# taz.de -- Aktivist über Mineralöl im Schokolade: „Adventskalender zurück… | |
> Tester haben Mineralöl in Kalenderschokolade gefunden. Martin Rücker von | |
> Foodwatch fordert Grenzwerte und strengere Vorschriften. | |
Bild: Lecker - aber leider zu viel Mineralöl drin | |
Herr Rücker, wollen Sie uns die Adventszeit verderben? | |
Martin Rücker: Nein, natürlich nicht. Wenn uns ein Gesundheitsrisiko bei | |
Lebensmitteln bekannt wird, dann informieren wir die VerbraucherInnen aber | |
selbstverständlich. Die Behörde in Bayern hätte uns alle davor bewahren | |
können, sie kannte die Testergebnisse seit Ende November und hätte den | |
Verkauf der Kalender stoppen können. Wird jetzt die Festzeit gestört, ist | |
das in erster Linie die Verantwortung der Hersteller. | |
Das Problem der Mineralölverunreinigungen ist seit Jahren bekannt. Kein | |
Hersteller kann behaupten, er hätte nichts davon gewusst. Und seit einem | |
Forschungsprojekt der Bundesregierung im Mai 2012 sind auch die Lösungen | |
bekannt. Aber solange von Außen kein Druck kommt, ändert sich offenbar | |
nicht viel. | |
Sind Adventskalender denn nun gefährlich? | |
Aromatische Mineralöle sind potenziell krebserregend und erbgutschädigend. | |
Spuren davon wurden laut Behörde in fünf der elf untersuchten | |
Adventskalender gefunden. Wir gehen davon aus, dass die Verunreinigungen | |
entweder von ungeeigneten Materialien für Verpackung oder Umverpackung | |
stammen oder ein Hersteller seine Produktion nicht im Griff hat. Mineralöle | |
in Lebensmitteln sind vermeidbar – hier werden Kinder unnötigen Risiken | |
ausgesetzt. In der Wissenschaft ist unbestritten, dass ein Risiko besteht, | |
sobald aromatische Mineralöle im Lebensmittel überhaupt nur vorhanden sind. | |
Wenn es jetzt von der Behörde heißt, dass kein nennenswertes zusätzliches | |
Risiko besteht, weil wir in unserem Alltag auch mit Mineralölen aus anderen | |
Quellen belastet werden, ist das ein wenig abenteuerlich. Jedes vermeidbare | |
Risiko sollte vermieden werden, und genau das ist nicht geschehen! Aber | |
vielleicht muss die Behörde so argumentieren. Es ist schließlich schwer zu | |
erklären, weshalb sie Messwerte für Adventskalender aus dem November bis | |
acht Tage vor Weihnachten unter Verschluss gehalten hat. | |
Was sollen VerbraucherInnen tun? | |
Wir raten vom Verzehr der Schokolade ab. Wenn man eines der belasteten | |
Produkte zu Hause hat, sollte man dieses zum Händler zurückbringen und sein | |
Geld zurückverlangen. Das Mineralöl-Problem lässt sich dauerhaft aber nur | |
politisch lösen: Die VerbraucherInnen sollten unbedingt auch Abgeordnete | |
anschreiben und diese auffordern, die Verwendung geeigneter | |
Barriereschichten für Altpapierverpackungen vorzuschreiben und strenge | |
Grenzwerte für Mineralöl in Lebensmitteln festzulegen. | |
Sollte also auf Recycling-Karton verzichtet werden? | |
Papier-Recycling ist aus Umweltgründen natürlich sinnvoll. Altpapier | |
enthält allerdings sehr oft riskante Substanzen, vor allem aus den | |
Druckfarben. Bei Lebensmitteln muss zuerst garantiert sein, dass eine | |
Verpackung die Gesundheit nicht gefährdet. Wir sollten also das | |
ökologischste Material wählen, dass dies gewährleistet. Das bedeutet gar | |
nicht unbedingt immer Plastik statt Papier. | |
Es gibt geeignete Barriereschichten, die verhindern, dass Mineralöle und | |
andere unerwünschte Substanzen von Kartons auf die Lebensmittel übergehen. | |
Wir haben in einem Test nachgewiesen, dass zahlreiche trockene und lange | |
haltbare Produkten wie Reis, Grieß und auch Nudeln belastet sind. | |
Was tun gegen Mineralöl im Essen? | |
Foodwatch fordert eine Null-Toleranz bei aromatischen Mineralölen in | |
Lebensmitteln. Gesetzliche Grenzwerte fordern wir für die weniger | |
gefährlichen gesättigten Mineralöle. Diese sind nicht krebserregend, können | |
sich aber auch im Körper anreichern und die Organe schädigen. Außerdem | |
setzen wir uns für eine EU-weite Vorschrift für Barriereschichten bei | |
Papierverpackungen ein. Damit auch andere giftige Stoffe, wie zum Beispiel | |
Weichmacher, nicht von Recyclingkartons ins Essen gelangen können. | |
19 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Selina Fehr | |
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