# taz.de -- Falsche Begründung?: Üstra darf weiter filmen | |
> Das Verwaltungsgericht Hannover hebt Datenschutzverfügung für Busse und | |
> Bahnen der Üstra auf. | |
Bild: Kameras im ÖPNV: Langt ein Schild zur Legalisierung der Überwachung? | |
Die niedersächsische oberste Datenschutzbeauftragte hat eine Schlappe | |
kassiert. Barbara Thiel hatte den Hannoverschen Verkehrsbetrieben „Üstra“ | |
die Rund-um-die-Uhr-Videoüberwachung in Bussen und Stadtbahnen im August | |
2014 untersagt. Doch das Verwaltungsgericht Hannover hat diese | |
datenschutzrechtliche Verfügung am Mittwoch gekippt. | |
Eine grundsätzliche Entscheidung darüber, ob die Videoüberwachung der | |
„Üstra“ zulässig ist, fällte das Gericht jedoch nicht. Vielmehr machte es | |
einen Formfehler geltend: „Die Verfügung erweist sich schon mangels | |
ausreichender Rechtsgrundlage als rechtswidrig“, sagt Gerichtssprecher | |
Burkhard Lange. So hatte Thiels Vorgänger Hans-Joachim Wahlbrink sein | |
Untersagen der Kameraüberwachung auf das Bundesdatenschutzgesetz gestützt. | |
Die Üstra sei zwar als Aktiengesellschaft ein | |
privatrechtlich-strukturiertes Unternehmen, aber als rein kommunaler | |
Betrieb ohne Konkurrenz für die Daseinsvorsorge in Sachen Verkehr | |
zuständig. Damit unterliege sie nicht dem Eingriff des | |
Bundesdatenschutzgesetzes, sondern den Bestimmungen des | |
Landesdatenschutzgesetzes, erklärt Gerichtssprecher Lange. „Die zwischen | |
den Beteiligten strittige Frage, wie die Videoüberwachung nach dem | |
Bundesdatenschutzgesetz zu beurteilen wäre, stellt sich nach alledem in | |
diesem Gerichtsverfahren nicht“, so Lange weiter. Nach dem | |
Landesdatenschutzgesetz könne die Datenschutzbeauftragte eine für | |
rechtswidrig gehaltene Praxis aber nicht untersagen, sondern höchstens | |
beanstanden. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung habe das | |
Verwaltungsgericht aber die Berufung von dem niedersächsischen | |
Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zugelassen, sagt der Gerichtssprecher. | |
Der Hannoverschen Datenschutzbeauftragten Thiel bleibt neben der Berufung | |
nun die Möglichkeit, über den Präsidenten der Region Hannover, Hauke Jagau | |
(SPD), auf die Üstra politisch einzuwirken, um die Überwachungs-Praxis zu | |
verändern. Diese besteht jedoch aus präventiven Gründen auf das | |
flächendeckende Filmen im Blackbox-Verfahren, um das Sicherheitsgefühl der | |
Fahrgäste zu stärken sowie Straftaten und Vandalismus besser aufzuklären. | |
Datenschützerin Thiel hatte vor allem moniert, dass die Üstra ohne | |
abgestuftes Sicherheitskonzept 24 Stunden am Tag in allen Bussen und Bahnen | |
wahllos ins Blaue hinein Vorratsdatenspeicherung betreibt und die | |
Videoüberwachung nicht darauf ausgelegt ist, Straftaten durch | |
Echtzeit-Übertragung und Alarmierung der Polizei direkt zu verhindern. | |
In Hamburg sehen die Datenschützer die Videoüberwachung beim Hamburger | |
Verkehrsverbund (HVV) weniger eng – zumal der HVV die Forderung der | |
niedersächsischen Datenschutzkollegen nach unmittelbaren | |
Eingriffsmöglichkeiten zumindest teilweise erfüllt. So können die | |
BusfahrerInnen der Hamburger Hochbahn im Ernstfall stillen Alarm auslösen. | |
Anschließend werden die aufgenommenen Bilder von der Videokamera direkt in | |
die Leitzentrale übertragen, die sich dann über Lautsprecher im Bus | |
einschalten kann, sagt Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum. | |
Auch in den Bussen der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein kann der Busfahrer | |
stillen Alarm auslösen, so dass sich die Leitzentrale über Lautsprecher | |
zuschalten kann, sagt ihr Sprecher Martin Beckmann. „Eine Videoübertragung | |
in die Leitstelle ist aber nicht möglich.“ | |
In Hamburgs U-Bahnen geht das allerdings nicht. Dort können Zugführer nur | |
über den Notruf alarmiert oder auf dem Bahnsteig die Notrufsäulen aktiviert | |
werden, die mit der Leitzentrale verbunden sind. | |
10 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
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