| # taz.de -- Neues vom Schach: Das sündige Spiel | |
| > Der saudische Großmufti belegt Schach mit einer Fatwa. Ein iranischer | |
| > Spieler tritt nicht gegen Israelis an. Und der Weltmeister gewinnt immer | |
| > weiter. | |
| Bild: Im Schach werden Sport und Politik gern mal vermischt. Auf dem Foto vom 2… | |
| Hilft es, die Türme mit einem Minarett auszustatten? Müssen die Damen auf | |
| dem Brett künftig in eine Burka gehüllt werden und dürfen immer nur drei | |
| Felder hinter dem König herlaufen? Schachspieler aus der westlichen Welt | |
| nahmen die Fatwa eines arabischen Großmuftis gegen ihr Denkspiel mit Humor | |
| und schlugen via Facebook Änderungen vor, um Scheich Abdulaziz Al al-Sheikh | |
| milde zu stimmen. Der oberste islamische Gelehrte in Saudi-Arabien hat | |
| Schach „verboten“, weil es „süchtig“ mache. Das sündige Spiel sei eine | |
| „Verschwendung von Zeit und Geld und verursacht Rivalität und Feindschaft“. | |
| Mit dem islamischen Rechtsgutachten, das der Geistliche in einer TV-Sendung | |
| verkündete, ist er reichlich spät dran. Seit rund 1.400 Jahren spielen | |
| Muslime Schach, die Wurzeln liegen in Indien und Persien. „Schachmatt“ – | |
| der Schah ist tot – stammt von dort. Die Araber brachten das Strategiespiel | |
| auch nach Europa. Bekannt wurde die Fatwa von Al al-Sheikh, der bereits | |
| Barbie-Puppen und Pokémon-Karten verteufelt hat, jetzt erst richtig, weil | |
| vor Wochenfrist in Mekka ein Schachturnier ausgetragen wurde. | |
| Der kleine saudische Verband ließ sich jedoch nicht ins Bockshorn jagen und | |
| befand, dem Großmufti mangele es schlicht an Hintergrundwissen. Schach sei | |
| gewiss kein „Glücksspiel“, betonte Musa Bandr gegenüber der Deutschen | |
| Presseagentur. Der Verbandsvertreter fürchtet jedoch, dass die „Fatwa der | |
| Religionspolizei künftig im Königreich einen rechtmäßigen Grund gibt, uns | |
| an der Organisation von Schachturnieren zu hindern“. | |
| Sunnitische und schiitische Führer sind sich ausnahmsweise einig: | |
| Großajatollah Ali al-Sistani hat das königliche Spiel ebenfalls schon mit | |
| einem Bannstrahl belegt, weil es für Wetten eingesetzt werden könne. Von | |
| 1979 bis 1988 war es für Iraner verboten. Mittlerweile dürfen sie wieder | |
| ans Brett. | |
| ## Preisgeld verpasst wegen Israel-Boykott | |
| Es bleibt jedoch ein brüchiger Frieden. Vorsicht müssen die Iraner vor | |
| allem walten lassen, wenn Duelle gegen Israelis anstehen. So gab | |
| Großmeister Ehsan Ghaemi Maghami zu Jahresbeginn gegen die Israelin Yuliya | |
| Naiditsch kampflos den Punkt ab. Die Organisatoren in Basel um Bruno | |
| Zanetti waren ihm in Runde zwei schon entgegengekommen und hatten durch | |
| eine neue Auslosung das brisante Duell verhindert. | |
| Eine weitere Sonderbehandlung war dann aber im weiteren Turnierverlauf | |
| nicht mehr möglich. Der Iraner verpasste deshalb die Preisränge. | |
| Unangefochten heimste danach der Gatte von Yuliya Naiditsch, der 2015 nach | |
| Aserbaidschan gewechselte deutsche Spitzenspieler Arkadij Naiditsch, Platz | |
| eins ein. „Ich wurde um alle Chancen gebracht“, erklärte hernach Ghaem | |
| Maghami. Ihm fehlt für die fehlende Rücksichtnahme jegliches Verständnis. | |
| Der iranische Topspieler war bereits vor ein paar Jahren auf Korsika von | |
| einem Turnier ausgeschlossen worden, als der Großmeister gegen einen | |
| Israeli nicht antreten durfte. „Selbst eine Petition gegen meinen | |
| Ausschluss half damals leider nichts“, sagt der 33-Jährige. | |
| Der Schweizer Zanetti bedauert den politischen Unsinn, den wieder einmal | |
| eine Randsportart traf. „Ich würde gerne sehen, was die Iraner machen | |
| würden, wenn es im Fußball zu einem WM-Endspiel zwischen dem Iran und | |
| Israel käme.“ | |
| ## Katar lockt Magnus Carlsen | |
| Am besten 2022 in Katar: Die Ölscheichs sind als Ausrichter von | |
| Großereignissen stets recht flexibel. Ungeachtet der religiösen Vorbehalte | |
| in anderen arabischen Ländern richteten sie im Dezember in Doha eines der | |
| stärksten Turniere der Schach-Historie aus. Weil Geld keine Rolle spielt, | |
| wurde auch erstmals seit 1971 wieder der amtierende Weltmeister zu einem | |
| für das niedere Fußvolk offenen Turnier gelockt. Magnus Carlsen gewann den | |
| Wettbewerb, obwohl er in der Auftaktrunde gegen die Georgierin Nino | |
| Batsiaschwili remisierte. | |
| Seine Siegesserie der letzten Monate baute der überragende Norweger am | |
| Sonntag in Wijk aan Zee aus. An der stürmischen niederländischen Küste | |
| störte kein religiöser Führer das Traditionsturnier. Carlsen blieb in den | |
| 13 Runden ungeschlagen und legte mit neun Punkten einen vollen Zähler | |
| zwischen sich und den Amerikaner Fabiano Caruana und Ding Liren. Der | |
| Chinese rettete sich gegen den Weltmeister nach 99 Zügen in ein Patt. | |
| Ob der Großmufti das ausbleibende Matt des „Schahs“ auch ärgerte? | |
| Wahrscheinlich versteht er den Unterschied nicht. Ex-Weltmeister Garri | |
| Kasparow geißelte die Fatwa auf Twitter kurzerhand als „dumm“. | |
| 3 Feb 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Hartmut Metz | |
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