Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Schachprofi Arkadij Naiditsch: Rochade Richtung Kaukasus
> Der vom Deutschen Schachbund enttäuschte Großmeister spielt künftig für
> Aserbaidschan. Da kann er sich auf mehr Geld freuen.
Bild: „Ich sehe einfach die Möglichkeit, mich als Sportler zu steigern“, s…
Der Deutsche Schachbund ist matt: Enfant terrible Arkadij Naiditsch hat dem
monatelangen Werben Aserbaidschans nachgegeben. Die Aseri unterbreiteten
der langjährigen deutschen Nummer eins ein lukratives Angebot. Schließlich
will der Gastgeber bei der Schach-Olympiade 2016 in Baku ganz vorne
mitmischen und investiert wie bei den European Games kräftig. Naiditsch
zögerte dennoch seit Wochen – nun fällte der 29-Jährige im Urlaub in der
Toskana die Entscheidung, zu neuen Ufern aufzubrechen.
Für die Rochade in Richtung Kaukasus seien monetäre Argumente ein Teil der
Begründung, aber nicht ausschlaggebend gewesen. Einen Kommentar zu den
kolportierten 50.000 Dollar Handgeld umschiffte der Bundesligaspieler von
Abonnementmeister OSG Baden-Baden im Interview mit dem Schach-Magazin 64:
„Die finanzielle Seite ist definitiv besser als in Deutschland. Es ist aber
auch nicht so, dass ich eine Ölquelle kriege“, berichtet Naiditsch mit
Blick auf den staatlichen Ölmulti Socar als Sponsor.
Sportliche Gründe und die Enttäuschung über den Deutschen Schachbund (DSB),
der in den letzten zehn Jahren nur „ein dreitägiges Trainingslager für
seine Nationalmannschaft organisiert“ habe, trugen hauptsächlich zu der
Entscheidung bei. „Ich sehe einfach die Möglichkeit, mich als Sportler zu
steigern. Warum soll ich es nicht probieren?“, erzählt der mehrfache
Bezwinger des norwegischen Weltmeisters Magnus Carlsen. So müsse er künftig
nicht mehr jährlich 90 Partien gegen durchaus gefährliche Amateure
austragen.
Der stets aggressiv Remis vermeidende Figurenkünstler verliert gegen sie
immer wieder überraschend ein Duell, was ihn wertvolle
Elo-Weltranglisten-Punkte kostet. „Wenn ich auf 60 Partien pro Jahr
reduziere und mich auf die großen Turniere konzentrieren kann, traue ich
mir stabilere Leistungen zu. So sollte ich all meine Betriebsunfälle gegen
Schwächere eher vermeiden können.“
In Deutschland mangele es ihm überdies an Trainingspartnern, klagt
Naiditsch: „Es gibt nur zwei, drei Großmeister, die ungefähr an mein Niveau
herankommen – doch die arbeiten nicht an ihrem Schach: Georg Meier
studiert, Daniel Fridman spielt aus finanziellen Gründen nonstop
irgendwelche kleinen Turniere.“ In Aserbaidschan sieht der
Weltranglisten-54ste bessere Bedingungen und hofft dadurch deutlich besser
zu werden.
Dabei setzt der Großmeister nach dem Umzug mit Gattin Yuliya, der
israelischen Spitzenspielerin, auf die Zusammenarbeit mit Topleuten in
Baku, wie der ehemaligen Nummer vier auf dem Globus, Teimour Radjabow, und
Schachrijar Mamedjarow. Der einstige Weltranglistensechste ist ein guter
Freund Naiditschs und trug mit dazu bei, dass der Wechsel eingefädelt
wurde.
## „Enorm verstärkt“
Zusammen mit den beiden sieht der in Dortmund aufgewachsene Naiditsch die
Aseri „europaweit in den Top 3. Bei der Olympiade in Baku 2016 wird das
anders sein: Da spielen die superstarken Chinesen mit, und die USA haben
sich durch die eingekauften Top-Ten-Großmeister Fabiano Caruana und Wesley
So „enorm verstärkt.“ Für Deutschland sieht er dagegen schwarz: Es sei
schon schwierig, „mit mir bei Turnieren ganz vorne zu landen – ohne mich
dürfte es unmöglich sein“, glaubt er und betont noch einmal, „hätte ich
eine Zukunft in Deutschland gesehen, wäre ich geblieben. Doch ich habe zehn
Jahre gewartet, wir wurden Europameister 2011 – und verbessert hat sich
nichts.“
Weil Naiditsch dies ebenso wie andere Missstände mehrfach harsch
kritisierte, ist kaum mehr einer unter den DSB-Granden gut auf den
Spitzenspieler zu sprechen und die Mehrzahl eher froh über den Abgang. Er
räumt daher ein, „vielleicht manchmal zu hart“ vorgegangen zu sein, aber
„es war immer die Wahrheit, die ich sagte. Und ich wollte etwas
verbessern.“
27 Jul 2015
## AUTOREN
Hartmut Metz
## TAGS
Schach
Deutschland
Schach
Schach
Schach
Magnus Carlsen
Viswanathan Anand
## ARTIKEL ZUM THEMA
Schachprofi Sergej Karjakin: Wunderkind von der Krim
Er ist nur die Nummer acht der Welt, aber der Russe Sergej Karjakin darf
Magnus Carlsen herausfordern – nach einem unerwarteten Erfolg.
Neues vom Schach: Das sündige Spiel
Der saudische Großmufti belegt Schach mit einer Fatwa. Ein iranischer
Spieler tritt nicht gegen Israelis an. Und der Weltmeister gewinnt immer
weiter.
Schach-WM in Sotschi: Magic Magnus
Magnus Carlsen gewinnt die 11. Partie gegen Viswanathan Anand und bleibt
Weltmeister. Kasparow glaubt, dass er in den nächsten Jahren kaum
bezwingbar sein wird.
Schach-WM: Ein Comeback scheint schwer
Magnus Carlsen zeigt einen stümperhaften Zug und gewinnt dennoch Partie
sechs gegen Viswanathan Anand. Ob Anand sich davon erholen kann?
Schach-WM Carlsen gegen Anand: Mit Plan gegen den Peiniger
2013 konnte Vishy Anand keine der 10 WM-Partien gegen Magnus Carlsen
gewinnen. Als Herausforderer gelang ihm bisher ein Sieg.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.