# taz.de -- Straßenverkehr in Berlin: In Paris läuft's besser | |
> Mitten in der französischen Stadt sperrt die Bürgermeisterin eine viel | |
> befahrene Straße für Autos. Ist das auch in Berlin denkbar? | |
Bild: So viel Platz! Für Autos gesperrtes Seine-Ufer in Paris | |
Paris ist nicht nur die Stadt der Liebe, es ist auch die Stadt der | |
FußgängerInnen. Durch die verschiedenen Quartiers bummeln, in einem der | |
zahlreichen Straßencafés am Boulevard Saint-Germain verweilen und den | |
zeitlosen Charme der französischen Hauptstadt genießen: Flanieren gehört in | |
der französischen Hauptstadt zur Tradition. Autos stören da inzwischen nur | |
noch. Deshalb hat der Stadtrat auf Initiative der sozialistischen | |
Bürgermeisterin Anne Hidalgo vor wenigen Tagen beschlossen, eine 3,3 | |
Kilometer lange, viel befahrene Straße am rechten Seineufer für den | |
motorisierten Verkehr komplett zu sperren. | |
Im Herzen der Stadt wird so vom Louvre bis etwa zur Höhe des | |
Bastille-Platzes mehr Platz für FußgängerInnen und FahrradfahrerInnen | |
geschaffen. Und nicht nur Paris, auch andere europäische Metropolen wie | |
Madrid, Rom und London werden langsam, aber sicher fußgängerfreundlicher. | |
Nur was ist mit Berlin? Sollte sich die Stadt nicht ein Beispiel an seinen | |
europäischen Nachbarn nehmen, statt für viel Geld Autobahnen auszubauen wie | |
derzeit die A 100? | |
„Paris geht einen mutigen Weg“, findet Aljoscha Hofmann von der | |
stadtentwicklungspolitischen Initiative Think Berlin. „Auch in Berlin ist | |
urbane Rückgewinnung ein zentrales Thema, um einen jungen und modernen | |
Stadtraum zu schaffen.“ Für den Architekten könnte der Umbau einer Straße | |
wie der Bundesallee einschließlich des Bundesplatzes ein solches | |
Modellprojekt darstellen: Die Bundesallee, die die City West mit Steglitz | |
verbindet, ähnle durch die vielen ungenutzten Grünflächen, ausgeweiteten | |
Fahrspuren, leer stehenden Geschäften und der hohen Lärmbelastung eher | |
einer Autobahn. | |
„Ein Umbau der Straße bedeutet nicht, dass das Auto dort gar keinen Platz | |
mehr hat. Aber die Verteilung muss sich ändern, von der Gestaltung ganz zu | |
schweigen“, sagt Hofmann. Ein Umbau der Bundesallee wäre allerdings | |
aufwendig und kostspielig. Im Gegensatz dazu sei die Flaniermeile an der | |
Seine eher plakativ und relativ einfach umzusetzen. | |
In den 1990er Jahren entwickelten Stadtplaner in den Niederlanden das | |
Konzept des „Shared Space“. Dabei werden Verkehrsregeln aufgehoben, um das | |
intuitive Miteinander der Verkehrsteilnehmer zu unterstützen. Florian | |
Schmidt, Sprecher der Initiative Stadt Neudenken, könnte sich solche Shared | |
Spaces auch in Berlin vorstellen: „Vorbild ist die umgestaltete Kensington | |
High Street in London. Dieses Konzept wäre in der Karl-Marx-Allee oder der | |
Leipziger Straße möglich.“ Das seien schöne und touristische, aber auch | |
viel befahrene Straßen. | |
Antje Kapek, Sprecherin der Grünen für Stadtentwicklung, befürwortet das | |
rücksichtsvolle Miteinander im Straßenverkehr durch den | |
Shared-Space-Ansatz. Sie fordert den Umbau des Checkpoint Charlie: „Das | |
wäre ein Gewinn für die Stadt – nicht nur für den Tourismus, sondern auch | |
für die Anwohner rund um den Checkpoint.“ | |
Die grüne Fraktionsvorsitzende findet es grundsätzlich wichtig, mehr Raum | |
für RadfahrerInnen und öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung zu stellen | |
und gleichzeitig grüne Oasen in der Stadt zu schaffen, in denen mehr | |
Begegnung stattfindet. Auch auf der Straße Unter den Linden, zwischen | |
Lustgarten und Brandenburger Tor, gäbe es ihrer Meinung nach die | |
Möglichkeit für eine Flaniermeile. „Natürlich kann man den motorisierten | |
Verkehr nicht komplett verbieten“, sagt Kapek, die für die Grünen bei den | |
seit Donnerstag laufenden Koalitionsverhandlungen mit am Tisch sitzt. „Aber | |
viele Großstädte haben bereits Autobahnteile zurückgebaut.“ Straßenrückb… | |
sei auch für Berlin – als neue und moderne Stadt – wichtig. | |
Laut der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wird das Thema | |
Verkehrsberuhigung auch bei den Koalitionsverhandlungen eine Rolle spielen. | |
Derzeit sei zudem ein Modellprojekt an der Schönhauser Allee im Rahmen der | |
Klimaschutz-Initiative des Umweltministeriums geplant. Versuchsweise soll | |
die Straße vor dem S- und U-Bahnhof Schönhauser Allee umgestaltet werden. | |
Dazu soll 2017 eine Machbarkeitsstudie erstellt werden, die dann mit | |
AnwohnerInnen diskutiert wird. | |
7 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Viola Blomberg | |
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