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# taz.de -- Unruhen in Tunesien: „Arbeit, Freiheit, Würde!“
> Wie im Jahr 2011 gehen Menschen in Kasserine und weiteren tunesischen
> Städten nach einem Suizid und Polizeigewalt auf die Straße.
Bild: Er war schon 2011 dabei: der 27-jährige Demonstrant Moslem (links).
Madrid taz | Die Bilder erinnern an den Dezember 2010. Damals begannen die
Proteste junger Leute, die am 14. Januar 2011 den tunesischen Diktator Ben
Ali zu Fall brachten. Im zentraltunesischen Kasserine brennen wieder die
Barrikaden aus Autoreifen, die Polizei setzt Tränengas und Schlagstöcke
ein. Mehrere Dutzend Menschen sollen verletzt worden sein. Die Zahl derer,
die im örtlichen Krankenhaus wegen Tränengas behandelt werden mussten, geht
in die Hunderte.
Trotz einer vom Innenministerium verhängten Ausgangssperre kommt die Region
nicht zur Ruhe. Wie einst vor fünf Jahren lautet die Parole: „Arbeit,
Freiheit, Würde!“ und „Recht auf Arbeit!“.
Das Zentrum Tunesiens ist arm. Wie Ende 2010 in Sidi Bouzid wurden die
Proteste im nahegelegenen Kasserine durch einen Selbstmord ausgelöst, den
des 28-jährigen Arbeitslosen Ridha Yahyaoui am letzten Samstag. Er hatte
einen Hochspannungsmast bestiegen und an die Leitungen gefasst, nachdem
seine Bewerbung um eine Stelle im öffentlichen Dienst abgelehnt worden war.
Die Proteste haben mittlerweile auf weitere zentraltunesische Städte
übergegriffen. Auch dort wurden Barrikaden errichtet, die Polizei wurde mit
Flaschen und Steinen beworfen. In mehreren Städten werden die Schulen
bestreikt. In der Hauptstadt Tunis kam es am Montag zu einer
Solidaritätskundgebung.
## Hohe Arbeitslosigkeit
„Wir sind die vergessene Region Tunesiens“, erklärt Anwalt Nadj Bachsali am
Telefon. Er verteidigte 2011 die Opfer der Polizeigewalt in Kasserine,
neben Sidi Bouzid eine Hochburg des Arabischen Frühlings, und steht auch
jetzt den Demonstranten zur Seite. „Die nach der Revolution versprochenen
Investitionen sind bis heute ausgeblieben“, sagt er.
Die Arbeitslosigkeit ist mit offiziell 30 Prozent doppelt so hoch wie im
Landesschnitt. In den Bergen unweit der Stadt kommt es seit Jahren immer
wieder zu Auseinandersetzungen zwischen bewaffneten Islamisten aus dem
Umfeld regionaler Al-Qaida-Ableger und der tunesischen Armee.
Anwalt Bachsali beschwert sich über den seiner Ansicht nach völlig
überzogenen Polizeieinsatz. „Die Jugendlichen forderten weitgehend
friedlich Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit“, sagt er. Die Regierung in
Tunis hat mittlerweile eine Untersuchung der Vorfälle eingeleitet.
20 Jan 2016
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Tunesien
Protest
Arbeitslosigkeit
Tunesien
Reiseland Tunesien
Tunesien
Zehn Jahre Arabischer Frühling
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