# taz.de -- Friedensnobelpreisträgerinnen unterwegs: „Danke, Frau Merkel“ | |
> Zur Unterstützung weiblicher Flüchtlinge fuhr die Nobel Women‘s | |
> Initiative die Balkanroute bis nach Deutschland. | |
Bild: Flüchtlinge auf der Balkanroute, hier in einem Flüchtlingslager an der … | |
BERLIN taz | „Wir sind so stolz auf Mrs. Merkel“, lobte Tawakkol Karman, | |
Friedensnobelpreisträgerin von 2011 aus dem Jemen, am Freitag einen | |
Steinwurf entfernt vom Kanzleramt die Bundeskanzlerin für ihre Politik der | |
offenen Grenzen. „Danke an Merkel, nochmals und nochmals“, schloss sich | |
Jody Williams an, Friedensnobelpreisträgerin von 1997 aus den USA. | |
Dieselben Worte hätten kurz zuvor syrische Flüchtlingsfrauen in einem | |
Berliner Übergangslager geäußert. | |
Eine Delegation der 2006 gegründeten Nobel Women‘s Initiative, einem | |
Zusammenschluss von sechs Friedensnobelpreisträgerinnen, war die | |
Balkanroute von Serbien bis Deutschland entlang gefahren, um die Situation | |
von Frauen zu erkunden. Neben Karman und Williams war auch Shirin Ebadi | |
dabei, Friedensnobelpreisträgerin von 2003 aus dem Iran. Früher seien die | |
meisten Flüchtlinge männlich gewesen, hatte die Delegation beobachtet, | |
heute kämen immer mehr Frauen und Kinder, sie machten jetzt etwa ein | |
Drittel der Geflüchteten aus. | |
Ihre Lage sei zumeist katastrophal, berichtete die syrisch-britische Ärztin | |
Rola Hallam von der Hilfsorganisation Hand in Hand for Syria, die mit | |
vielen Betroffenen gesprochen hatte. Vor allem Alleinreisende seien noch in | |
Syrien bis hierher mehrfach vergewaltigt worden. Viele seien vermisst, | |
andere versklavt worden. Sexualisierte Gewalt sei ein Stigma- und ein | |
Sicherheitsproblem, dem man mit einem traumasensiblen Ansatz begegnen | |
müsse, befand die mitgereiste Lena Ag von der schwedischen Organisation | |
Kvinna till kvinna, die Frauen in Kriegsgebieten unterstützt. Auch sie | |
selbst habe eine sexuelle Attacke erlebt und sie 20 Jahre verschwiegen, | |
ergänzte Jody Williams. | |
Harte Daten konnte die Nobel Women‘s Initiative deshalb nicht vorlegen, | |
aber einige andere Erkenntnisse aus über hundert Interviews: Frauen, Männer | |
und Kinder würden in Unterkünften „zusammengepfercht“ und hätten „kaum | |
Informationen“ über Einreisewege. Auf bulgarischen Bahnhöfen würden sie gar | |
„wie Vieh“ zusammengetrieben, empörte sich Jody Williams. Die | |
Menschenrechtsaktivistinnen appellierten deshalb an die EU, „legale | |
Fluchtrouten“ zu gewährleisten. Dies hätten sie auch gegenüber Merkels | |
Sicherheitsberater zum Ausdruck gebracht, der sie zuvor im Kanzleramt | |
empfangen hatte. | |
## Stopp der Bombardements erste Bedingung Friedensprozess | |
„Terrorismus und Flüchtlinge sind zwei Seiten einer Medaille“, betonte die | |
Syrerin Rola Hallam. „Die meisten fliehen vor Assads Bomben, aber auch vor | |
dem IS.“ Für dessen rasanten Aufstieg sah sie drei Gründe: Sein | |
Anti-Assad-Kurs, seine Positionierung als vermeintlicher Beschützer des | |
Islam, sowie „Sold, Häuser und Autos“ als Belohnung für Neurekrutierte. E… | |
Stopp der Bombardements sei die erste Bedingung für einen Friedensprozess. | |
Eine von der Nobel Women‘s Initiative mitvorgelegte Studie über syrische | |
Friedensaktivistinnen, „Peacebuilding defines our future now“, schlägt | |
ebenfalls folgende Schritte vor: Einem Waffenstillstand sollten „inklusive | |
Verhandlungen“ mit allen syrischen Konflikt- und Nichtkonfliktparteien | |
folgen, wobei via Quote „eine beträchtliche Anzahl von Frauenaktivistinnen“ | |
einbezogen werden sollten. Die Gespräche sollten in einem „neuen | |
Sozialvertrag“ münden, der gleiche Rechte für alle Geschlechter, ethnischen | |
und religiösen Gruppen vorsehe. Eine Übergangsjustiz solle für Bestrafung | |
für Kriegsverbrecher sorgen. | |
„Wir brauchen Verhandlungen und Frauen an den Friedenstischen“, forderte | |
auch Madeleine Rees, mitgereiste Präsidentin der Internationalen Frauenliga | |
für Frieden und Freiheit unter Verweis auf die entsprechende Resolution | |
1325 des UN-Sicherheitsrates. Nur so, und nicht durch neue Luftschläge als | |
Antwort auf die Pariser Anschläge, könne die Gewaltspirale gestoppt werden. | |
20 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Ute Scheub | |
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