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# taz.de -- Nicht verschreibungspflichtige Arznei: Kein Geld für Misteln
> Das Bundessozialgericht lehnt die Erstattung von Mistelpräparaten für
> eine Krebstherapie ab. Eine Entscheidung vom Mai 2011 gilt.
Bild: Den Wirkstoffen in den halbparasitisch lebenden Misteln wird eine antikar…
FREIBURG taz | Krankenkassen sind nicht verpflichtet, anthroposophische
Mistelpräparate in der Krebstherapie zu finanzieren. Das entschied jetzt
das Bundessozialgericht.
Geklagt hatte eine Frau aus Baden-Württemberg. Bei ihr war 2007 Brustkrebs
festgestellt worden, der noch im selben Jahr chirurgisch entfernt wurde. In
der Folge erhielt sie von ihrem Arzt eine adjuvante (unterstützende)
Therapie mit dem Mistelpräparat Iscador, das Rückfälle vermeiden und
präventiv wirken soll.
Im Lauf mehrerer Jahre fielen so Kosten für das Medikament in Höhe von rund
1.500 Euro an. Doch ihre Krankenkasse, die Bosch BKK, weigerte sich, die
Kosten zu erstatten und verwies auf die Rechtslage.
Danach müssen die Kassen nichtverschreibungspflichtige Medikamente nur
ausnahmsweise erstatten. Voraussetzung ist, dass der Gemeinsame
Bundesausschuss – in dem Ärzte, Krankenhäuser und Kassen vertreten sind –
das Medikament und die Anwendung ausdrücklich in eine Liste aufnimmt, die
den „Therapiestandard“ wiedergibt.
Laut Gesetz ist dabei „der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen“.
Deshalb werden durchaus auch anthroposophische Medikamente wie
Mistelpräparate in die Liste aufgenommen.
Bei bösartigen Tumoren sind Mistelpräparate allerdings nur in der
palliativen Behandlung „zur Verbesserung der Lebensqualität“
erstattungsfähig.
## Eigenes Urteil bestätigt
Die Klägerin wandte ein, dass die Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte die
Präparate zur Standardtherapie bei bösartigen Tumoren erklärt hat, und zwar
nicht nur bei der palliativen Behandlung am Lebensende. Das
Bundessozialgericht hielt sich aber an die Entscheidung des
Bundesausschusses und bestätigte ein eigenes Urteil vom Mai 2011. Auch
damals war die Erstattungsfähigkeit von Mistelpräparaten in der
Krebstherapie abgelehnt worden.
In der neuen Verhandlung ging es vor allem um die Frage, ob der
Bundesausschuss überhaupt demokratisch legitimiert ist. Das
Bundesverfassungsgericht hat diese Legitimation erst im November in einem
Beschluss in Frage gestellt. An der Legitimation könnte es fehlen, wenn der
Ausschuss „mit hoher Intensität“ Angelegenheiten von Gruppen regelt, die an
der Entstehung der Normen gar nicht mitwirken konnten, zum Beispiel die
Patienten.
Das Bundessozialgericht hatte nun jedoch keine Zweifel an der
demokratischen Legitimation des Bundesausschusses. Dieser durfte sich also
über die Empfehlungen der anthroposophischen Ärzte hinwegsetzen, um
„unwirtschaftliche“ Ausgaben der Kassen zu verhindern.
15 Dec 2015
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Bundessozialgericht
Krankenkassen
Anthroposophie
Bundesverfassungsgericht
Medikamente
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