# taz.de -- Polens Parlament verabschiedet Gesetz: Medien als „Kulturinstitut… | |
> Die polnische Regierungspartei will das Mediensystem umbauen. | |
> Journalistenverbände fürchten Einfluss auf die Unabhängigkeit. Auch die | |
> EU-Kommission ist besorgt. | |
Bild: Hat die Pläne abgenickt: polnisches Parlament. | |
Warschau dpa | Polens Parlament hat am Mittwochabend eine umstrittene | |
Medienreform beschlossen. Betroffen sind das öffentlich-rechtliche | |
Fernsehen und der Rundfunk. Die regierende Partei Recht und Gerechtigkeit | |
(PiS) will diese Medien in nationale Kulturinstitute umwandeln. | |
Journalistenverbände sehen dahinter den Versuch, Einfluss auf die Medien zu | |
nehmen. Die Opposition kritisierte den Parlamentsbeschluss scharf. Die | |
EU-Kommission zeigte sich besorgt. | |
Die nationalkonservative Regierung in Warschau hatte erst zu Wochenbeginn | |
durchgesetzt, dass das Verfassungsgericht einen Großteil seiner Befugnisse | |
zur Kontrolle von Regierung und Parlament verliert. Die PiS hatte bei der | |
Parlamentswahl im Oktober eine absolute Mehrheit erhalten. | |
Am Mittwochabend stimmten 232 Abgeordnete für die von der PiS eingebrachte | |
Medienreform, wie die Nachrichtenagentur PAP meldete. Demnach gab es 152 | |
Gegenstimmen und 34 Enthaltungen. | |
Als erster Schritt ist demnach der Austausch der bisherigen Vorstände | |
geplant. Ihre Wahl steht künftig unter stärkerem Einfluss der Regierung. | |
Sie sollen von Polens Schatzminister bestimmt werden und können jederzeit | |
abberufen werden, wie die Zeitung „Gazeta Wyborcza“ schrieb. Die Amtszeit | |
der bisherigen Direktoren soll demnach mit Inkrafttreten des Gesetzes | |
enden. Zudem sollen die nationalen Medien anders organisiert und finanziert | |
werden. Bislang sind sie als staatliche Unternehmen organisiert. | |
## „Die Medien werden parteiisch“ | |
„Die Medien werden parteiisch und das quasi sofort, denn bei diesem | |
Arbeitstempo wird Präsident (Andrzej) Duda voraussichtlich noch vor dem | |
neuen Jahr unterschreiben“, sagte Andrzej Halicki, Abgeordneter der | |
oppositionellen Bürgerplattform PO, dem polnischen Rundfunk. Krzysztof Luft | |
von der Medienbehörde KRRiT sprach im Sender TVP Info von einem „schwarzen | |
Tag“ für die Medien des Landes. | |
Die EU-Kommission erwartet von der Regierung in Warschau Erläuterungen zu | |
der Medienreform. Einen entsprechenden Brief verschickte der erste | |
Vizepräsident der Brüsseler Behörde, Frans Timmermans, am Mittwoch an die | |
polnische Regierung. „Das ist ein Weckruf“, hieß es bei der EU-Kommission. | |
## Und was ist mit EU-Recht? | |
In dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, fordert | |
Timmermans von Polens Außenminister Witold Waszczykowski Informationen zur | |
Vereinbarkeit der Gesetzesänderungen mit EU-Recht. Er weist auch auf Punkte | |
hin, in denen die Reform gegen europäisches Recht verstoßen könnte, und | |
erinnert zudem an „die Notwendigkeit, die Vielfalt der Medien zu fördern“. | |
Es war das zweite Schreiben, das Timmermans binnen weniger Tage nach | |
Warschau schickte. Am 23. Dezember hatte er die dortige Regierung davor | |
gewarnt, die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts einzuschränken. | |
Vor der Parlamentsabstimmung am Mittwoch hatten mehrere europäische | |
Journalisten- und Medienverbände die Pläne Warschaus scharf kritisiert. Die | |
Reform drohe die bestehenden „Schutzvorkehrungen für die Vielfalt“ der | |
Medien zu gefährden, hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme von | |
Reporter ohne Grenzen, den beiden europäischen Journalistenverbänden EFJ | |
und AEJ sowie der European Broadcasting Union (EBU), die | |
öffentlich-rechtliche Medien vertritt. „Wenn das polnische Parlament diese | |
Maßnahmen genehmigt (...), wird Polen ein rückschrittliches Regime | |
schaffen, das ohne Beispiel in irgendeinem anderen EU-Land ist“, hieß es. | |
31 Dec 2015 | |
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