Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Last-Minute-Geschenkideen: Mode schauen oder Koalas retten
> Sie haben noch immer keine Geschenke? Die Kulturredaktion hat ein paar
> Ideen, wie Sie Weihnachten dennoch nicht mit leeren Händen dastehen.
Bild: Kann man auch adoptieren: extrem niedliche Koalas
## Quatsch für die ganze Familie
Diese Weihnachtstage stehen – unter anderem – im Zeichen des
Rekordblockbusters „Star Wars: Das Erwachen der Macht“. Das kann man ganz
blöd finden, ebenso wie die Merchandising-Industrie um den Film herum, der
übrigens gar nicht mal schlecht ist. Wer all das ablehnt, kann sich die
nächsten paar Zeilen sparen. Alle anderen können sich überlegen, zum Fest
der Geburt des Herrn den neuen Roboterhelden des Weltraum-Epos, den
kugeligen Androiden BB-8, zu schenken.
Von dem gibt es passenderweise sehr unterschiedliche Ausführungen in sehr
unterschiedlichen Preislagen: von der schlichten Plastikfigur zum
Ins-Regal-Stellen über den Robo-Digitalwecker bis hin zur rollenden Drohne
werden verschiedenste Bedürfnisse und Techikstandards bedient. Nicht zu
vergessen die Plüschfigur für die jüngeren Science-Fiction-Fans. Tim Caspar
Boehme
## Welch schöne Modestrecken!
Wie sie da sitzt, Annely Bouma, in ihrem Lamé-Jumpsuit des Brooklyner
Labels Electric Feathers und den spitz zulaufenden Schuhen von Rodebjer,
die Fingernägel ungepflegt, die schwarzen Wollstulpen über den
goldschimmernden Seidenchiffon drapiert, ihr Blick kalt, aber dennoch
verheißungsvoll. Gotthafte Antigöttin, nie werde ich dieses Foto vergessen.
Um so zu werden wie die Frau auf diesem Foto, recherchierte ich sofort, was
ihr Outfit kostet. 1.500 Euro hätten nicht gereicht, und alle hätten es
bloß für einen Fummel aus dem Modediscounter gehalten, was aber total okay
gewesen wäre.
Nein, es geht nicht um Antimode und auch nicht um Mode als Kunst oder Kunst
als Mode, sondern um das, was Mode im besten Falle ist: ein komplexes,
reflexives, eigensinniges Spiel von Bezugnahmen, und nirgends ist das
schöner und besser repräsentiert als in dem [1][Pariser Self Service
Magazine]. Es erscheint zweimal jährlich im Hardcover, kostet 20 Euro und
ist ca. 350 Seiten dick. Die besten Modefotografen, Stylisten, Designer
arbeiten zusammen, jede Ausgabe erscheint mit vier verschiedenen Covern und
jede Modestrecke ist für sich der Beweis, dass Georg Simmel total falsch
lag, als er formulierte, die Mode sei bloß ein „Tummelplatz für Individuen,
welche innerlich unselbstständig und anlehnungsbedürftig“ seien. Tania
Martini
## Mahler auf der Matte
Ein Leben am Schreibtisch, es geht auf den Rücken. Weil das viele kennen,
ist das Geschenk einer Gymnastikmatte fast schon massentauglich. Sich am
Morgen auf ihr auszustrecken, Beine heben und kreisen, Sit-Ups, über den
Rücken rollen, beugt dem Schmerz vor, hilft dem Kreislauf, bessert manchmal
gar die Laune. Okay, so weit noch das Schwarzbrot des Schenkens. Nimmt man
aber statt einer schmalen Yogamatte [2][eine komfortable von Bellafit],
aufklappbar, 200 mal 100 Zentimter breit, (zirka 90 Euro), bekommt die
Sache einen Hauch von Luxus.
Von ihr aus kann man abheben, auf ihr hatte ein Freund musikalische
Erweckungserlebnisse: Nie habe er Mahler so entspannt und bewusst zugleich
gehört wie auf dieser Matte. Da denke ich an den letzten Roman von Joachim
Meyerhoff, in dem er über seine Großeltern erzählt, wie sie abends zusammen
beim Musikhören auf dem Boden des Wohnzimmers liegen, sich an den Händen
fassen, gemeinsam alt werden. Auch das geht auf dieser Matte: Vertrauen ins
Leben fassen, dass der Grund uns trägt. Katrin Bettina Müller
## Die Zeit am Handgelenk
In letzter Zeit, so fällt mir auf, schaue ich den Kollegen und Bekannten
aufs Handgelenk. Wer trägt noch eine Armbanduhr? Und wer verlässt sich nur
aufs Smartphone? Nachhaltig ist natürlich nur die Armbanduhr. Genauer, die
Swatch- und Quarzfreie Armbanduhr. Wäre ich nicht eine arme
taz-Mitarbeiterin, sondern ein wohlhabender taz-Genosse, würde ich für
meinen liebsten Freund noch in letzter Minute im entsprechenden
Fachgeschäft eine [3][Nomos Neomatik] erstehen.
