| # taz.de -- Flüchtlingskrise am Lageso: Hausverbot für Helferin - oder nicht? | |
| > Eine Freiwillige berichtet auf Facebook von Schikanen, rechter Hetze und | |
| > ihrem Rauswurf. Das löst eine Empörungswelle aus. | |
| Bild: Weiterhin unhaltbare Zustände: Flüchtlinge stellen sich bereits in der … | |
| BERLIN taz | Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) hat bei | |
| Facebook-Nutzern keinen guten Ruf. Hunderte LeserInnen kommentieren und | |
| verbreiten regelmäßig Berichte über die Zustände in der | |
| Flüchtlingsanlaufstelle, die unter anderem in der [1][Gruppe „Moabit | |
| hilft“] (15.000 Mitglieder) veröffentlicht werden. Doch die Resonanz auf | |
| diesen Post ist selbst für Facebook-Verhältnisse bemerkenswert: [2][“Ich | |
| habe soeben Hausverbot im LaGeSo bekommen!“ begann die Helferin Jorinde | |
| Leonhardt ihren Bericht.] Sie und einige andere Freiwillige seien am | |
| Donnerstagabend von einem Sicherheitsmann der Firma Gegenbauer hinaus | |
| geworfen worden, schrieb sie in der Nacht auf Freitag, nur weil sie im | |
| Essenszelt einem kleinen Jungen eine Skihose anziehen wollte. Die Empörung | |
| im sozialen Netzwerk ist einhellig: Bis Sonntagnachmittag wurde der Bericht | |
| mehr als 24.000 Mal geteilt. | |
| Die Sozialverwaltung und der Krankenhausbetreiber Vivantes, der in dem Zelt | |
| Essen verteilt, wiesen die Vorwürfe bereits zurück. Es sei kein Hausverbot | |
| gegen HelferInnen erteilt worden, erklärte ein Sprecher der | |
| Senatsverwaltung am Freitag. Doch Jorinde Leonhardt beharrt darauf. Sie | |
| habe Zeugen dafür, dass ihr und anderen ein Hausverbot erteilt wurde, | |
| [3][schrieb sie Freitagabend in einem zweiten Post]. Sie könne auch den | |
| Sicherheitsmann von Gegenbauer benennen, der den Verweis ausgesprochen | |
| habe. | |
| Die Helferin, die nach eigener Darstellung seit Monaten vor allem nachts am | |
| Lageso aktiv ist, betonte, dass sie nicht „pauschalisiere“. Bei den | |
| Sicherheitsleuten seien „auch richtig tolle Menschen darunter! Aber eben | |
| leider auch solche, wie gestern.“ In ihren ersten Post hatte sie berichtet, | |
| dass ein Gegenbauer-Mann einer anderen Helferin gesagt habe: „Wem wollen | |
| sie denn helfen?? Den RATTEN??“ (Großschreibung und Satzzeichen wie im | |
| Post.) | |
| Während dieser Ausspruch in den Facebook-Kommentaren vielfach als Ausdruck | |
| von rechtsradikaler Gesinnung gewertet wurde, [4][erklärte der Sprecher der | |
| Sozialverwaltung im Tagesspiegel], der Sicherheitsmann habe damit nicht die | |
| Flüchtlinge, sondern „die tatsächlichen Ratten gemeint, von denen es auf | |
| dem Gelände nicht wenige gibt“. Darauf reagierten UserInnen mit der | |
| hämischen Bemerkung, es sei doch merkwürdig, dass mit Hygiene-Argumenten | |
| das Hosenanziehen verboten sei an einem Ort, wo angeblich Ratten | |
| herumliefen. | |
| ## „So geht es jedem Helfer“ | |
| Auch die Erklärungen einer Vivantes-Sprecherin zu dem Vorfall sind offenbar | |
| strittig. Die Sprecherin hatte am Freitag der Nachrichtenagentur dpa | |
| gesagt, es sei nicht verboten, in dem Zelt Kleidung anzulegen. Am | |
| Donnerstagabend hätten aber mehrere Personen versucht, dort Kleidung zu | |
| verteilen. Zum Schutz vor Infektionen und aus hygienischen Gründen sei dies | |
| jedoch im Essenszelt untersagt. Der Sicherheitsdienst habe dieses Verbot | |
| durchgesetzt. | |
| Leonhardt dagegen sagte dem Tagesspiegel, es sei nicht wahr, dass mehrere | |
| Personen versucht hätten, Kleidung zu verteilen. „Ich wollte nur dem | |
| frierenden Jungen eine Hose anziehen.“ Für die junge Frau ist der Fall der | |
| Gipfel einer langen Reihe von Schikanen, die sie in den letzten sieben, | |
| acht Monaten erlebt habe. „Und so geht es jedem Helfer“, schreibt sie. | |
| Tatsächlich war das Lageso den Freiwilligen am Anfang mit offenkundigem | |
| Misstrauen und in bürokratischer Manier begegnet. So kam, als die | |
| HelferInnen im vorigen Sommer begannen, Essen an Tausende in der Hitze | |
| wartende Flüchtlinge auszuteilen, als allererstes das Gesundheitsamt vorbei | |
| und machte Hygieneauflagen. | |
| ## Die amtlichen Mühlen mahlen langsam | |
| Inzwischen hat die Behörde allerdings einige Verbesserungsvorschläge der | |
| HelferInnen – wie Essensausgabe und Wartezelte – umgesetzt. Dennoch und | |
| trotz der Veränderungen beim „Wartemangement“ häufen sich in letzter Zeit | |
| wieder die Berichte über verzweifelt wartende unversorgte Flüchtlinge. | |
| [5][So schrieb ein Mitglied von „Moabit hilft“ vorigen Mittwoch]: „Zwei | |
| Frauen Schwanger 7 & 8 Monat bekommen von uns Lebensmittel-Gutscheine da | |
| sie seit dem 22. Dezember versuchen in das Lageso vorzudringen.“ Ein User | |
| kommentiert: „die Berichte helfen leider nicht... Dem Pack ist doch das | |
| Schicksal dieser Menschen scheißegal...“ Darauf Helferin Leonhardt: „Das | |
| sehe ich anders. Öffentlicher Druck hat die Zustände schon einige Male | |
| verbessert.“ | |
| Doch die amtlichen Mühlen mahlen bekanntlich langsam: Am [6][Sonntagmittag | |
| postete Leonhardt einen neuen Bericht] von der Nacht zuvor: Obwohl bereits | |
| 50 Flüchtlinge dort seien, neue und solche, die sich bereits für Montag | |
| anstellten, sei niemand von Vivantes, die eine 24-Stunden-Versorgung | |
| versprochen hätten, anwesend. Empört fragt sie: „Wir reden hier von | |
| hygienischen Vorschriften, während Menschen hungern und frieren?“ | |
| 17 Jan 2016 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.facebook.com/groups/moabithilft/?fref=ts | |
| [2] https://www.facebook.com/photo.php?fbid=10206749629472203&set=a.1692713… | |
| [3] https://www.facebook.com/thisis.noart/posts/10206753622212019?pnref=story | |
| [4] http://www.tagesspiegel.de/berlin/fluechtlinge-in-berlin-fluechtlingshelfer… | |
| [5] https://www.facebook.com/NequeVeroFloribus/posts/1147278931972418?pnref=sto… | |
| [6] https://www.facebook.com/thisis.noart?fref=nf&pnref=story | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Memarnia | |
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