# taz.de -- Nach der Parlamentswahl in Venezuela: Die Pläne der Wahlgewinner | |
> Ab dem 5. Januar kontrolliert die frühere Opposition das Parlament | |
> Venezuelas. Jetzt hat sie ihre Prioritäten für die künftige Politik | |
> vorgestellt. | |
Bild: Unterstützer der Mesa de Unidad während des Wahlkampfs. Freuen sie sich… | |
BUENOS AIRES taz | Venezuelas Opposition rüstet sich für den Einzug in die | |
Nationalversammlung. Wenn das Parlament am 5. Januar erstmals | |
zusammentritt, will das Bündnis „Tisch der Einheit“ (Mesa de Unidad, MUD) | |
mit seiner Zweidrittelmehrheit gleich die wichtigsten Politikfelder neu | |
bestimmen. | |
Neun Themen stehen auf einer Liste, die der MUD vorlegte. Es geht um die | |
Verbesserung der miserablen Versorgungslage, um die Verringerung der | |
enormen Gewaltkriminalität, den Kampf gegen die Korruption sowie um die im | |
Gefängnis sitzenden Oppositionellen. | |
Ganz oben steht die katastrophale Versorgungslage. Ohne ins Detail zu | |
gehen, kündigte die Opposition lediglich eine Änderung oder gar Abschaffung | |
der bestehenden Gesetze an. Allgemein wird die Beseitigung von | |
bürokratischen Normen genannt, die eine effiziente Verteilung der Güter | |
beeinträchtigen. Versorgungsmängel bei wichtigen Gütern sollen über | |
steuerliche Importerleichterungen und bessere Zuweisung der notwendigen | |
Devisen beseitigt werden. | |
Zündstoff verspricht dagegen die unter dem Stichwort „Rückübertragung von | |
Enteignungen“ angekündigten Änderungen. Dabei werden in erster Linie | |
Entschädigungen oder Rückführungen für enteignete Firmen und Betriebe | |
genannt, die für die Produktion von Lebensmitteln, Medikamenten oder | |
Reinigungsmitteln zuständig waren und sind. | |
## Das Thema „Politische Gefangene“ spaltet | |
Beim Thema Korruption geht es der Opposition vor allem um den Verbleib von | |
ins Ausland transferierten Vermögen und deren Rückführung. Mit einem neuen | |
Gesetz, das den internationalen Normen bei solchen Fällen entspricht, | |
sollen die Nachforschungen der venezolanischen Behörden auf Trab gebracht | |
werden. | |
Mit einem anderen Gesetz will die Opposition zudem für Transparenz bei der | |
zukünftigen Vergabe von öffentlichen Aufträgen sorgen. | |
Beim letzten Punkt des Papiers scheiden sich schon bei der Überschrift die | |
Geister: „Politische Gefangene“. Während für die Regierung nur verurteilte | |
Straftäter hinter Gitter sitzen, kündigt die Opposition eine | |
Gesetzesvorlage für eine allgemeine Amnestie für die wegen „politischen | |
Proteste und abweichender Positionen“ einsitzenden Personen an. Ebenso soll | |
die Unabhängigkeit der Justiz wiederhergestellt werden. | |
Bei der Wahl am vergangenen 6. Dezember hatte das aus Konservativen und | |
Sozialdemokraten bestehende Bündnis 112 der 167 Mandate errungen. Das | |
linke, chavistische Regierungsbündnis Gran Polo Patriótico (GPP) hält | |
zukünftig lediglich 55 der Mandate und verliert damit erstmals seit der | |
Einrichtung des Ein-Kammer-Parlaments im Jahr 2000 die Mehrheit. | |
Trotz der enormen Wahlschlappe hat Präsident Nicolás Maduro bisher | |
keinerlei Zugehen auf die Opposition signalisiert. Ganz im Gegenteil: Nur | |
eine Woche nach der Wahlniederlage hat die Regierung mit dem „Nationalen | |
Kommunalparlament“ eine Art legislative Gegenmacht eingerichtet. | |
So etwas wie eine kommunale Rätemacht gegen den „pseudodemokratischen | |
parlamentarischen Schnickschnack“ schwebte schon dem verstorbenen | |
Präsidenten Hugo Chávez vor. Welche Befugnisse dieses Kommunalparlament | |
haben soll, wer drinsitzt und was die Opposition dazu sagt, blieb zunächst | |
unklar. | |
Anmerkung: In einer ersten Version war im dritten Absatz von | |
„Exporterleichterungen“ die Rede. Korrekt ist „Importerleichterungen“. | |
21 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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