Eine klassische Automatikuhr, die revolutionär neu ist, denn selbst ihr
Swingsystem – das Bauteil, auf den die Schweizer Uhrenindustrie, genau
gesagt die Swatchgroup, auf ewig ein Monopol zu haben schien − ist in
Glashütte hergestellt, flach wie nie zuvor. Fünf Jahre Entwicklung zusammen
mit der TU Dresden sowie üppige 11,4 Millionen Euro investierte das
mittelständische Unternehmen in den filigranen Mechanismus, der für den
korrekten Zeittakt sorgt. Dieses Herzstück steckt nun in zehn verschiedenen
Modellen, deren Design dazu verführt, alle fünf Minuten auf die Uhr
schauen. Brigitte Werneburg
## Platz schaffen
Schenken Sie sich Platz! Und machen anderen Menschen eine Freude! Damit
sind jetzt nicht die üblichen Ausmistaktionen gemeint, bei denen aus der
hintersten Ecke des Schrankes die unmodische Jeans rausgezogen und in die
Altkleidersammlung gesteckt wird. Nein, machen Sie Platz in Ihrem Schrank.
Seien Sie ehrlich zu sich: Was brauche ich noch, was habe ich schon ewig
nicht mehr angezogen? Brauche ich wirklich einen zweiten Mixer? Braucht das
Kind 20 Kuscheltiere, 100 Spielzeugautos und 200 Buntstifte?
Wenn nicht, dann können Sie damit Flüchtlinge glücklich machen. Besonders
gebraucht werden Winterbekleidung für Männer, Sportklamotten, Fußbälle,
Musikinstrumente und Spielzeug. Ansprechpartner sind immer die lokalen
Flüchtlingsinitiativen, die den Bedarf an Spenden kennen.
Und wenn Sie noch ein konkretes Projekt unterstützen möchten: der
Projektehof Wukania im brandenburgischen Biesenthal baut mit Spendenmitteln
ein Haus zu einer Flüchtlingsunterkunft um. Mitbewohnerin Merle Weißbach
hat die [4][CD „Zwischen Drunter und Drüber“] veröffentlicht – darauf s…
berührende Lieder zu hören. Der Erlös aus den Albumverkäufen geht in das
Projekt. [5][Die CD kostet 12 Euro]. Elke Eckert
## Amden – Kunst und Lebensform
Nur eine knappe Stunde von Zürich entfernt befindet sich oberhalb des
türkis schimmernden Walensees auf 1.000 Metern Höhe das Bergdorf Amden. Vor
über hundert Jahren gründete hier Josua Klein mit Gleichgesinnten die
Siedlung „Grappenhof“. Man pflegte den Austausch mit anderen
lebensreformerischen Projekten wie der Obstbausiedlung Eden in Oranienburg
bei Berlin und dem Monte Veritá im Tessin. Kleins Gemeinschaft scheiterte.
Doch 1912 zog der Maler Otto Meyer Amden, gefolgt von Künstlerkollegen, in
eines der Häuser der früheren Gemeinschaft.
Nahe dem historischen „Grappenhof“ lud der Schweizer Kurator Roman
Kurzmeyer ab 2001 internationale KünstlerInnen nach Amden ein. Sie sollten
in einem traditionellen Heuschober ortsspezifische Arbeiten entwickeln. Bis
2015 entstanden so Kunstwerke von Pawel Althamer, Katharina Grosse, Brian
O’Doherty, Polly Apfelbaum oder Shirana Shahbazi. Sie sind nun in dem sehr
schönen und von Kurzmeyer kenntnisreich kommentierten Band „Atelier Amden“
(Edition Voldemeer Zürich, De Gruyter 2015) zusammengefasst. Eine
außergewöhnliche Konfrontation zeitgenössischer Kunst mit der Schweizer
Berglandschaft, die zum Ort des sozialen Aufbruchs und des künstlerischen
Experiments wurde. Andreas Fanizadeh
## Süße Viecher
Neuer Monat, neues Kalenderblatt. Ein flauschiger, weißer Bauch begrüßt
dich. Weiter oben zwei pelzige Puschelohren. Zwischen ihnen eine große
prachtvolle Nase. Dein Koala sagt Guten Morgen. Diese Vorstellung könnte an
Weihnachten Realität werden. Denn das [6][Koala-Adoptions-Programm] bringt
nicht nur einen Kalender, sondern noch weitere großartige Koala-Accessoires
in das Leben des Beuteltierliebhabers. Wichtiger jedoch: Man bekommt eine
koalalebenslange Freundschaft mit einem bedürftigen Australier.
