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# taz.de -- Transfersperre des FC Barcelona: Die Verunsicherten
> Die Transfersperre gegen Barça wegen der unerlaubten Verpflichtung
> Minderjähriger läuft aus. Die Sanktion untergrub die gute Absicht der
> Fifa.
Bild: Der FC Barcelona kauft die besten Talente in der U12 zusammen
Barcelona taz | Am 6. Januar wird Lee Seung-woo volljährig. Er wird frei
sein. Vor dem Gesetz und noch wichtiger: vor der Fifa. Lee wird wieder
Fußball spielen können für den FC Barcelona.
Lee, genannt der „koreanische Messi“, war vor drei Jahren der Auslöser
einer Anzeige beim internationalen Fußball-Weltverband wegen Verstößen
gegen das Transferverbot für Minderjährige durch den katalanischen
Spitzenklub. Die Fifa ermittelte und bestrafte Barça wegen unerlaubter
Verpflichtung Jugendlicher in neun Fällen mit einem [1][Einschreibeverbot
neuer Spieler für zwei Transferperioden]. Nach der Aufschiebung durch einen
letztlich abgelehnten Einspruch der Katalanen trat es Anfang 2015 in Kraft.
Am 4. Januar, dem ersten Werktag im neuen Jahr, läuft es aus.
Das Verhältnis zwischen Weltverband und Klub-Weltmeister bleibt jedoch
angespannt. Weil Barça im Sommer trotz der Sanktion für insgesamt 50
Millionen Euro die Profis Arda Turan (Atlético Madrid) und Aleix Vidal
(Sevilla) verpflichtete und sie sogar in den Trainingsalltag integrierte,
zog die Fifa die Schrauben im August noch einmal weiter an – und verbot den
ausländischen Jugendlichen nicht nur, für Barcelona aufzulaufen, sondern
auch dort zu trainieren und im Vereinsinternat La Masia zu wohnen. Lee, der
bereits im Alter von 13 Jahren gekommen war, hielt sich zuletzt beim
koreanischen Zweitligisten Suwon City fit.
Der Superstar in spe soll künftig wie der bereits seit März volljährige
Seung-Ho Paik für Barças zweite Mannschaft spielen. Die beiden Koreaner
gehören damit zu nur drei Betroffenen, welche die Zwangsräumungen in La
Masia überstanden. Weniger Glück hatten vor allem die Jüngeren. Der
16-jährige Patrice Sousia etwa stand buchstäblich auf der Straße, als er
das Internat verlassen musste. In seine Heimat Kamerun, aus der er vor vier
Jahren mit Unterstützung der Stiftung von Exstar Samuel Eto’o aufgebrochen
war, wollte er nicht zurückkehren. Schließlich kam er bei der Familie eines
Kollegen aus jenem Team unter, für das er selbst nicht mehr spielen darf.
## Die Fifa hat eine Familie getrennt
Geradezu absurd liest sich der Fall von Ben Lederman, einem 15-jährigen
Kalifornier, der zeit seines jungen Lebens so sehnsüchtig vom FC Barcelona
träumte, dass er sein Kaninchen Messi nannte. 2011 bekam der talentierte
Mittelfeldspieler tatsächlich eine Einladung in die Masia. Die Familie
zögerte nicht und siedelte nach Barcelona um.
Der Vater, ein Broker, war flexibel, man integrierte sich schnell. Dann kam
die Fifa-Strafe, und da die Verbotsliste selbst Fälle umfasst, in der die
Familie wegen der Fußballkarriere des Kindes mitzieht, musste Ben zurück in
die USA. Er trainiert jetzt an der Verbandsakademie in Florida. Der Rest
der Ledermans blieb in Barcelona, wo der ältere Bruder bald Abitur macht.
Die Fifa hat eine Familie getrennt.
Beabsichtigt ist eigentlich das Gegenteil – die höheren Motive werden dem
Weltverband in diesem Fall nicht abgesprochen, denn natürlich gibt es
Missstände. Im globalisierten Transfergeschäft rastern Scouts den Markt
bereits nach Kindern, vor allem aus Südamerika und Afrika gibt es einen
Exodus begabter Nachwuchsspieler, von denen es aber längst nicht alle zur
erhofften Karriere bringen – sie leben danach mittellos in einem fremden
Land oder kehren gescheitert in eine fremde Heimat zurück.
Was lag da näher, als ein Exempel zu statuieren, und welches Exempel mochte
sich besser eignen als der Vorzeigeklub Barcelona? Der Abschreckungseffekt
immerhin ist eingetreten. In Spanien etwa haben Vereine wie Real oder
Atlético Madrid in ihren Jugendabteilungen ebenfalls „aufgeräumt“, fürch…
aber trotzdem weiterhin eine ähnliche Strafe.
In Barcelona hat die Sanktion freilich weniger den Verein als Ganzen
getroffen, der just in diesem Jahr fünf Titel gewann, als die Jugendlichen,
ihre Träume und ihre Ausbildung, die in La Masia auch neben dem Fußball
hohes Ansehen genießt. Kollateralschäden der noblen Mission gegen
Menschenhandel? Bei Barça waren sie natürlich anderer Meinung. „Alles ist
so übertrieben und ungerecht“, klagte Präsident Josep Maria Bartomeu.
Aufgrund der verschärften Frontlinie mit der Fifa nahm sein Verein zuletzt
vorsichtshalber elf Spieler zur Seite, die nicht auf der beanstandeten
Liste standen, aber etwa in früherem Kindesalter mit den Eltern
eingewandert waren.
## Wenig Fortune
Ähnliche Rechtsunsicherheit plagte seit dem Urteil auch Kataloniens Fußball
an der Basis. Der Regionalverband unternahm extensive Einzelfallprüfungen
mit bis zu 22 verlangten Dokumenten, bevor er ausländischen Kindern einen
Spielerausweis ausstellte.
Schätzungsweise 3.000 Jugendliche durften in Katalonien zwischenzeitlich
nicht Vereinsfußball spielen, ehe ein Gesetz Ende Oktober verfügte, dass
jedem Spieler mit mindestens zwei Jahren Aufenthaltszeit im Land eine
provisorische Genehmigung ausgestellt wird. Inzwischen sollen laut der
Zeitung El País nur noch 400 bis 500 Kinder spanienweit wegen der Folgen
des Fifa-Urteils nicht spielen dürfen.
Unterdessen hatte Barça bei seiner lang ersehnten Rückkehr auf den
Transfermarkt wenig Fortune. Am Montagnachmittag gab der Verein die
Verpflichtung des Mittelfeldspielers Sergi Guardiola für die krisengeplagte
zweite Mannschaft bekannt. Dann tauchten ein paar alte Tweets des
24-jährigen Mallorquiners auf, in denen er seine Liebe zu Real Madrid
schwor sowie Katalonien und Lionel Messi beleidigte. Noch am selben Abend
löste der Verein den Vertrag wieder auf.
30 Dec 2015
## LINKS
[1] /Kolumne-Press-Schlag/!5045126
## AUTOREN
Florian Haupt
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FC Barcelona
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