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# taz.de -- Club-Verbote für Flüchtlinge in Freiburg: „Das wäre eine Sippe…
> Werden Flüchtlinge pauschal von Diskotheken abgewiesen, können sie auf
> Schadenersatz klagen, sagt Christine Lüders, Leiterin der
> Antidiskriminierungsstelle.
Bild: Wollte Flüchtlinge ausschließen: der Freiburger Club „White Rabbit“.
taz: Frau Lüders, können Club-Betreiber Flüchtlingen generell den Zugang
verwehren, nachdem sie schlechte Erfahrungen gemacht haben?
Christine Lüders: Nein. Das wäre eine Sippenhaftung. Gegen solche
Pauschalierungen will das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gerade
schützen. Niemand darf nur wegen seiner Herkunft oder Hautfarbe im Arbeits-
oder Geschäftsleben diskriminiert werden. Auch und gerade in der
derzeitigen Stimmungslage dürfen Standards nicht aufgeweicht werden. Das
Antidiskriminierungsrecht ist kein Schönwetterrecht.
Was bewirkt das AGG konkret an der Diskotür?
Wenn jemand Indizien benennen kann, dass er wegen seiner ethnischen
Herkunft nicht eingelassen wurde, dann ordnet das AGG eine Beweislastumkehr
an. Nun muss der Betreiber beweisen, dass es einen anderen Grund für den
verweigerten Einlass gab, sonst wird er verurteilt.
Was können solche Indizien sein? In der Regel hängt ja niemand ein Schild
an die Tür „Flüchtlinge müssen draußen bleiben“.
Wenn ein Club – wie der in Freiburg – sagt, Personen, die nur eine
Aufenthaltsgenehmigung haben, kommen nicht rein, dann würde das für die
Beweislastumkehr genügen. So einen Aufenthaltstitel haben ja nur Menschen
aus dem Ausland.
Und wenn der Türsteher sagt, „der Club ist voll“?
Dann genügt ein Test. Wenn hellhäutige Personen in den angeblich vollen
Club eingelassen werden, dunkelhäutige aber nicht, dann ist das ein klares
Indiz für eine Diskriminierung.
Wann darf ein Flüchtling abgewiesen werden?
Aus den gleichen Gründen wie alle anderen Besucher auch: Wer sich aggressiv
verhält, wer betrunken ist, wer nicht angemessen gekleidet ist, kann
abgewiesen werden.
Kann der Wirt die Diskriminierung damit rechtfertigen, nur er kenne die
richtige Publikumsmischung für einen erfolgreichen Club und brauche daher
großen Spielraum, wen er einlässt und wen nicht?
Nein. Für das Bauchgefühl von Wirten oder Türstehern gibt es keine
Ausnahmeregelung. Laut Gesetz dürfen nur Wohnungsgesellschaften bei der
Vermietung auf die Herkunft achten, um „sozial stabile Bewohnerstrukturen“
zu schaffen.
Kann ein Wirt darauf verweisen, dass Frauen wegbleiben, wenn zu viele
Ausländer da sind, weil sie schon unangenehme Erfahrungen gemacht haben?
Der Wirt muss natürlich dafür sorgen, dass Frauen in seinem Club nicht
belästigt werden. Und wenn es Beschwerden gibt, kann er die betreffende
Person rauswerfen und ihr sogar Hausverbot erteilen. Das ist aber eine
Reaktion auf ein konkretes Fehlverhalten. Gäste können nicht verlangen,
dass andere Gäste vorsorglich diskriminiert werden.
Kann ein Club Männer mit dem Argument abweisen, es seien schon zu viele
Männer da?
Das ist eher möglich als der Verweis auf die ethnische Herkunft. Bei
Diskriminierungen wegen des Geschlechts lässt das Gesetz einen sachlichen
Grund zu. Das könnte auch der Hinweis auf die richtige Geschlechtermischung
im Club sein. Allerdings muss das dann für alle Männer gelten und nicht
etwa nur für Nordafrikaner.
Was ist die Folge, wenn ein Flüchtling zu Unrecht an der Clubtür abgewiesen
wurde?
Er kann Schadenersatz verlangen. Die Summen, die die Gerichte hier
festlegen, liegen meist zwischen 500 und 1.000 Euro. Außerdem kann das
Gericht auf Antrag anordnen, dass der Kläger künftig eingelassen wird.
25 Jan 2016
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Freiburg
Schwerpunkt Flucht
Flüchtlinge
Diskriminierung
Antidiskriminierungsstelle
AGG
Flüchtlinge
Sexualisierte Gewalt
Diskriminierung
Europa
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