Zahlreiche Tierkrankenhäuser in Australien bieten die Möglichkeit, kleinen
Joeys, wie man die Babykoalas auch nennt, eine Zukunft zu sichern. Denn
Gefahren gibt es viele: Zerstörung ihrer Habitate durch Siedlungsbau oder
Kohleabbau und Krankheiten wie Chlamydien sind nur einige davon.
Der/die auf diese Art Beschenkte bekommt natürlich eine Adoptionsurkunde.
Dazu gibt es die persönliche Geschichte des adoptierten Koalas, ein Buch
über die grauen Beuteltiere sowie Aufkleber mit den niedlichen Viechern. Ab
35 Australischen Dollars (ca. 23 Euro) kannst du die Zukunft dieser
Tierchen retten. Und über Weihnachten steckt doch in jeder/m von uns eins
dieser Beuteltiere: faul, schläfrig und stets am Essen. Nicolas Potter
## Gute Aussichten
Weiße Weihnacht, die könnte ein frommer Wunsch bleiben in diesem Jahr.
Schon krass, welche Ausmaße der Klimawandel angenommen hat: Nicht einmal
mehr die Schneekanonen können in den Skigebieten der Alpen eingesetzt
werden, denn die frühlingshaften Temperaturen bringen den Kunstschnee
innerhalb weniger Stunden wieder zum Schmelzen.
Wem die nötigen Flocken für das Skiing in den Rockies fehlen, darf also die
Wintersportausrüstung getrost im Keller stehen lassen. Und stattdessen die
Wanderschuhe wieder hervorholen, denn das milde Wetter eignet sich bestens
zum Kraxeln. Unmut über den Ausfall von Schlittenfahrt und Skitour lässt
sich bei den überschaubaren Strapazen beim Wandern zu Berge auf sanfte Art
ausagieren: Die Wintersonne wirft die Berge in ein fantastisches, kühles,
leicht wattiertes Licht und bringt die Backen zum Glühen.
Touren zu Berggipfeln, die ansonsten im tiefen Winter vereist sind, lassen
sich dafür mit Gewinn absolvieren. Denn die Aussicht von dort oben, die
vielen grünen Schattierungen der Nadelbäume, die Farbe der Felsen, hat im
Winterlicht etwas einzigartig Beruhigendes. Man will das eigentlich sofort
malen. Am schönsten jedoch ist: Nirgendwo riecht es hoch oben nach
Glühwein. Besinnlichkeit fällt aus wegen ist nicht. Im Sommer sind die
Wanderwege überlaufen, im Winter gilt: Das ungestörte Wandern ist Ausgleich
für die ganze Plackerei im Flachland. Julian Weber
## Easy Riderchen
Carsharing gibt es schon länger. Als Meistensfahrradfahrer finde ich das
gut. Gelegentlich fahre ich halt doch gerne Auto. In Berlin kann man jetzt
auch Motorroller sharen. [7][eMio heißt die Start-up-Firma, die es
anbietet]. Das kann man auch prima verschenken. 19 Euro kostet zum Beispiel
die Anmeldung inklusive 100 Freiminuten.
Das Prinzip ist das Gleiche wie beim Carsharing. Man lädt sich eine App
herunter, die zeigt, wo die nächsten Roller stehen. Man reserviert sich
einen und hat 15 Minuten Zeit, zu ihm hinzukommen. Dann startet man die
Buchung, mit einem Klack öffnet sich der Heckkoffer, in dem sich der
Schlüssel und zwei Helme finden sowie, für den, der es hygienisch mag,
Einmalhaarnetze. Helm auf, Schlüssel rein, los geht’s. Ist man angekommen,
stellt man den Roller einfach wieder ab. Buchung beenden, fertig. Für eine
typische Tour zwischen Schöneberg, Mitte und Neukölln werden etwa drei Euro
abgerechnet.
Es bringt Spaß, durch die Stadt zu cruisen. Bei der ersten Tour fiel mir
der Deminutiv Easy Riderchen ein; ich musste lachen. Born to be wild!
