# taz.de -- Parlamentswahl in Venezuela: Sozialisten abgestraft | |
> Das Bündnis aus Konservativen und Sozialdemokraten konnte 99 von 167 | |
> Mandaten gewinnen. Die Sozialisten räumen ihre Niederlage ein. | |
Bild: Enttäuschung bei den Sozialisten: Die Wahl haben sie deutlich verloren. | |
BUENOS AIRES taz | Venezuelas Opposition ist der große Gewinner der Wahl | |
zur Nationalversammlung. Nach den ersten offiziellen Zahlen gewann das | |
Bündnis „Tisch der Einheit“ (Mesa de Unidad, MUD) mindestens 99 Sitze. Das | |
chavistische Regierungsbündnis Gran Polo Patriótico (GPP) kommt auf 46 | |
Sitze. Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 75 Prozent. | |
Wer die verbleibenden 19 Mandate erhält, ist noch offen, auch an wen die | |
für die indigenen Minderheiten reservierten drei Mandate gehen. Klar ist | |
jedoch, dass die Opposition ab dem 5. Januar mindestens die einfache | |
Mehrheit im Parlament hat. Präsident Nicolás Maduro räumte die Niederlage | |
unmittelbar nach der Verkündung der ersten Resultate ein: „Wir haben eine | |
Schlacht verloren, aber der Kampf um eine neue Gesellschaft hat gerade | |
begonnen,“ so Maduro. | |
Die Regierung wurde für die verheerende wirtschaftliche Situation und die | |
immer größer werdenden Versorgungsengpässe gerade bei Lebensmitteln und | |
Medikamenten abgestraft. Die Opposition hat angekündigt, gegen die | |
Inflation vorzugehen, sowie die durch die immense Korruption ins Ausland | |
transferierte Vermögen zurückzuholen. Zudem sollen die Bewohner von | |
sozialen Wohnungen endlich Besitztitel erhalten, um so dem Klientelismus | |
und der Abhängigkeit von den Regierungsprogrammen ein Ende zu machen. | |
Vieles hängt jedoch davon ab, über welche Mehrheit der MUD im zukünftigen | |
Parlament verfügt. Sollte er eine qualifizierte Mehrheit von über 112 | |
Mandaten erhalten, hätte er tatsächlich einen Handlungsspielraum, um solche | |
Maßnahmen auch durchsetzen zu können. In ihrer Hochrechnung geht die MUD | |
von 113 Mandaten aus. Auch dann wären allerdings Änderungen an der | |
Verfassung ausgeschlossen. | |
Gut 30 Minuten nach Mitternacht, die ersten offiziellen Zahlen waren gerade | |
mitgeteilt worden, kannte der Jubel und die Erleichterung im Pressezentrum | |
der Opposition keine Grenzen. Das nichts als ein Sieg in Frage kam, zeigte | |
schon lange zuvor die über einen Livestream auf Youtube ausgestrahlten | |
Bilder der Kulisse: „Danke Venezuela. Wir haben gewonnen!‘ stand in großen | |
Lettern auf dem Spruchband. | |
MUD-Generalsekretär Jesús Torrealba sprach auch von einem historischen | |
Resultat, einer umfassenden Niederlage der Regierung und einem klaren Sieg | |
der Opposition. Es seien jedoch lediglich die ersten offiziellen | |
Ergebnisse, so Torrealba. Er ließ keinen Zweifel daran, dass die noch zu | |
vergebenen Sitze den Sieg noch deutlicher aufzeigen werden. | |
## Maduro warnt vor der Konterrevolution | |
Der Sieg der Opposition bedeute aber nicht das Ende der sozialen | |
Errungenschaften, so die klaren Worte Torrealbas an die Anhänger der | |
Chavistas. Zugleich wurde den Streitkräften die Hochachtung versichert. | |
„Ihr seid unsere Brüder und Schwestern, Väter und Mütter, der einzige | |
Unterschied ist die Uniform, die ihr trägt. Gehen wir den Weg mutig | |
gemeinsam.“ Vor der Wahl hatte es viele Spekulationen über das Verhalten | |
des Militärs nach einem möglichen Sieg der Opposition gegeben, schließlich | |
haben die Streitkräfte ihre Macht und Privilegien den Chavistas zu | |
verdanken. | |
Wunden lecken dagegen bei den Chavistas. Ein sichtlich enttäuschter Nicolás | |
Maduro sprach gleich nach der Bekanntgabe der Ergebnisse auf allen Kanälen. | |
Er forderte dazu auf, „die Ergebnisse in Frieden anzuerkennen.“ Aber der | |
Schuldige wurde ebenfalls gleich ausgemacht: „Heute hat der | |
Wirtschaftskrieg triumphiert, eine Strategie um das gemeinsame Vertrauen zu | |
schwächen.“ Nicht die Opposition habe gewonnen, sondern die in der Tür | |
stehenden Konterrevolution. „Eine Konterrevolution hat ihren Krieg | |
aufgezwungen und hat nun die Mehrheit in der Nationalversammlung,“ sagte | |
Maduro. | |
Bei der letzten Wahl zur Nationalversammlung 2010 hatte es noch ganz anders | |
ausgesehen. Von den damals insgesamt 165 Mandaten errang der GPP mit 98 | |
(davon 95 für PSUV) die Mehrheit der Sitze. Der MUD kam auf 65 Mandate, 2 | |
Mandate gingen eine unabhängige Partei. | |
7 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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