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# taz.de -- Barbara Schönebergers Frauenmagazin: Meine Freundin, die Babsi
> Frau Schöneberger hat nun ein eigenes Magazin. Es heißt „Barbara“ und
> verkauft sich unerwartet gut. Wie kann das sein?
Bild: Zu laut – aber erfolgreich: Barbara Schöneberger.
Das Jubeln ist den Mitarbeitern von Gruner + Jahr längst vergangen. Die
Nachrichten, die in der letzten Zeit aus dem Verlagshaus drangen, waren
deprimierend: Zwar spart es offenbar schneller als geplant, aber das Ende
der Entlassungen ist noch nicht erreicht. Bis Ende 2017 müssen 400
Mitarbeiter gehen, auch in den Flaggschiffen Brigitte, Stern und Geo.
Selbst das Verlagshaus am Baumwall steht zum Verkauf.
Doch zwischen all den düsteren Aussichten drang auch ein feiner Lichtstrahl
durch: Barbara, das Frauenmagazin unter Regie von Barbara Schöneberger, ist
der erfolgreichste Magazinstart seit Jahren. Mehr als 250.000 Exemplare der
ersten Ausgabe wurden verkauft, 50.000 Hefte mussten nachgedruckt werden –
und das in einer Zeit, in der die Konkurrenz kräftig an Auflage verloren
hat: Bunte und Glamour knapp neun, Brigitte gut sieben und Freundin gut
zwei Prozent im vergangenen Quartal.
Allein die ersten beiden Ausgaben von Barbara haben zwei Millionen Euro für
Anzeigen in Gruners Kassen gespült. Statt der erhofften 20 bezahlten
Anzeigen wurden im ersten Heft 54 gebucht.
Barbara ist ein Hoffnungsschimmer für die ganze Verlagsbranche. Dabei ist
das Heft auf den ersten Blick keine Revolution. Die Themen sind die
gleichen wie in anderen Frauenmagazinen: Geschichten über das Leben und die
Liebe, Mode, Beauty und Rezepte. Warum also verkauft es sich so gut? Und
was sagt das über das Frauenbild der LeserInnenschaft?
Die erste Frage ist einfach: Barbara Schöneberger zieht. „Sie ist eine
Frau, die Tacheles redet: Schlagfertig, selbstironisch, witzig“, sagt
Chefredakteurin Brigitte Huber. Huber hat für diverse Frauenmagazine
gearbeitet, die letzten sechs Jahre war sie Chefredakteurin der Brigitte.
Dass das Heft Erfolg haben würde, hatte Huber mit Blick auf die Vorbilder
im Ausland erwartet. In den USA betreibt Talkshowmoderatorin Oprah Winfrey
seit 15 Jahren ihr Magazin O, die niederländische Linda steht ganz im
Geiste Linda de Mols.
Bei der Suche nach einem Testimonial für ein deutschen Pendant sei die
Verlagsleitung schnell auf Schöneberger gekommen. Die habe, so geht die
Legende, auf so ein Angebot schon lange gewartet. Nun ist sie „Editor at
large“, festes Redaktionsmitglied und besucht jeden Freitag die
Redaktionskonferenz. Im Heft selbst ist Schöneberger dauerpräsent: Sie ist
Covergirl, spricht „Klartext“ über ihren großen Busen, posiert in
Fotostrecken und gibt Modetipps. Sie schreibt so, wie sie in die Mikros und
Kameras des Landes spricht: große Klappe, Schenkelklopferhumor und sich
selbst ganz dufte findend.
„Sie und ich, wir sind jetzt schon auf einem sehr guten Weg, beste Freunde
zu werden“, schreibt Schöneberger im aktuellen Heft. Eine Leserin habe
geschrieben „Endlich kann ich dich, Babsi, mit nach Hause nehmen und mir
mit dir ein paar schöne, entspannte Stunden machen.“ Diesen Satz habe sie
auch früher in der Disko oft gehört, schiebt Schöneberger nach. Klar, ein
bisschen Schlüpfigkeits-Höhö darf im Schöneberger-Sprech nicht fehlen.
## Schnattern, lästern, futtern
Barbara ist ein Schöneberger-Fanzine für Frauen, die sich irgendwie auf
Schöneberger-Linie sehen. Das Heft ist die fleischgewordene Freundin, die
Lisa, Anna, Lea, Laura und Petra bisher nur auf Papier waren. „Ein Heft wie
ein Mädelsabend“, sagt Brigitte Huber. Und wie der auszusehen hat, wird in
der aktuellen Ausgabe auch geklärt: „Schnattern, lästern, futtern.“ Was m…
halt so macht, als Frau zwischen 30 und 55, mit gehobenem Bildungsstand und
Einkommen, auf die das Heft zielt.
Nur ist dieser Mädelsabend, und das ist die Antwort auf Frage Nummer zwei,
nur scheinbar so lässig und unperfekt, wie Schöneberger und Huber immer
behaupten. „Ohne Diät, Workout und To-do-Listen“, versprach die erste
Ausgabe. Sollte heißen: Bei uns seid ihr, liebe Mädels, okay, wie ihr seid.
Dahinter steckt die Idee eines emanzipierten Frauenbilds, anders als
Cosmopolitan, Glamour und Freundin es vorleben. Ein Stück weit erfüllt das
Heft diesen Anspruch auch, kommt damit aber nicht sonderlich weit.
Im Editorial schreibt Schöneberger, dass ihr Maskenbildner heute mit drei
Schrankkoffern anreisen musste und sein Berufsbild als „tätig im
Fassadenbau“ angab. Seht her Mädels, sollte das wohl bedeuten, auch ich
brauche sehr viel Schminke, um meine Augenringe und Krähenfüße zu
überdecken. Da segelt es also dahin, das emanzipierte Frauenbild.
## Das „Unperfekte“ muss man suchen
Ja, Schöneberger hat zwar ein breiteres Becken und größere Brüste als das
klassische Magazinmodel, unterscheidet sich mit ihren engen Kleidern, der
wallenden Mähne und den inszenierten Hochglanzfotos aber kaum von anderen
Covergirls. Das „Unperfekte“ an Schöneberger muss man schon sehr suchen.
Brigitte Huber hat schon einmal versucht, mit der Perfektion in klassischen
Frauenzeitschriften zu brechen: Als Chefredakteurin der Brigitte führte sie
ein, dass im Heft keine Models, sondern ganz normale Frauen gezeigt werden
sollten. Zweieinhalb Jahre lang zog die Brigitte das durch, dann zeigte sie
wieder professionelle Models, angeblich weil es LeserInnen deprimiert hat
zu sehen, dass auch die Frau von nebenan schlank sein und straffe Haut
haben kann.
Kann bei Barbara nicht so schnell passieren. Denn auch wenn die Redaktion
das Heft so sehen möchte, ist Schöneberger eben nicht die Frau von nebenan,
sondern immer noch die aus dem Fernsehen.
22 Dec 2015
## AUTOREN
Anne Fromm
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