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# taz.de -- DGB-Untersuchung zu Whistleblowern: Der Informant schadet sich selb…
> Wer Missstände in der Firma meldet, ist in Deutschland nicht gesetzlich
> abgesichert. Ein DGB-Gutachten belegt: Das ist völkerrechtswidrig,
Bild: Mit einem besseren Whistleblowerschutz wäre der VW-Skandal möglichwerwe…
Berlin taz | Sie entlarvten die Gammelfleisch-Fracht einer Wurstfabrik oder
machten die katastrophalen hygienischen Zustände in einem Krankenhaus
öffentlich. Und ohne sie wären weitere Details um manipulierte Abgaswerte
bei VW wohl nicht ans Licht gekommen. Bei so manchem Skandal stoßen erst
Hinweisgeber, sogenannte Whistleblower, Behörden und Medien auf Probleme in
den Unternehmen.
Aber: Was der Gesellschaft nützt, schadet häufig den Informanten. Kommt
heraus, dass sie über Missstände gesprochen haben, werden viele gemobbt
oder verlieren gar ihren Job. „In Deutschland genießen Hinweisgeber keinen
hinreichenden Schutz“, sagt DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.
„Arbeitnehmer brauchen ein ausdrückliches Recht zur Hinweisgabe.“
Dabei gibt es längst internationale Vorgaben, nach denen die
Bundesregierung den arbeitsrechtlichen Schutz von Whistleblowern per Gesetz
gewährleisten muss.
Wie aus einem vom [1][DGB in Auftrag gegebenen Gutachten] der Universität
Bremen hervorgeht, ist die Bundesrepublik im Hinblick auf ihre
internationalen Vertragsverpflichtungen derzeit „vertragsbrüchig“.
Der Wissenschaftler Andreas Fischer-Lescano bezieht sich in seiner
Bewertung auf die UN-Konvention gegen Korruption, die OECD-Konvention zur
Bestechungsbekämpfung oder die Europäische Menschenrechtskonvention. Dort
werden genaue Angaben zum Schutz von Hinweisgebern gemacht. „Das deutsche
Recht setzt diese Vorgaben bisher nicht ausreichend um“, sagt
Fischer-Lescano.
## Amnestieprogramm angeboten
Handlungsbedarf gibt es für den Forscher nicht nur aus juristischen,
sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen. „Ein effektives
Whistleblower-System bei Volkswagen hätte viel früher die Missstände
entdeckt“, sagt Fischer-Lescano. „Der volks- und betriebswirtschaftliche
Schaden hätte deutlich gemildert werden können.“ Um die Aufklärung
voranzutreiben, hat die Konzernspitze Medienberichten zufolge ihren
Mitarbeitern ein Amnestieprogramm angeboten. Wer bis Ende November weitere
Details bekannt gibt, muss nicht mit einer Kündigung rechnen.
„Whistleblowing ist in Deutschland ein gefährliches Geschäft“, sagt die
ernährungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Karin
Binder. Auch die Linken-Politikerin fordert ein Gesetz zum Schutz der
Hinweisgeber. „Dabei darf es keine Rolle spielen, ob sie ihre Informationen
über Missstände auf einem Zettel äußern, per E-Mail oder einfach an die
Presse geben“, sagt Binder. Zudem erhofft sich die Linken-Politikerin mehr
gesellschaftliche Anerkennung für die „kleinen Helden des Alltags“.
Gemeinsam mit den Grünen setzte sich die Linkspartei für einen gesetzlichen
Schutz für Hinweisgeber ein und legte einen entsprechenden Gesetzesentwurf
vor. Widerstand kommt nicht nur aus der Koalition. Auch die Arbeitgeber
halten ein Gesetz für „überflüssig“ und sogar „gefährlich“. Schlie�…
gibt es ihrer Ansicht nach zahlreiche Anzeigerechte für Beschäftigte.
Zudem könnten sich Arbeitnehmer an öffentliche Stellen wenden, wenn sie
sich zuvor „ernsthaft um eine innerbetriebliche Klärung bemüht haben und
die Anzeige nicht leichtfertig erfolgt“. In einer Stellungnahme haben die
Arbeitgeber klargemacht, dass aus ihrer Sicht ein Hinweisgeber-Schutzgesetz
sogar den Betriebsfrieden gefährdet.
Die Opposition bezweifelt, dass in dieser Legislaturperiode das Thema noch
mal auf die Agenda kommt. Obwohl die Koalition angekündigt hat zu prüfen,
ob internationale Vorschriften eingehalten werden. Hinzu kommt, dass unklar
ist, welches Ressort überhaupt zuständig wäre. Infrage kämen das
Arbeitsministerium, aber auch die Ministerien für Wirtschaft oder für
Verbraucher und Justiz.
19 Nov 2015
## LINKS
[1] http://www.dgb.de/presse/++co++f27198d8-8e91-11e5-bedd-52540023ef1a
## AUTOREN
Tanja Tricarico
## TAGS
Whistleblower
Volkswagen
DGB
Völkerrecht
Volkswagen
VW-Abgas-Skandal
Edward Snowden
Unternehmen
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