# taz.de -- Nick Knatterton wird 65: Kombiniere ... | |
> Ab 1950 löste der Sherlock-Holmes-Lookalike Nick Knatterton knifflige | |
> Kriminalfälle. Der Comic-Held der Adenauer-Ära ist heute ein Fall für | |
> Nostalgiker. | |
Bild: Meisterdetektiv Nick Knatterton war eigentlich eine Parodie. | |
MÜNCHEN afp | Kombiniere ... Sie sind nun Rentner, Nick Knatterton! | |
Deutschlands erster Comic-Held wird 65 Jahre alt. Am 3. Dezember 1950 | |
begann die längst eingestellte Münchner Illustrierte „Quick“ mit der | |
Veröffentlichung einer Comic-Serie, die einen bis dahin beispiellosen | |
Erfolg feierte. Doch allmählich gerät die von dem Zeichner Manfred Schmidt | |
erfundene Figur in Vergessenheit. | |
Den Lesern wurde der Detektiv, der optisch an Sherlock Holmes und vom Namen | |
her an die Krimifiguren Nick Carter und Nat Pinkerton erinnerte, als | |
Adelsspross präsentiert. Sein eigentlicher Name war Nikolaus Kuno Freiherr | |
von Knatter. Die Familie war eine Soldatenfamilie: „Das uralte | |
Adelsgeschlecht derer von Knatter schenkte dem Vaterland viele einfach | |
denkende und deshalb furchtlose Kriegsmänner“, charakterisierte sie | |
Erfinder Schmidt. | |
Der pazifistische Seitenhieb auf die Dummheit der Soldaten war nach dem | |
Zweiten Weltkrieg einerseits unerhört, andererseits für viele auch | |
erfrischend. Der im karierten Knickerbocker-Anzug auftretende glatzköpfige | |
Knatterton war zwar bewaffnet, setzte statt der Pistole aber | |
Kinnhakenvarianten ein und war außerdem trickreich. „Wer hätte das gedacht. | |
Nicks falscher Bart erhielt einen Fallschirm“, heißt es etwa in einer | |
Sprechblase, nachdem der Detektiv einen Flugzeug-Abschuss überlebt hatte. | |
Manfred Schmidt selbst hatte schon früh gezeichnet und konnte sich im Krieg | |
als Kartenzeichner durchschlagen. Bei der Wehrmacht traf er auf Vico von | |
Bülow alias Loriot, der später sein enger Freund wurde. Nach dem Krieg | |
wurde Schmidt nach eigenen Worten zum „Edelkommunisten“. | |
## Politische Anspielungen und Altherrenwitze | |
Vielleicht hat diese linke Ausrichtung einen großen Anteil am Erfolg | |
Knattertons. Der ging respektlos mit den Regierenden in Bonn um, | |
Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) wurde als Indianer-Häuptling „Alter | |
Fuchs vom großen Schoko-Berg“ karikiert. An anderer Stelle verlor Nick | |
Knatterton im Einsatz den Anhänger seines Lkw, was im Comic mit dem Satz | |
„Nick ergeht es wie vielen Politikern: Er übersieht, dass er keine Anhänger | |
mehr hat“, kommentiert wird. | |
Die politischen Anspielungen paarten sich bei Nick Knatterton mit | |
Anzüglichkeiten, die heute den Eindruck von Altherren-Witzen machen. Große | |
Busen und blanke Frauen-Popos zogen sich durch die auf einer halbe Seite in | |
der „Quick“ abgedruckten Comic-Strips. | |
Doch das Publikum mochten Knatterton: Es ließ sich nachweisen, dass alleine | |
durch den Comic-Helden die Auflage der Illustrierten um ein Drittel auf | |
eine Million stieg. Bundesweite Bekanntheit errang Knattertons Ausspruch | |
„kombiniere...“ – dieser wurde zum geflügelten Wort in der Bonner Republ… | |
## Eigentlich war Knatterton eine Parodie | |
Für den 1999 verstorbenen Schmidt war der Erfolg Fluch und Segen zugleich. | |
Er schätzte das Geld, mochte aber die Comic-Kunst selbst nicht. Eigentlich | |
wollte er nur zehn Folgen zeichnen, als parodistische Variante des aus den | |
USA nach Deutschland rübergeschwappten Comic-Booms. | |
Doch weil Nick Knatterton so erfolgreich war, konnte Schmidt nicht von ihm | |
loslassen. Von 1950 bis 1959 erschien die Figur in der „Quick“, 1959 gab es | |
auch einen Spielfilm unter anderem mit Gert Fröbe und Günter Pfitzmann als | |
Darsteller. Ab 1979 machte Schmidt in seinem eigenen Zeichentrickstudio in | |
seinem Haus am Starnberger See eine Comic-Verfilmung fürs Fernsehen, die | |
Ausstrahlung in der ARD belebte den Nick-Knatterton-Kult neu. | |
Doch alle späteren Versuche, die auch als Werbeträger erfolgreiche Figur | |
neu zu beleben, scheiterten. Ein vor ein paar Jahren gedrehter Spielfilm | |
wurde nie veröffentlicht. Schmidts‘ Tochter erzählte zum 100. Geburtstag | |
ihres Vaters vor zwei Jahren von losen Anfragen für neue Projekte. Aus | |
denen wurde aber nichts. Nur Museen widmen sich noch regelmäßig dem Erfolg | |
der Figur. | |
27 Nov 2015 | |
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