müssen auch mal halten | |
können, um ihren Großeinkauf abzuladen.“ Um die Parkplätze stark reduzieren | |
zu können, schwebt ihm eine stärkere Nutzung der Tiefgarage unter dem | |
„Gesundheitszentrum“ vor – die ist derzeit im Schnitt nur zu 20 Prozent | |
ausgelastet. | |
Verkehrstechnisch kompliziert dürfte es an der Ecke Zossener/Friesenstraße | |
werden. Hier schlägt LK Argus unter anderem einen Kreisverkehr unter | |
Wegfall aller Ampeln vor. Das bremst wohl die von vielen kritisierten Raser | |
auf dem Weg von der Gneisenaustraße zum Columbiadamm aus – aber entsteht so | |
nicht ein Dauerstau? Die Alternative scheint eine noch komplexere | |
Ampelanlage zu sein. Mit der Ursprungsidee der Begegnungszone, in der | |
starre Regeln hinter die spontane Kommunikation der Verkehrsteilnehmer | |
zurücktreten sollen, hätte das wenig zu tun. | |
15 Feb 2016 | |
## LINKS | |
[1] /Umgestaltung-der-Bergmannstrasse/!5272251/ | |
[2] http://www.begegnungszonen.berlin.de/start | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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