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# taz.de -- Schach-WM in New York: Donald Duck spielt simultan
> Der Norweger Magnus Carlsen will gegen Sergej Karjakin seinen WM-Titel
> verteidigen. Die Psychospielchen haben schon begonnen.
Bild: Donald-Duck-Fan und „G-Star RAW“-Model: der Norweger Magnus Carlsen
„Ich werde dieses Jahr Großmeister“, sagte einst der kleine Magnus Carlsen
und fuhr sich durchs blonde Haar. Zu sehen ist diese Szene in dem am
Donnerstag in den deutschen Kinos angelaufenen Dokumentarfilm „Magnus“. Mit
13 Jahren und drei Monaten erreichte der Norweger dann sein Ziel.
Brach der „Mozart des Schachs“ fortan alle Rekorde, bleibt ihm einer auf
ewig verwehrt: Der ebenfalls 1990 geborene Sergei Karjakin wurde früher,
bereits mit zwölf Jahren und sieben Monaten, Großmeister. Ab Freitag
treffen beide bei der WM in New York aufeinander – erstmals stammen damit
beide Protagonisten aus der Computer-Generation. Übermächtige Programme auf
den Rechnern haben das alte Spiel seitdem revolutioniert.
Magnus Carlsen geht als klarer Favorit in das Millionenduell über maximal
zwölf Partien. Nur 16 Prozent der Fans trauten bei einer Umfrage dem
Herausforderer den Sieg zu. Trotzig verkündet Karjakin: „Ich will die Krone
zurück nach Russland holen. Der Druck lastet auf Carlsen. Jeder erwartet
nur seinen Sieg.“ Der Weltranglistenneunte erkennt bei seinem Rivalen zwar
nur „wenige Schwächen, aber er ist immer noch ein Mensch und kein Computer.
Er macht auch mal Fehler und verliert.“
Derlei ausgiebigen Analysen gibt sich der Weltranglistenerste, der seit
2011 ununterbrochen souverän das Ranking anführt, nicht hin: „Ich halte
mich immer für den Favoriten“, erklärt Carlsen kurzerhand nach zwei
leichten WM-Siegen über seinen Vorgänger Viswanathan Anand.
„So einseitig“ wie gegen den mutlosen Inder werde das Match im Fulton
Market Building, das unweit der Freiheitsstatue liegt, nicht verlaufen,
prognostiziert Sergei Mowsesjan. Der Armenier, der beide Rivalen schon
schlug, glaubt, „Karjakin ist einer der schwersten Gegner überhaupt für
Carlsen“. Das sieht der Herausforderer ähnlich. „Ich will Weltmeister
werden. Um mich zu schlagen, muss Magnus das beste Schach seines Lebens
zeigen“, versprüht der Außenseiter Optimismus, obwohl er erst eine
Turnierpartie gegen den Norweger gewann und vier verlor.
## „Sie hänseln mich“
Die einstigen Wunderkinder unterscheiden sich zum einen in ihrem Ehrgeiz.
Den sieht der zurückhaltende Karjakin bei sich lediglich auf die 64 Felder
beschränkt. Er sagt: „Carlsen will dagegen bei jedem Sport, beim Fußball
und beim Kartenspiel gewinnen – immer im Leben, egal ob es wichtig oder
unwichtig ist.“ Möglicherweise hat dies mit Kindheitserfahrungen zu tun.
„Sie hänseln mich. Ich bin anders als alle anderen aus meiner Klasse“,
klagt der kleine Carlsen in den ersten Sekunden des 78-minütigen
Dokumentarstreifens „Magnus“ von Regisseur Benjamin Ree. Inzwischen ist er
ein Popstar, den TV-Stationen rund um den Globus verfolgen und der für die
Jeans-Marke G-Star RAW zusammen mit Filmdiva Liv Tyler modelte. Der
Donald-Duck-Fan erhielt sogar eine ihm gewidmete Ausgabe seines
Lieblingscomics, in dem die Ente zum Simultanschach antritt.
Den einzigen Beitrag, den Karjakin dagegen für Klatsch- statt Schachspalten
lieferte, ist seine zweite Heirat nach früh gescheiterter erster Ehe mit
19. Der Weltpokalsieger von 2015 wurde am 12. Januar 1990 im ukrainischen
Simferopol geboren und erlernte wie Carlsen mit fünf Jahren das königliche
Spiel.
Als Zwölfjähriger sorgte er für Verblüffung, weil Weltmeister Ruslan
Ponomarjow den völlig unbekannten Buben in sein Sekundantenteam berief –
kurz danach war Karjakin die Sensation, weil er den Rekord als jüngster
Großmeister pulverisierte. Anschließend überholte ihn jedoch der amtierende
Weltmeister im Sauseschritt und brach eine Bestmarke nach der anderen.
Karjakin stagnierte und fiel 2012 von Platz vier der Weltrangliste wieder
weit zurück.
## Mit Lob für Wladimir Putin
„Mir fehlte die Unterstützung in der Ukraine“, begründete er seinen Wechs…
zum russischen Verband, der sein neues Zugpferd kräftig fördert. „Ohne
meine Sponsoren könnte ich mein großes Sekundantenteam nicht bezahlen“,
betont Karjakin. Mit Lob für Wladimir Putin und Äußerungen zur Annexion
seiner alten Heimat, der Krim, machte sich der 26-Jährige allerdings keine
Freunde im Kreis seiner ehemaligen ukrainischen Nationalmannschaft. Doch
das ist abgehakt, seit er sich Ende März beim Kandidatenfinale überzeugend
für den WM-Zweikampf qualifizierte.
Die üblichen Psychospielchen begannen unmittelbar danach. Die
Computergeneration findet auch da andere Mittel als die legendären
Vorgänger: Wer die Webseite [1][www.sergeykaryakin.com] anklickt, wird
automatisch auf die Domain von Carlsen weitergeleitet! Dessen Manager Espen
Agdestein bestreitet, die Finger im Spiel zu haben. „Seit dem
Kandidatenturnier chatten Magnus und ich nicht mehr via Skype“, erzählt
derweil Karjakin.
Zwei Tage vor Beginn der WM ist noch unklar, ob der russische
Weltverbands-Präsident Kirsan Iljumschinow den Wettkampf verfolgen wird.
Der seit 1995 amtierende Chef des Weltverbandes Fide gilt in den USA als
unerwünschte Person. Ihm werden unter anderem Geschäfte mit den ehemaligen
Diktatoren Saddam Hussein und Muammar al-Gaddafi nachgesagt.
10 Nov 2016
## LINKS
[1] http://magnuscarlsen.com/
## AUTOREN
Hartmut Metz
## TAGS
Schach-WM
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Sergej Karjakin
Schach
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