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# taz.de -- In Kairo getöteter Italiener: Politisch aktiver Jungforscher
> Giulio Regeni arbeitete unter anderem für „Il Manifesto“. Die Umstände
> seines Todes sind ungeklärt, Aktivisten vermuten einen staatlichen Mord.
Bild: Gedenken für Regeni an der italienischen Botschaft in Kairo.
Am Abend des 25. Januar machte sich Giulio Regeni in Kairo auf, um Freunde
zu treffen. Es war der Abend jenes Tages, als sich zum fünften Mal die
Tahrir-Revolte gegen Ägyptens damaligen Präsidenten Mubarak jährte. Doch
Regeni kam nie bei dem Treffen an.
Regeni, der aus einem kleinen Dorf in der norditalienischen Provinz Udine
stammte, beschäftigte sich schon seit Jahren mit dem arabischen Raum, hatte
die Sprache gelernt, war zuletzt Promotionsstudent in Cambridge. Für seine
Recherchen hatte er sich zu einem längeren Aufenthalt nach Kairo begeben.
Fotos zeigen einen jungen Mann mit wuscheligen Haaren und einem
freundlichen Lausbubengesicht.
Schon früh zeigte der Junge Lust, sich zu engagieren; mit 12 Jahren wurde
er zum „Kinderbürgermeister“ seines Heimatorts gewählt und übte das Amt
zwei Jahre lang aus. Bald schon zog es ihn auch hinaus aus der
italienischen Provinz; die letzten drei Schuljahre absolvierte er in New
Mexico, USA. Dank hervorragender Noten studierte Regeni erst in Oxford,
dann schrieb er sich in Cambridge ein. Sein Ziel: eine Doktorarbeit über
die ägyptischen Gewerkschaften.
Im letzten September machte er sich auf nach Ägypten, um Material zu
sammeln, um Interviews zu führen. Freunde unterstreichen heute, er sei
nicht als politischer Aktivist gekommen, sondern als Forscher. Engagiert
war er dennoch: Mehrfach schrieb er in den letzten Monaten unter Pseudonym
Artikel in der radikal linken italienischen Tageszeitung Il Manifesto.
## Sicher kein Unfall
Am Donnerstag schließlich wurde seine Leiche gefunden, halbnackt, mit
deutlichen Folterspuren. Zeugen berichten, sie hätten die Verhaftung eines
Ausländers vor einer U-Bahn-Station gesehen, doch Ägyptens Behörden
behaupten, Regeni sei nie in Händen der Polizei gewesen. Sie setzten
vielmehr die Version in Umlauf, der Italiener sei Opfer eines Autounfalls
geworden. Mit diesen Erklärungen will Italien sich nicht zufrieden geben.
Schon die erste, in Ägypten vorgenommene Autopsie offenbarte, dass Regeni
zahlreiche Knochenbrüche zugefügt worden waren, dass ihm schließlich die
Halswirbelsäule gebrochen wurde. Italien ist überzeugt: Regeni ist Opfer
des Al-Sisi-Regimes.
7 Feb 2016
## AUTOREN
Michael Braun
## TAGS
Ägypten
Italien
Schwerpunkt Pressefreiheit
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Zehn Jahre Arabischer Frühling
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