# taz.de -- Gentechnik in der Nahrungsindustrie: Die Klonfabrik | |
> In China wird die weltweit größte Fabrik gebaut, um bald eine Million | |
> Rinder pro Jahr zu klonen. Es sollen auch Haustiere ins Angebot kommen. | |
Bild: Niu Niu, die schmackhafte Kuh mit fettreichem Muskelfleisch. | |
Peking taz | Erlaubt ist, was nützt. Zumindest in der biotechnischen | |
Forschung folgt China seit einiger Zeit dieser Devise. Landesweit arbeiten | |
Zehntausende Wissenschaftler und Labormitarbeiter seit Jahren an | |
Klonexperimenten. Die nötige Finanzspritze kommt aus Peking. Nun soll die | |
Massenproduktion beginnen. | |
Ein Zusammenschluss aus mehreren chinesischen Biotechfirmen und Instituten | |
baut derzeit in der nordchinesischen Hafenmetropole Tianjin an einer | |
gigantischen Fabrik zum industriellen Klonen von Haus- und Nutztieren. Sie | |
soll im ersten Jahr bereits rund 100.000 Rinder klonen, in den Folgejahren | |
soll die Produktion auf über eine Million Tiere pro Jahr steigen. Schon | |
Mitte des nächsten Jahres soll die Fabrik fertig sein, zitiert Chinas | |
amtliche Nachrichtenagentur Xinhua den Chef des beteiligten chinesischen | |
Unternehmens Boyalife, Xu Xiaochun. | |
Auf der umgerechnet rund 30 Millionen Euro teuren Anlage ist neben den | |
Klonlaboren auch eine große Gen-Datenbank geplant. Auf ihrer Webseite | |
schreibt Boyalife, die Fabrik sei bereits zu 80 Prozent fertiggestellt. | |
„Wir wollen die größte Klonfabrik der Welt werden“, wird Xu zitiert. | |
China hat einen erheblichen Bedarf an Kühen. Noch vor 20 Jahren gehörten | |
Milchprodukte nicht zum täglichen Speiseplan eines durchschnittlichen | |
Chinesen. Das hat sich massiv verändert. Allein in den vergangenen fünf | |
Jahren hat sich der Milchverbrauch auf derzeit rund 30 Liter pro Kopf und | |
Jahr mehr als verdoppelt und wird in den nächsten zehn Jahren Schätzungen | |
zufolge auf über 60 Liter steigen. Der heimische Bestand an Milchkühen | |
reicht für diese Mengen schon jetzt nicht aus. | |
Jedes Jahr werden Hunderttausende Kühe aus Australien, Neuseeland, den USA | |
und Europa nach China verschifft, die aber oft nicht ausreichend an die | |
klimatischen Verhältnisse angepasst sind. Der Milchertrag fällt damit oft | |
zu gering aus. Die Volksrepublik ist daher auch weiterhin zusätzlich vom | |
Milchimport abhängig – zumal auch der Verzehr von Rindfleisch in China | |
rasant zunimmt. | |
## „Wir schaffen Ihnen das perfekte Haustier“ | |
Die Klonfabrik in Tianjin soll Chinas Rindermangel in den kommenden Jahren | |
erheblich mindern. Doch nicht nur Rinder stehen auf der Laborliste. | |
Boyalife will auch Spürhunde für Rettungskräfte, Katzen und Rennpferde | |
klonen. „Wir schaffen Ihnen das perfekte Haustier“, heißt es auf der | |
Firmenwebseite. Bestellungen für geklonte Spürhunde nimmt das Unternehmen | |
jetzt schon an. | |
Beteiligt an der Klonfabrik ist neben chinesischen Unternehmen und | |
universitären Forschungseinrichtungen auch das südkoreanische Unternehmen | |
Sooam Biotech. Diese Firma hatte 2004 weltweit für Furore gesorgt, weil ihr | |
Firmengründer Hwang Woo Suk in einer von ihm veröffentlichten Studie | |
behauptet hatte, mithilfe eines Zellkerntransfers menschliche Embryonen | |
klonen zu können. Diese Behauptung erwies sich als Betrug. Einige Jahre | |
später gelang es der Firma jedoch, erstmals einen Hund zu klonen. | |
Inzwischen gibt es weltweit eine regelrechte Herde von Klontieren. Züchter | |
vermehren auf diese Weise die leistungsfähigsten Milchkühe mit den dicksten | |
Eutern oder Rinder mit dem schmackhaftesten Filet. Und auch China klont | |
eifrig mit. Im September war es Wissenschaftlern der Pekinger | |
Landwirtschaftsuniversität gelungen, dass ihre geklont und genetisch | |
veränderte Kuh namens Niu Niu ihr erstes Kalb gebar. Niu Nui war mit einem | |
Gen ausgestattet worden, das für einen höheren Fettanteil der Muskel sorgt | |
und damit besonders gut schmecken soll. | |
Eine öffentliche Debatte über geklonte Tiere gibt es in China nicht. In den | |
sozialen Netzwerken finden sich jedoch zahlreiche Stimmen, die die | |
Klonfabrik spöttisch aufs Korn nehmen. „Ist ja schön, dass die | |
Staatsführung sich um das Wohlergehen des Volkes sorgt“, schreibt ein | |
Nutzer, fordert sie aber höhnisch auf, „doch gern erst zuzugreifen, wenn | |
das Klonfleisch serviert wird“. Ein anderer schreibt: „Erst schadet die | |
Stadt Tianjin ihrer eigenen Bevölkerung, nun ganz China.“ | |
In unmittelbarer Nähe der sich im Bau befindlichen Klonfabrik war im August | |
ein Gefahrengutlager explodiert. Dabei kamen 165 Menschen ums Leben. | |
26 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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