# taz.de -- Schnellverfahren für Asylanträge: Drehkreuz Deutschland | |
> Zukünftig sollen Eilverfahren nicht nur für Geflüchtete aus „sicheren | |
> Herkunftsstaaten“ gelten. Pro-Asyl kritisiert, es gebe keine fairen | |
> Asylverfahren mehr. | |
Bild: Kaum sind sie drin, werden sie auch schon wieder abgeschoben. Drogen- und… | |
BERLIN dpa | Die Bundesregierung will künftig bei einer großen Gruppe von | |
Flüchtlingen Asylverfahren im Eiltempo anwenden. Das geht aus dem | |
Referentenentwurf für das neue Asylpaket aus dem Innenministerium hervor, | |
der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. | |
Neben Menschen aus „sicheren Herkunftsstaaten“ und Asylbewerbern mit | |
Folgeanträgen können die Schnellverfahren demnach in Zukunft auch für jene | |
greifen, die falsche, widersprüchliche oder „offensichtlich | |
unwahrscheinliche“ Angaben gemacht, Dokumente zurückgehalten, ihre Papiere | |
„mutwillig vernichtet oder beseitigt“ haben oder „unrechtmäßig in das | |
Bundesgebiet eingereist“ sind. Auch wer sich zum Beispiel weigert, | |
„erkennungsdienstliche Maßnahmen“ mitzumachen, der kann den Plänen nach | |
künftig in dem Sonderverfahren landen. | |
Scharfe Kritik kam von der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl. „Hier wird ein | |
uferloses Schnellverfahren eingeführt“, sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer | |
Günter Burkhardt der dpa. „Potenziell sind alle Flüchtlinge betroffen, weil | |
man den meisten unterstellen kann, sie hätten falsche Angaben gemacht oder | |
ihre Papiere vernichtet.“ Die Schnellverfahren hebelten ein faires | |
Asylverfahren aus. „Und es wird unverhältnismäßig sanktioniert, wenn man | |
einen Verstoß gegen die Residenzpflicht begeht.“ | |
Die Betroffenen sollen laut Gesetzentwurf künftig in „besonderen | |
Aufnahmeeinrichtungen“ untergebracht werden. Sie sind verpflichtet, dort | |
bis zum Abschluss ihres Verfahrens zu wohnen, und sie dürfen den jeweiligen | |
Bezirk in dieser Zeit nicht verlassen. Wer dagegen verstößt, dessen | |
Verfahren wird eingestellt, und es kann „nur einmal innerhalb von neun | |
Monaten ohne Verfahrensnachteile wieder aufgenommen werden“. | |
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge soll die Asylanträge in diesen | |
Sondereinrichtungen innerhalb einer Woche abarbeiten. Bei einem Nein haben | |
die Betroffenen eine Woche lang Zeit, um Einspruch einzulegen. „Das | |
Verwaltungsgericht entscheidet dann innerhalb einer Woche über den Antrag“, | |
heißt es in dem Entwurf. Insgesamt sollen die Verfahren dort also nicht | |
länger als drei Wochen dauern – und abgelehnte Asylbewerber direkt aus den | |
Aufnahmeeinrichtungen in die Heimat zurückgeschickt werden. | |
## Auch Krankheit kein Grund | |
Vorgesehen sind in dem Entwurf auch zahlreiche Verschärfungen, um | |
Abschiebungen zu erleichtern. Abgelehnte Asylbewerber sollen demnach nur | |
noch in besonders schwerwiegenden Fällen aus gesundheitlichen Gründen von | |
einer Abschiebung verschont werden. Psychische Erkrankungen zum Beispiel – | |
etwa Posttraumatische Belastungsstörungen – sollen demnach kein | |
Hinderungsgrund mehr sein. | |
„Auch bei Krankheitsbildern, die schon während des Aufenthalts des | |
Ausländers außerhalb der Bundesrepublik Deutschland bestanden und den | |
Ausländer nicht von der Einreise (...) abgehalten haben, liegt in der Regel | |
kein Abschiebungshindernis vor.“ Künftig soll möglichst ausgewähltes | |
Fachpersonal die Reisetauglichkeit der Betroffenen begutachten. | |
Die Regierung will mit dem Gesetzesentwurf auch den Familiennachzug für | |
bestimmte Flüchtlingsgruppen beschränken – nämlich für jene, die nur | |
„subsidiären Schutz“ in Deutschland gewährt bekommen. Hier handelt es sich | |
um Menschen, die nicht als Flüchtling anerkannt sind, aber dennoch nicht | |
heimgeschickt werden, weil ihnen dort ernsthafter Schaden droht. | |
Die Koalitionsspitzen hatten sich Anfang November in Grundzügen auf das | |
neue Asylpaket verständigt. Das Innenressort gab den ausformulierten | |
Entwurf für ein „Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren“ am | |
Montag in die Ressortabstimmung. Die anderen Ministerien hatten nur bis | |
Dienstag Zeit, dazu Stellung zu nehmen. Das Kabinett soll laut Innenressort | |
„in Kürze“ darüber beraten. Wann genau, ist noch unklar. | |
18 Nov 2015 | |
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