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# taz.de -- Porträt Erzpriester Wsewolod Tschaplin: Der russische Gotteskrieger
> Erzpriester Wsewolod Tschaplin wetterte gegen Homosexuelle, Frauen,
> Unmoral, Freizügigkeit und alles Mögliche. Nun wurde er geschasst.
Bild: Die Liste der Sünden, die der unverheiratete und kinderlose Tschaplin ge…
Berlin taz | Wenn der russisch-orthodoxe Erzpriester Wsewolod Tschaplin so
richtig vom Leder zieht, bleibt kein Auge trocken. Anfang 2011 wetterte er
gegen seine Landsleute, die „die Straße für einen Striptease halten“, und
forderte einen nationalen Dresscode. Adressaten der frohen Botschaft waren
Frauen in figurbetonter Kleidung (die seien dann auch selbst schuld, wenn
sie vergewaltigt würden) und Männer in kurzen Hosen, T-Shirts und
Schlappen.
Inwieweit der 47-Jährige – bis dato zuständig für die Öffentlichkeitsarbe…
des Moskauer Patriarchats und wie kein anderer Geistlicher Russlands in den
Medien präsent – seine kruden Thesen auch künftig unter das Volk bringen
kann, wird sich zeigen: Vergangene Woche wurde Tschaplin geschasst.
Am 31. März 1968 in Moskau geboren, wuchs er, wie er selbst sagt, in einer
nichtreligiösen Familie auf. Mit 13 Jahren ließ er sich taufen. Nach der
Schule fand er einen Job beim Verlag des Moskauer Patriarchats. 1991 wurde
Tschaplin Diakon, 1992 zum Priester und sieben Jahre später zum Erzpriester
geweiht. Seit 2009 war er Vorsitzender der Abteilung der Heiligen Synode
des Moskauer Patriarchats für Beziehungen zwischen Kirche und Gesellschaft.
Diesen Posten verlor er nun.
Die Liste der Sünden, die der unverheiratete und kinderlose Tschaplin nicht
müde wurde zu geißeln, ist lang. Die schändlichen Kontakte von Schwulen und
Lesben in der Gesellschaft gelte es „vollständig zu eliminieren“, sagte er
und forderte ein Referendum über die Wiedereinführung eines Verbots
homosexueller Handlungen.
„Gott sei Dank ist die Zeit des Friedens bald vorüber“, sagte Tschaplin in
einer Radiodebatte, was sogar Hardliner überraschte. Es müsse ein
reinigender Krieg her, der Russland wieder zu Gott zurückführen werde.
Ob und wie Tschaplin in der Kirchenhierarchie weiterkämpfen wird, ist
derzeit noch unklar. Kaum anzunehmen, dass er seine Angriffe, die nicht
selten auch auf die „unmoralischen“ russischen Eliten zielten, einstellen
wird. Zum Verlust seines Amtes sagte er der Agentur Interfax zufolge, er
sei jetzt ein freier Mann. Und diese Freiheit werde er auch nutzen.
31 Dec 2015
## AUTOREN
Barbara Oertel
## TAGS
Russland
Priester
Ukraine-Konflikt
Michail Chodorkowski
Scheidung
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