Gelandet beim Rollersharing. Aber es ist wirklich total nett, sich auf dem
Weg vom Büro oder zum Theater den Fahrtwind ins Gesicht wehen zu lassen. Es
sind Elektroroller, sie fahren fast fünfzig, man braucht Führerschein
Klasse drei, und das Fahren ist babyeierleicht. Dirk Knipphals
## Verschenkte Zeit
Wenn Sie noch kein Geschenk für einen guten Freund oder eine gute Freundin
haben, verschenken Sie doch einfach Zeit. Nicht Die Zeit. Nein, einfach
Zeit miteinander. Okay, das hört sich jetzt sehr hippiemäßig an, von wegen
gemeinsam verbrachte Zeit und so, aber Zeit ist zur knappen Ressource
geworden, das Vernachlässigen von Privatem zugunsten von Beruflichem
sowieso üblich. Alles andere als Zufall also, dass Tocotronic also „Sag
alles ab“ sangen – unsere Kalender quellen oft über, nach zu langen
Arbeitstagen fällt viel zu oft die Kneipenverabredung wegen „Bin zu
müde/fertig/lustlos/überlastet/...“ aus.
Also verteilen Sie doch einen Zeit-Gutschein an jemanden, den Sie mögen
(und der Sie idealerweise auch mag, sonst könnte das Geschenk auch nach
hinten losgehen). Das kann man natürlich auch noch ein bisschen hübsch
aufmotzen, selbst basteln kommt immer gut an, der Freund oder die Freundin
wird Sie lieben für einen mit Prittstift und Schere gestalteten Gutschein.
In dieser dann verschenkten Zeit kann man die ganzen Dinge unternehmen, die
man immer mal machen wollte, die man aber das ganze Jahr über aufgeschoben
oder vertagt hat: Trashfilme schauen, Tischtennis spielen,
Schlittschuhlaufen gehen, Tanzen, Musik machen, in Cafés abhängen,
Saunieren, Spazieren gehen, im See schwimmen gehen (die Außentemperaturen
laden ja gerade dazu ein), in Cafés abhängen, so was. Die Zeit ist in jedem
Fall gut investiert. Jens Uthoff
23 Dec 2015
## LINKS
[1] http://selfservicemagazine.com/
[2] http://www.bellafit-shop.de/
[3] http://www.nomos-store.com/
[4] https://soundcloud.com/merlecello
[5] http://merlecello.de/
[6] http://www.shopnwf.org/Adopt-a-Wild-Animal-Baby/Adopt-a-Baby-Koala/index.cat
[7] http://www.emio-sharing.de/
## TAGS
Weihnachten
Geschenke
Schwerpunkt Klimawandel
Weihnachten
Silvester
Familie
Millionär
Weihnachten
Lebensmittel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Gefährdete Art in Australien: Kein Platz für Koalas
Bergbau, Zersiedelung, Klimawandel und Krankheiten machen Koalas das Leben
schwer. Dabei sind sie in Australien ein Wirtschaftsfaktor.
Kolumne Teilnehmende Beobachtung: Das Kind hatte einen schlechten Tag
Es muss mit einem Strickpullover aus ganz frühen Jahren zusammenhängen:
Warum ich mir jedes Jahr auf Neues die Jagd nach Weihnachtsgeschenken
antue.
Vorschläge für alternative Weihnachten: Der Überdosis Familie entfliehen
Soli-Party für Flüchtlinge und SchlagerNacktparty: Das Weihnachtswochenende
lässt sich auch ganz anders als mit Gänsebraten und Verwandtenhölle
verbringen.
Rat zu Feiern im Familienkreis: Wie die Festtage friedlich werden
Der Braten ist angeschnitten, der Stiefvater erzählt von seiner
Pegida-Demo. Ratschläge, wie man die Feiertage ohne Eskalationen übersteht.
Kolumne Millionär: George Michael, der Antichrist
Der Song „Last Christmas“ entspringt direkt der Hölle, ergeben exklusive
Berechnungen der taz. In selbige kommen auch Millionäre.
Die Wahrheit: Zu Weihnachten ein Gläschen Schweiß
Grausam, grausam: In der staden Zeit versagen die kulinarischen
Geschmacksnerven der Briten auf ganzer Linie.
Aktivist über Mineralöl im Schokolade: „Adventskalender zurückbringen“
Tester haben Mineralöl in Kalenderschokolade gefunden. Martin Rücker von
Foodwatch fordert Grenzwerte und strengere Vorschriften.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.